Zurück zu Alternative Berufsfelder
  • Artikel
  • |
  • Benjamin Kroh
  • |
  • 04.09.2015

Public Health – ein Studium, viele Möglichkeiten

"Wer sich gerne mit Menschen und Gesundheitsprävention befasst, für den ist Public Health genau das Richtige."

 

Weltkugel - Foto: ccvision

© ccvision

 

 

Bei Grün sollst du gehen, bei Rot sollst du stehen. Klar, wovon ich spreche, oder? Genau, von der Ampel und einem rechtsgemäßen Fußgänger-Verhalten. Blöd nur, dass ich hier an der Tiefkühltheke mit dem „Ampel-Spruch“ nichts anfangen kann. Neuerdings ist nämlich auf meiner Lieblingspizza eine Ampel gedruckt – aber was haben die Zahlen und Werte zu bedeuten? Mit „Gehen“ und „Stehen“ komme ich nicht weiter. Und wer denkt sich so etwas überhaupt aus?
Fragen über Fragen, die bestimmt Ernährungswissenschaftler beantworten können. Oder Köche. Oder Gesundheitsökonomen. So wie Sarah, eine Freundin von mir aus Bournemouth, die Public Health studiert hat. Vielleicht kann sie mir weiterhelfen.

Sarah ist 26 Jahre alt und hat “Nutrition” an der School of Health and Social Care an der Bournemouth Universität studiert. Direkt nach ihrem Bachelor of Science hat sie den Master of Science in Public Health absolviert. Sie ist dem englischen Küstenstädtchen treu geblieben, denn seit 2013 promoviert sie an ihrer Heimatuni im Fachbereich „Foodservice and Applied Nutrition Research“.


Ich kenne Sarah: Ob auf privaten Feiern oder in der Gastronomie – sie hat schon immer gerne in der Küche gearbeitet. Jetzt liegen ihre Interessen in Forschungsprojekten, die sich mit Lebensmittelinformationen und Nachhaltigkeit in der Gastronomie beschäftigen. Sie kann mir die Ampelkennzeichnung bestimmt erklären. "Logo", meint Sarah. „Der Gehalt an den wichtigsten Nährwerten wie Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz wird für jedes Gericht in absoluten Grammzahlen angegeben, einheitlich also pro 100g oder ml. Zur Orientierung wird jeder dieser Werte mit einer der bekannten Signalfarben Rot, Gelb und Grün hinterlegt, je nachdem, ob es sich um einen hohen, mittleren oder niedrigen Gehalt handelt.“ Meine Fertigpizza schneidet dabei wohl nicht so gut ab. Und auch Sarah guckt eher mitleidig.


Auch wenn sie die Ausbildung sehr theoriebezogen fand, empfiehlt sie ihr Studium. „Leider gibt es keine Praktika oder Ähnliches, in denen man einen besseren Einblick in das Berufsleben gewinnen kann“, so Sarah. „Auch meine Masterarbeit war sehr theorie-lastig, ich habe einen Systematic Review thematisiert.“ Ob im Bachelor- oder Masterstudium – Sarah war immer interessiert, Lehrinhalte praktisch umzusetzen.
In ihrem Bachelor hat sie sich sehr für „Health Promotion“ (Gesundheitsförderung) interessiert und an Projekten mitgearbeitet, die interdisziplinär ausgerichtet waren und sich mit „Choice Architecture“ (Entscheidungsfindungsprozessen) auseinandergesetzt haben. Auch um Gelerntes anzuwenden, hat sie während ihres Masters in einer Schule für Kinder mit Autismus gearbeitet und sich dort mit Speiseplänen befasst.


Durch ihr Studium habe sich besonders ihre Sichtweise auf Ernährung verändert, sagt sie. Heute lege sie Wert auf ein gesundes Essen und in wissenschaftlicher Hinsicht auf interdisziplinäres Zusammenarbeiten. Dieses sei besonders wichtig für den beruflichen Alltag. Zudem habe ihr der Master in Public Health sehr dabei geholfen, Projekte so zu gestalten, dass sie realisierbar und praktikabel sind.


