Dyspnoe

Autorin: Anja Ewringmann

Infektiöse, kontagiöse und multifaktorielle Erkrankung, die chronisch verläuft und in Kaninchenbeständen weit verbreitet ist.

Ätiologie & Pathogenese

Kaninchenschnupfen kann durch verschiedene Keime verursacht werden. Häufigster Erreger ist Pasteurella multocida, oft werden auch Bordetella bronchiseptica, Streptococcus spp. und Staphylococcus spp. isoliert. Die Ansteckung erfolgt durch direkten Kontakt von Tier zu Tier sowie durch Aerosole. Jungtiere infizieren sich oft bereits bei ihrer Mutter. Stress begünstigt als immunsupprimierender Faktor den Ausbruch klinischer Symptome (z. B. Stress durch Transporte, neue Partnertiere, unausgewogene Fütterung, feucht-kalte oder schwüle Witterungsverhältnisse). Erkrankungen werden besonders in den Wintermonaten beobachtet, während sich die Symptomatik in der wärmeren Jahreszeit meist deutlich bessert oder verschwindet.

Klinik

Die Symptome reichen von gelegentlichem Niesen mit serösem Augen- und Nasenausfluss bis hin zu schweren eitrigen Bronchopneumonien mit purulentem Ausfluss. Als Komplikationen können eitrige Entzündungen des Mittel- und Innenohrs sowie Erregerabsiedlungen im Rückenmark resultieren, die mit neurologischen Ausfallerscheinungen einhergehen. Auch eine Erregerstreuung in andere Organe (z. B. Nieren, Gelenke) ist möglich. Zudem entstehen gelegentlich Lungenabszesse, die bei entsprechender Ausdehnung zu höchstgradiger Dyspnoe führen.

Pasteurellen können zudem in die Lymphknoten absiedeln und dort zur Entstehung von Abszessen führen. Auch Uveitiden im Rahmen des Kaninchenschnupfen-Komplexes sind möglich.

Von Schnupfenerkrankungen betroffene Tiere fallen in der Regel bereits durch verklebte Augen und Nasenöffnungen auf (s. Abb. 1). Sekret findet sich oft auch an der Medialfläche der Vorderbeine, da die Kaninchen sich vermehrt putzen. Häufig sind nur die oberen Atemwege betroffen, wodurch ein deutlich nasales Atemgeräusch entsteht. Bei starker Verklebung der Nasenöffnungen kann Maulatmung beobachtet werden. Auskultatorisch verschärfte Atemgeräusche entstehen bei Beteiligung von Bronchien und Lunge.

Abb. 1: Kaninchenschnupfen mit eitrigem Nasenausfluss

 

Diagnose

Das klinische Bild liefert in der Regel bereits deutliche Hinweise auf eine Schnupfenerkrankung. Die Schleimhäute der Nasengänge weisen Hyperämisierungen, Schwellungen und Sekretansammlungen auf. Bei Beteiligung von Bronchien und Lunge lassen sich auskultatorisch Flüssigkeitsbewegungen nachweisen. Liegen Lungenabszesse vor, so lassen sich trotz hochgradiger Atemnot meist keine Atemgeräusche feststellen. Stattdessen fällt meist eine deutliche punktuelle Dämpfung der Herztöne auf. Röntgenaufnahmen des Thoraxes geben Aufschluss über das Ausmaß einer Lungenbeteiligung (s. Abb. 2). Im Blutbild lassen sich Leukozytosen, im Differenzialblutbild eine Neutrophilie und Lymphopenie nachweisen. Eine Erregerisolierung gestaltet sich meist schwierig. Zwar können Tupfer- oder auch Spülproben der Nase entnommen werden, die Ergebnisse liefern häufig aber nur unzureichende Hinweise auf die tatsächlich beteiligten Keime. Pasteurella multocida kann als Hauptverursacher der Erkrankung angesehen werden. Dieser nistet sich jedoch oft im Bereich der Nasenhöhlen und der tieferen Atemwege ein, sodass er durch Probenentnahmen nicht erreicht wird. 

