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  • Pressemeldung
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  • Manon Krüger
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  • 01.09.2014

Hirn im Bauch

Wie unsere Darmflora unser Essverhalten bestimmt

 

Escherichia coli - Foto: fusebulb

Escherichia coli, ein natürlicher Keim der menschlichen und tierischen Darmflora

 

Im Verdauungstrakt des Menschen befinden sich zehnmal mehr Mikroorganismen als körpereigene Zellen im gesamten Körper. Durch unsere Ernährung und unseren Gesundheitszustand beeinflussen wir, welche Bakterienarten am besten gedeihen und welche nicht. Einige bevorzugen Zucker, andere wachsen bei fettreicher Nahrung am besten. Nach einer Studie der  University of California in San Fransisco sind die Mikroben in der Lage aktiv unsere Nahrungsauswahl zu beeinflussen, um dafür zu sorgen, dass wir die Nährstoffe zu uns nehmen, die sie zum Wachsen benötigen. Der Koautor Carlo Maley erklärt: „Die Bakterien im Darm sind manipulativ.“ Bereits im Vorfeld wurde gezeigt, dass die Darmflora die Stimmung und das Verhalten von Tieren und Menschen beeinflussen kann. Einige Darmbakterien, wie Escherichia coli, produzieren das Glückshormon Dopamin. Das erklärt, warum wir uns nach dem Verzehr von Schokolade oder Junkfood glücklich fühlen und es vielen schwer fällt, auf Ungesundes zu verzichten.

 

Mäuse mit einem bakterienfreien Darm zeigten veränderte Geschmacksrezeptoren für Süßes und Fettiges. Auch die Ausschüttung von Stresshormonen konnte im Tierversuch mit einer veränderten Darmflora verringert werden. Ängstliche Tiere wurden mutiger, nachdem sie Mikroben von weniger ängstlichen Tieren übertragen bekamen. Die Aufnahme von probiotischen Milchsäurebakterien kann beim Menschen eine schlechte Stimmung verbessern. Der Autor Athena Aktipis sagt: „Mikroben haben die Fähigkeit, Verhalten und Stimmung zu manipulieren, indem sie Nervensignale im Vagusnerv und Geschmacksrezeptoren verändern oder Wirkstoffe freisetzen, die gute oder schlechte Laune erzeugen.“ Die Signale der Bakterien auf Hormondrüsen, Nerven- und Immunsystem, könnte die  Ursache von Darmkrankheiten, Fettleibigkeit und Diabetes sein. Heißt das, wir sind den Gelüsten unserer „Untermietern“ schutzlos ausgeliefert? Unwahrscheinlich, denn wir können durch die Wahl unserer Speisen bestimmen, welche Bakterienarten sich in unseren Darm vermehren. Nach der Umstellung des Essverhaltens, lassen sich innerhalb von 24 Stunden messbare Unterschiede in der Darmflora beobachten. Durch gesunde Ernährung, probiotische Bakterien und Nahrungsergänzungsmittel kann eine ausgewogene Bakterienpopulation zu unseren Gunsten zusammengestellt werden.  Dadurch ließen sich eventuell die Arten dezimieren, die Übergewicht und Lust auf Ungesundes fördern, so Aktipis. „Wir haben gerade erst begonnen zu verstehen, welche Bedeutung die Darmbakterien für die menschliche Gesundheit haben.“

 

Die Originalstudie findest du hier:
BioEssays, 2010; doi: 10.1002/bies.201400071

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