• Totaler Kontaktverlust der Inzisivi und deutliche Elongation der Backenzähne mit retrograden Wurzelveränderungen.

     

Extraktion der Inzisivi bei Kaninchen

Primäre oder sekundäre Malokklusionen können bei Kaninchen zum übermäßigen Wachstum der Inzisivi führen. Die zu lang gewachsenen und gekrümmten Schneidezähne verlieren ihre Funktion und stellen nur noch ein Hindernis bei der Nahrungsaufnahme dar. Die Extraktion ist die einzig sinnvolle Therapie funktionslos gewordener Inzisivi.

Das gesamte Gebiss der Lagomorpha besteht aus permanent nachwachsenden Zähnen und schärft sich selbst. Physiologischerweise besteht zwischen Abrieb und Nachwachstum ein feines Gleichgewicht, das durch falsche Fütterung und selektives Fressen bei zu reichhaltigem Nahrungsangebot kippt. Neben der primären, angeborenen Malokklusion bei brachyzephalen extremen Zwergen führt vor allem die sekundäre, erworbene Malokklusion zu behandlungsbedürftigen Zahnfehlstellungen. Dabei kommt es durch eine zu hohe Bisslage im Backenzahngebiss sekundär zu einer Veränderung im Schneidezahngebiss: Die Elongation der Molaren führt zu einem übermäßigen Längenwachstum der Inzisivi. Die elongierten Inzisivi I1 im Oberkiefer entwickeln eine größere Krümmung und dabei entstehen häufig auch die pathognomonischen Querriefen. Im Unterkiefer entwickeln die Inzisivi eine geringere Krümmung und wachsen zunehmend vor die Antagonisten im Oberkiefer, wobei schließlich der physiologische Kontaktpunkt auf der Hinterseite des I1 und damit die Funktion vollständig verloren gehen. Diese Veränderungen werden heute als Stadien einer chronisch-progressiv verlaufenden Dentalerkrankung betrachtet.


Indikationsstellung

Funktionslos gewordene Inzisivi lassen sich wegen der eingetretenen morphologischen Veränderungen und häufig zusätzlicher parodontaler Schädigung (Rotation und/oder Lockerung in den knöchernen Alveolen, nicht mehr durch Einschleifen ad integrum restituieren und stellen letztlich nur noch ein Hindernis bei der Nahrungsaufnahme dar. Meist werden diese fälschlich als „Elefantenzähne“ bezeichnet und regelmäßig gekürzt. Keinesfalls darf diese Kürzung mit Zangen oder Clippern durchgeführt werden, weil die Inzisivi zu Längssplitterungen neigen und das Abkneifen hoch schmerzhaft ist. Auch regelmäßiges Absägen mit der Diamattrennscheibe ist keine gute Option, weil die Pulpa überlanger Zähne ebenfalls bis weit über das Gingivaniveau elongieren kann. So besteht beim Kürzen dieser Zähne ein hohes Risiko, die Zahnpulpa zu eröffnen und iatrogen eine Pulpitis zu verursachen.

Die einzig sinnvolle Therapie für funktionslose Inzisivi ist die Beseitigung dieser Kauhindernisse durch Extraktion.

Dadurch kann die Lebensqualität des Patienten weitgehend normalisiert werden. Voraussetzung für die Extraktion der Inzisivi ist jedoch ein normaler oder prognostisch günstiger Befund der Backenzähne.

Vereiterte oder im Kiefer gelockerte Inzisivi stellen eine absolute Indikation zur Extraktion dar. Entfernt man diese schmerzhaften Zähne nicht, kommt es zu Frakturen, Ausbrechen oder einer Intrusion in den Kieferknochen.


Röntgendiagnostik

Zur Beurteilung der Länge und Form der zu extrahierenden Inzisivi muss vor dem Eingriff mindestens eine laterale Schädelaufnahme angefertigt werden. Diese Aufnahme dient zur:

  • Auswahl der passenden Werkzeuge
  • Kontrolle der jeweiligen Arbeitstiefe

Anhand von Referenzlinien lässt sich die Bisslage der Backenzähne kontrollieren. Eine postoperative Röntgenkontrolle dokumentiert die vollständige Entfernung der Zahnhartsubstanzen und die Integrität der Kieferknochen.

 

Sehen Sie sich hier den gesamten Beitrag mit Videos an: Extraktion der Inzisivi bei Kaninchen

Aus der Zeitschrift kleintier.konkret S 01/2014

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