Abb. 2: Pneumonie. Präkardiale Verschattung, verstärkte bronchiale Zeichnung 

 

Therapie

Bei Kaninchen, die aufgrund verklebte Nasenöffnungen eine hochgradige Dyspnoe aufweisen, muss umgehend das verkrustete Sekret aufgeweicht und entfernt werden. Befinden sich größere Eitermengen in der Nasenhöhle, die einen freien Luftaustausch verhindern, sollte eine Nasenspülung durchgeführt werden. Zu diesem Zweck kann eine Spritze direkt oder mit aufgesetzter Sonde (z. B. dünne, flexible Ernährungssonde) an die Nasenöffnung angesetzt werden. Die Spülung erfolgt mit (möglichst angewärmter) physiologischer Kochsalzlösung. Das Kaninchen sollte dabei schräg mit dem Kopf nach unten gehalten werden, um zu verhindern, dass Spülflüssigkeit in die Lunge gelangt. 

Da sich in zahlreichen Untersuchungen Fluorchinolone (Enrofloxacin , Marbofloxacin) als Mittel der Wahl bei Erkrankungen des Kaninchenschnupfen-Komplexes erwiesen haben, sollten diese Antibiotika bevorzugt eingesetzt werden. Die antibiotische Behandlung ist über einen Zeitraum von mindestens 7–10 Tagen aufrechtzuerhalten. Unterstützend kommen Mukolytika zum Einsatz. Acetylcystein kann sowohl oral als auch parenteral verabreicht werden. Als besonders günstig hat sich die Inhalation mit verdünnter Acetylcystein-Injektionslösung über ein Inhalationsgerät erwiesen. Die Kaninchen werden zu diesem Zweck in eine abgedeckte Transportbox verbracht und der Verdampfer an der Tür befestigt. Die Tiere tolerieren diese Prozedur in der Regel problemlos. Als weitere Maßnahme können Paramunitätsinducer eingesetzt werden. Zylexis® wird am 1., 2. und 8. Behandlungstag appliziert. Alternativ kann man Echinacin-Präparate über einen Zeitraum von 2–3 Wochen oral verabreichen. Der Besitzer des Tieres muss wissen, dass eine Behandlung in der Regel nicht in der Lage ist, die Keime vollständig zu eliminieren. Es bleibt ein Erregerreservoir in den Nasenhöhlen zurück, sodass mit wiederholten Erkrankungen zu rechnen ist. Besonders bei chronischen Schnupfenerkrankungen ist der Einsatz von Paramunitätsinducern oft wesentlich wirkungsvoller als eine Behandlung mit Antibiotika. Nach anfänglicher „Kur“ mit Zylexis ® reichen oft Wiederholungsinjektionen im Abstand von etwa 14 Tagen aus, um den Zustand des Kaninchens stabil zu halten. 

Therapie des Kaninchenschnupfen-Komplexes 

Antibiotikum: 

  • Enrofloxacin (Baytril®), 1 × tägl. 10 mg/kg s. c., p. o.
  • Marbofloxacin (Marbocyl®), 1 × tägl. 4 mg/kg s. c., p. o.
  • Mukolytikum:
    - Acetylcystein (NAC-ratiopharm®), 2 × tägl. 3 mg/kg s. c., p. o.
  • Inhalationen
  • Paramunitätsinducer 

Prognose 

Die Prognose beim Vorliegen von Lungenabszessen ist infaust. Wenn der Abszess eine Größe erreicht hat, die zu Dyspnoe führt, sollte das Tier euthanasiert werden. Werden kleinere Abszesse in der Lunge diagnostiziert, kann durch Dauergabe von Enrofloxacin oder Marbofloxacin oftmals eine Vergrößerung des Prozesses verhindert oder verzögert und das Leben des Tieres erheblich verlängert werden. Eine medikamentelle Ausheilung des Abszesses ist jedoch auch in solchen Fällen nicht zu erwarten. 

ProphylaxeEs sind Impfstoffe gegen Kaninchenschnupfen verfügbar, deren Nutzen jedoch umstritten ist. Von Pasteurella multocida existieren diverse Serovare, von denen nur einige wenige in der Vakzine enthalten sind. Bei einzelnen Tieren, die offensichtlich latent infiziert waren, wurden nach Impfung zudem heftige Krankheitsausbrüche beobachtet. 

Eine Impfung darf ab der 4. Lebenswoche erfolgen. Die Grundimmunisierung beinhaltet 2 Impfungen im Abstand von 14 Tagen; erneute Auffrischungen werden in ½-jährlichen Abständen erforderlich. 

Quelle: A. Ewringmann, Leitsymptome beim Kaninchen, Diagnostischer Leitfaden und Therapie, ISBN: 9783830410904, 2. Aufl., überarb. 2010, S. 20-22 

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