Sarah möchte gerne nach ihrer Promotion an der Uni bleiben. Schon während des Studiums fand sie es gut, dass Studenten von verschiedensten Disziplinen zusammen kommen. „So entsteht ein guter Einblick in andere Berufe“, sagt sie.
Ihr Studium an ihrer Universität kann sie nur weiterempfehlen. „Mit der Lehr-Qualität war ich sehr zufrieden, da es verschiedene Module gibt, die nicht nur das Wissen in Methodik erweitert haben, sondern sich auch mit verschiedenen Public Health Problemen in anderen Ländern befasst haben.“ Durch eine kleine Teilnehmerzahl wurde das Lernen erleichtert und es fand ein spielerischer Austausch statt. Ihre Mitstudenten kamen aus der ganzen Welt. „Da wurde unser Horizont nicht nur morgens in der Uni erweitert“, sagt sie lachend, „auch abends haben wir durch Gespräche einige Problemstellungen aus der Vorlesung in einem ganz anderen Licht gesehen. Am nächsten Morgen konnten wir das direkt einbringen“. Sarah bekräftigt, dass es einen guten Kontakt zu den Professoren gab, die jeden einzelnen sehr gefördert hätten.

„Muss ich für den Studiengang auch gut kochen können?“ frage ich Sarah ironisch und sie lacht erneut. Nein, das müsse ich nicht, bemerkt sie mit einem Augenzwinkern. Dafür sollte man offen und tolerant sein, sagt sie. Ihrer Meinung nach befassen sich viele Projekte mit Problemen, die oftmals aus sozialen Ungleicheiten entstanden seien. „Ohne eine flexible Art, sich Problemen zu stellen, wird man wenig Erfolg haben! Außerdem muss man respektvoll mit anderen Kulturen und Lebensweisen umgehen, um Probleme aus anderen Sichtweisen sehen und verstehen zu können.“

Sie empfiehlt das Studium jedem, der sich mit realitätsnahen Projekten befassen möchte und ein Interesse an „Health Promotion“ habe. „Wichtig ist: man arbeitet mit Menschen zusammen. Auch wenn die Ausbildung eher theoriebezogen ist, ist das berufliche Alltagsleben sehr praxisnah!“ „Was machen denn deine ehemaligen Studienkollegen heute so?“, möchte ich von Sarah wissen. Auch hier zeigt sich die Vielfältigkeit des Studiengangs. Viele ihrer Mitstudenten seien aus verschiedenen Disziplinen gekommen. Ob Krankenschwester, Hebamme, Ernährungswissenschaftler oder Fachkraft für Qualitätsmanagement – „ein bunter Haufen eben“. Viele seien in ihre ursprüngliche Disziplin zurückgekehrt, aber einige haben sich auch in andere Richtungen spezialisiert.

Generell denkt sie, dass der Master in „Public Health“ die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessere. Speziell in Großbritannien werde ein großer Wert auf „Health Promotion“ gelegt. „Es gibt viele Möglichkeiten seinen Weg zu machen, sodass man auch in Disziplinen landet, die man vorher gar nicht kannte.“ Eine Kollegin von Sarah war z.B. Ernährungswissenschaftlerin und arbeitet jetzt an Projekten, die dabei helfen mit dem Rauchen aufzuhören. „So ein Studium öffnet viele Türen“, sagt sie. „Und wo bist du in 20 Jahren?“, möchte ich abschließend wissen. „Natürlich hier, in Bournemouth! Ich strebe eine akademische Karriere an und möchte weiterhin an der Bournemouth University arbeiten!“ Daran habe ich keinen Zweifel!

Schlagworte

Mehr zum Thema

Übersicht: Alternativen zum Arztberuf

Artikel: Karriere im Verlag

Info: Karriere bei Thieme