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- Via medici online
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- 25.02.2010
Studis gegen Pflichtquartal
Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. und der Hartmannbund sprechen sich gegen ein Pflichtquartal "Allgemeinmedizin" im PJ aus und fordern die aktuell gültige Ausbildungsform der Ärztlichen Approbationsordnung beizubehalten. In der Bekämpfung des Hausärztemangels biete dieser Vorschlag keinen echten Lösungsansatz.
Positionen zum Pflichtquartal während des PJ
Die bvmd hat sich gegen ein Pflichtquartal "Allgemeinmedizin" im PJ ausgesprochen. In der aktuellen ärztlichen Approbationsordnung (ÄAppO) vom 27.06.2002 sei das PJ bereits sinnvoll gestaltet. Würde das PJ nun umgestaltet, würden die einzelnen Fachbereiche innerhalb des PJ-Abschnitts stark beschnitten. Das Wahlfach im Praktischen Jahr würde so von 16 auf 12 Wochen gekürzt und die Studierenden in ihrer Individualität eingeschränkt.
Ähnlich äußerte sich Constantin Janzen, Vorsitzender des Ausschusses Medizinstudenten im Hartmannbund, der einen Vorstoß im niedersächsischen Bundesrat für die Einführung eines verpflichtenden Ausbildungsabschnittes "Allgemeinmedizin" während des Praktischen Jahres (PJ) mit "Das müssen wir ohne Wenn und Aber ablehnen" kommentierte.
Nach Ansicht Janzens bedeuten zusätzliche Pflichtelemente eine vollständige Verschulung des PJs, die das fachliche Interesse jedes Einzelnen an seiner künftigen ärztlichen Tätigkeit - zu Gunsten einer einzelnen Fachgruppe - außer Acht lässt.
Argumente der bvmd
- Aktuell ist es unmöglich für die etwa 2.500 Studierenden pro Quartal im PJ ein Wahltertial in einer akademischen, allgemeinmedizinischen Lehrpraxis anzubieten.
- Der Abschnitt Allgemeinmedizin als freiwilliges Tertial ist ausreichend im PJ-Tertial berücksichtigt.
- Die letzten Novelle der ÄAppO hat die Position der Allgemeinmedizin gegenüber anderen Fachbereichen bereits deutlich gestärkt.
- Bevor das PJ in seinem Ablauf geändert wird, sollte die aktuelle ÄAppO erst einmal ihre Möglichkeiten ausschöpfen.
Argumente des Hartmannbunds
- Allein die Tatsache, dass die 270 Studierenden eines Jahrgangs der Medizinischen Hochschule Hannover neunzig Allgemeinarztpraxen für bis zu neun Monate "beschäftigen" könnten, lässt erhebliche Zweifel allein an der organisatorischen Machbarkeit dieses niedersächsischen Vorstoßes aufkommen - ungeachtet der Tatsache, dass letztendlich diese PJler dann wiederum den Krankenhäusern fehlen.
- Mit Blick auf den eklatanten Nachwuchsmangel im chirurgischen Bereich führt offensichtlich auch dort das entsprechende Pflichtfach im PJ nicht dazu, dass diese oder jene Fachgruppe vom Ärztemangel langfristig verschont bleibt.
Anlass: Sondergutachten des Sachverständigenrat / Vorstoß im niedersächsischen Bundesrat
Das Sondergutachten zielt darauf ab, die Situation der Niedergelassenen zu verbessern. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschlands e.V. sieht die schlechte Lage der hausärztlichen Versorgung und weiß, dass junge Ärzte vermehrt für diesen Bereich gewonnen werden müssen. Jedoch könne ein Pflichtquartal Allgemeinmedizin im PJ dieses Problem nicht lösen.
Auch der Hartmannbund reagiert ablehnend auf den Vorstoß im niedersächsischen Bundesrat: "Bei allem Respekt für den Mut, neue Wege zur Bekämpfung des Hausärztemangels zu gehen, bringt dieser Vorschlag mehr Probleme als echte Lösungsansätze", so Janzen. "Ein Pflichttertial Allgemeinmedizin im PJ ist verfehlter Aktionismus."
Die Medizinstudenten-Vertretung schlägt vor, zunächst die aktuellen Weiterbildungs- sowie die späteren Arbeitsbedingungen in der Allgemeinmedizin zu verbessern und nicht während der Ausbildung etwas zu ändern. Die Absolventen seien in der Wahl ihrer Facharztweiterbildung hinsichtlich des Bereichs Allgemeinmedizin stark verunsichert durch das finanzielle Risiko der niedergelassenen Allgemeinärzte, die Bürokratie und die massive Arbeitsbelastung. Die bvmd ruft die Politik auf, hier Konzepte zu erarbeiten, die die Facharztweiterbildung zum Allgemeinmediziner attraktiver machen.
Janzen sieht es als gemeinsame Aufgabe von Politik und Selbstverwaltung an, den ärztlichen Nachwuchs mit entsprechenden Angeboten während der Aus- und Weiterbildung auf freiwilliger Basis von der haus- und fachärztlichen Patientenversorgung zu überzeugen.
"Das gelingt im Übrigen vornehmlich dort, wo die Studierenden und Assistenzärzte die für sie persönlich lebenswertesten Rahmenbedingungen vorfinden", sagte Janzen. Letztendlich liege es also an der Bereitschaft der Kliniken und Praxen, die entsprechenden Anreize für die PJler vorzuhalten, so Janzen weiter.
Auf Universitätsebene kann nach Ansicht der bvmd die Qualität der allgemeinmedizinischen Lehre an den einzelnen Studienstandorten erhöht werden, um die Popularität des Faches unter den Medizinstudierenden zu steigern.
Der Hartmannbund hingegen sieht das Berufsbild des Hausarztes bereits als festen Bestandteil im Medizinstudium integriert - zum einen mit dem zweiwöchigen Blockpraktikum und dem freiwilligen PJ-Tertial.
"Bei der Berufswahl nach dem Studium rächen sich jetzt die jahrelangen Versäumnisse der Politik, den Arztberuf endlich wieder attraktiv zu machen", sagte Janzen abschließend.
petra.schroeter@hartmannbund.de
Berufswunsch kann sich im PJ noch ändern
Die Via medici-PJ-Umfrage unter 707 Medizinstudenten kam im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass sich eine sehr gute Betreuung im PJ für die Krankenhäuser und die einzelnen Fachrichtungen durchaus lohnen kann. Denn ein Teil der Medizinstudenten ändert noch während des Praxisjahres seinen Berufswunsch bezüglich der Fachrichtung.
Insgesamt änderte ein Viertel der befragten Studenten im PJ die Fachrichtung. Etwa 20 Prozent von ihnen wechselten zur Chirurgie. Der Großteil, weil sie feststellten, dass die Chirurgie doch interessanter sei, als erwartet.
Bisher gibt es im PJ bereits einen Pflichtabschnitt Chirurgie und einen in der Inneren Medizin. Da Medizinstudenten im PJ zum ersten Mal über einen längeren Zeitraum mit dem klinischen Stationsalltag in Kontakt kommen, ist ein Wechsel der anvisierten Facharztrichtung in dieser Zeit durchaus wahrscheinlich. Ein dritter Pflichtabschnitt Allgemeinmedizin könnte unter diesem Aspekt dazu führen, dass sich Medizinstudenten vermehrt für die Weiterbildung zum Allgemeinmediziner interessieren.