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  • Interview
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  • Dr. Kareen Seidler
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  • 17.11.2015

Arzt mit Humor – Lachen ist die beste Medizin

Christoph Krause hat das Projekt "Arzt mit Humor" gegründet. Im Interview erzählt er, welche Ziele das Projekt verfolgt und wie man mitmachen kann.

Mit einer Prise Humor sieht das Leben gleich schon wieder freundlicher aus. Foto: Symbolbild Fotolia.com

 

>Was wollt ihr mit eurem Projekt "Arzt mit Humor" bewirken?

Wir wollen Mediziner und Pflegekräfte mit einer gesunden Portion Humors ausstatten. Denn wir glauben, dass jeder von uns Humor hat. Sehen aber auch, dass häufig Humor auf Kosten anderer, also der Patienten und Kollegen, gemacht wird. Uns liegt eine lockere, unkomplizierte, offene Kommunikation zwischen Arzt und Patient am Herzen. Humor muss nicht heißen, dass man ständig Witzchen macht. Es geht darum, eine angenehme Atmosphäre in Krankenhäusern und Arztpraxen zu kreieren und ein bisschen mehr Frohsinn und Glück zu verbreiten. Humor ist schönerweise hochgradig ansteckend.

 

>Wie sieht eure Arbeit genau aus?

Wir halten Vorträge und veranstalten Seminare und Workshops für Ärzte, Pflegende und Medizinstudenten. In den Veranstaltungen geht es um gesunde, humorvolle Kommunikation. Denn sowohl mein persönlich "schlechter Tag", als auch der Konflikt mit Kollegen oder die Beziehung zum Patienten wird leichter mit Humor.

 

>Wie muss man sich das vorstellen?

Ärzte stehen häufig unter Zeitdruck, müssen sowohl Vorgesetzten als auch Patienten und Pflegepersonal gerecht werden. Die Sandwich-Position kann gerade für junge Kollegen schwierig sein. Wir wollen Medizinstudenten und Ärzten zeigen, wie sie mit Empathie und Offenheit diesen Situationen begegnen können, um selbst nicht unterzugehen. Humor ist dabei für mich eine Schlüsselqualifikation. Plötzlich können wir wie ein Hofnarr Dinge sagen, die ohne eine humorvolle Würze zu Konflikten und Missverständnissen führen würden.

 

>Also gar keine lachenden Gesichter?

Nicht zwingend. Aber natürlich kann Humor oder ein Scherz eine Situation auflockern und zu einem herzhaften Lachen führen. Man muss immer ein wenig vorfühlen, ob es gerade die richtige Situation ist. Humor kann wie ein zweischneidiges Schwert auch verletzend wirken. Dessen sollte man sich immer bewusst sein. Und natürlich sollte man unter keinen Umständen einen Witz auf Kosten eines Patienten machen. Wir sind mehr für den wohlwollenden, wertschätzenden Humor, der keinem weh tut. Wohlwissend, dass Galgenhumor im Team ohne "Zuhörer" eine bereinigende Wirkung haben kann.

 

>Kannst du mal ein konkretes Beispiel nennen?

Ja, es ist aus dem Buch "Humor works" von John Morreall: Eine alte Dame beklagt sich immer über alles. Einmal ruft sie die Pflegerin zu sich und beklagt sich über das Mittagessen: "Das ist ein schrecklich schlechtes Mittagessen." Die Pflegerin nickt. "Das ist eine sehr schlechte Kartoffel", fährt die alte Dame fort. Die Pflegerin sieht ein, dass Gegenargumente hier nicht viel helfen. Also nimmt sie die Kartoffel in die Hand, versetzt ihr einen Klaps und sagt: "Böse, böse Kartoffel!" Die alte Dame lacht lauthals. Und beschwert sich nie mehr über das Essen.

 

>Wie bist du auf die Idee für das Projekt gekommen?

2012 war ich bei einer Veranstaltung für Promovierende an der Universität Leipzig. Das Deutsche Institut für Humor veranstaltete diesen Workshop unter dem Titel: "Humor als Strategie zum Erfolg". Und danach dachte ich: Sowas müsste es auch für Medizinstudenten und Ärzte geben. Denn in meinem PJ musste ich leider feststellen, dass es bei der Kommunikation zwischen Arzt und Patient häufig hapert. Also wollte ich speziell auf die Bedürfnisse von Mitarbeitern im Krankenhaus ausgerichtete Workshops und Vorträge anbieten. Wir haben im Gesundheitswesen ganz eigene "Probleme", die man so nirgends wiederfindet. Ein Krankenhaus hat eben seinen eigenen Kosmos. Dann habe ich beim Deutschen Institut für Humor angeklopft und so wurde das Projekt ins Leben gerufen.

 

>Was lernen die Seminarteilnehmer?

Wir fangen meist damit an, erstmal zu schauen, was Humor eigentlich ist und wie er funktioniert. Jeder Teilnehmer kann seinen eigenen Humor neu bzw. bewusster kennenlernen. Also den eigenen persönlichen humorvollen Fingerabdruck. Dann geht es um die verschiedenen Humortechniken. Denn entgegen der landläufigen Meinung kann man Humor lernen. Besonderer Fokus liegt auf dem Üben von aufwertendem, entspannenden Humor. Wir beleuchten aber auch die individuellen "wunden Punkte" und Schwierigkeiten der Teilnehmer.

Nach meist zwei intensiven Tagen des Trainings und Ausprobierens bieten wir einen Humor-UaK (Unterricht am Krankenbett) an. Der Arzt bzw. Medizinstudent rauscht mit seiner Entourage ins Krankenzimmer. Das kann auf den Patienten das erste Mal schon einschüchternd wirken. Denn wir wissen, dass erst mit einer vertrauensvollen Beziehung zum Patienten viel mehr Informationen für eine gute Anamnese und dann Therapieempfehlung gesammelt werden können. Das kann im Humor-UaK dann geübt und ausgewertet werden.

 

>Wie profitiert der Seminarteilnehmer?

Die Teilnehmer werden sich bewusst, dass Humor eine Kompetenz von Ärzten sein kann und dass er, richtig eingesetzt, nicht unserer Seriosität schadet. Jeder Mensch hat ja Humor. Nur manchmal weiß man nicht, wie man ihn richtig einsetzt. Und wenn wir den angehenden Medizinern ein paar Werkzeuge in die Hand geben, dann können sie den tristen und stressigen Krankenhausalltag auflockern, Arbeitsprozesse optimieren und Patienten in ihren gesunden Anteilen stärken. Es gibt übrigens wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Lachen und Humor Schmerz und Stress verringern können. 20 Sekunden Lachen hat denselben Effekt auf ihr Herz Kreislauf System wie 3 Minuten schnelles Rudern. 80 Muskeln am ganzen Körper sind beteiligt, werden angeregt und danach entspannt. Nicht umsonst heißt es "sich vor Lachen in die Hose machen". Auch die Beckenmuskulatur entspannt sich ;-)

Willibald Ruch von der Uni Zürich hat z.B. nachgewiesen, dass Humortrainings helfen, Heiterkeit und Lebenszufriedenheit zu reaktivieren – auch auf längere Sicht. Wir selbst werten gerade unsere Humortrainings wissenschaftlich aus, zusammen mit der Humorforscherin Tabea Scheel. Darüberhinaus begleiten wir eine Studie an der Universität Greifswald und wollen das ärztliche Aufklärungsgespräch in einem PET/MRT Scanner beleuchten.

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Termine

Am 1. Dezember 2015 führt das Deutsche Institut für Humor für die Dr. Becker-Gruppe ein Webinar zum Thema "Humor für Mediziner" durch.
Auch Medizinstudenten können gern dran teilnehmen. Man muss sich nur vorher anmelden.
Anmeldung per Mail an schulungsanfrage@dbkg.de mit dem Betreff "aufdenpunkt/16dbkg".


Und am 11. und 12. März 2016 gibt es wieder ein "Arzt mit Humor"-Seminar für Ärzte in Leipzig. Hier kann man sich mit einem Frühbucherrabatt noch rechtzeitig anmelden:
http://www.arztmithumor.de/wp-content/uploads/AmH_Flyer_Maerz2016.pdf

 

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