Schritte in den Dialog
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In der Bücherecke finden Sie Rezensionen zu ausgewählten Büchern aus dem Bereich Sprache, Stimme, Gehör!
2015, Neuss, Natke U, 82 Seiten, 19,80 €
ISBN: 978-3-936640-25-0
Das Buch bietet einen guten Einstieg in das Thema „Poltern“ und ist somit auch für Studierende der Logopädie und/oder Berufsanfänger sehr gut geeignet. Aber auch Therapeuten, die sich entweder in das Thema neu einlesen oder ihr Wissen erweitern und vertiefen wollen, ist das Buch zu empfehlen.
Das Buch beginnt mit einem kompakten Überblick über den theoretischen Hintergrund der Redeflussstörung. Anschließend wird die Durchführung der Diagnostik ausführlich vorgestellt. Zum Schluss gibt die Autorin noch eine übersichtliche Sammlung an Übungen für die Therapie. Wer eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung einzelner Therapiesitzungen erwartet, wird enttäuscht werden. Die Autorin erläutert die Wichtigkeit der Orientierung an den Bedürfnissen und Ressourcen des Patienten, um eine motivierte und erfolgreiche Therapie zu ermöglichen. Viel mehr bietet die Übungssammlung die Möglichkeit einer groben Therapieplanung mit der Möglichkeit für individuelle Anpassungen der Inhalte für jeden einzelnen Patienten.
Erwähnenswert ist die ausführliche Beschreibung und visuell gute Aufbereitung der Arbeit mit dem Programm PRAAT. Dieses kostenfreie Programm kann sowohl für die Diagnostik als auch für die Therapie intensiv genutzt werden. Die Autorin beschreibt von der Installation bis zur mehrschichtigen Auswertung einzelner Bereiche, wie die Sprechrate oder die Anzahl an normalen Unflüssigkeiten, alles sehr genau und verständlich. Darüber hinaus wird auch erläutert, wie die Arbeit mit PRAAT in der Therapie verwendet werden kann.
Zusammenfassend ist das Buch eine Bereicherung der deutschsprachigen Literatur über das Thema Poltern und sollte in keiner Fachbuchsammlung eines Sprachtherapeuten fehlen.
Alexandra Schnell, Bochum
Grundlagen und Anleitungen für Sprachtherapie in der Gruppe
2014, Stuttgart, Ernst Reinhardt, 190 Seiten, 8 Seiten Anhang, 36 Abbildungen, 5 Tabellen, 29,90 €
ISBN: 978-3-497-02488-9
Die Autorin ist akademische Sprachtherapeutin und hat Sprachheilpädagogik mit den Nebenfächern Entwicklungspsychologie und Musikpädagogik studiert. Sie arbeitet selbst produktiv als Künstlerin und hat das Improvisationstheater als Möglichkeit der therapeutischen Förderung für Kinder mit pragmatisch-kommunikativen Störungen entdeckt.
Bettina Achhammer hat die komplexe Störung pragmatisch-kommunikativer Fähigkeiten erforscht, bei der nicht nur der Spracherwerb sondern auch die sozialen Beziehungen der betroffenen Kinder beeinträchtigt sind. In der theoretischen Erörterung des Phänomens bezieht sich die Autorin auf integrative Modelle, die sie übersichtlich darstellt.
Sie hat eine Gruppentherapie mit Improvisationstechniken (PraFit) entwickelt, die im Rahmen einer sozialen Interaktion die Eigen- und Fremdwahrnehmung, die Sprachverwendung im Kontext und die Erzählfähigkeit in der Gruppe fördert. Die Interventionen vollziehen sich jeweils unter Berücksichtigung dieses Aufbaus, wobei bei Bedarf das Monitoring des Sprachverstehens angewendet werden sollte. Die umfänglichen Anregungen in 36 Übungsformaten bieten detaillierte Hinweise zur Anwendung von PraFit. Sie sind anschaulich mit Zeichnungen und ausdrucksstarken Fotografien aus der therapeutischen Arbeit mit den Kindergruppen bebildert.
Achhammer hat sowohl in Theorie als auch in Praxis die Förderung der pragmatisch-kommunikativen Fähigkeiten überzeugend dargestellt. Dabei ist herauszustellen, dass sie sich auf eine profunde eigene Forschungstätigkeit beziehen kann.
In ihrer Dissertation an der Fakultät für Psychologie und Pädagogik der LMU München hat sich die Autorin mit der komplexen Materie auseinandergesetzt und ihre umfängliche Befunderhebung dargestellt. Sie verweist auf die Ergebnisse ihrer Evaluation, die im Internet problemlos abrufbar sind. Die Forschungstätigkeit der Autorin hat die große Forschungslücke im deutschsprachigen Raum noch nicht schließen können, aber sie hat vorläufige reliable Ergebnisse erzielt, die weiter repliziert werden sollten.
Ich möchte das Buch allen Sprachtherapeuten mit einer entsprechenden Kinderklientel empfehlen. Darüber hinaus bietet die sprachwissenschaftliche Auseinandersetzung viele Impulse für weitere Forschungstätigkeiten und sollte daher in den entsprechenden Forschungs- und Ausbildungsstätten nicht fehlen.
Dr. Rita Zellerhoff, Düsseldorf
In-vivo-Arbeit in Stotterer-Selbsthilfegruppen
2013, Demosthenes, Köln, DVD Video, 60 Min., mit 32 Seiten Begleitheft, 14,80 €
ISBN 978-3-921897-70-6
„Ich würde es wieder machen“ mit diesen Worten reflektiert ein Stotternder am Ende der DVD seine Teilnahme an zahlreichen In-vivo-Übungen mit einer Stotterer-Selbsthilfegruppe. Dieser Aussage wird man als Betrachter der hier vorgestellten DVD zweifellos Glauben schenken. Das von der Logopädin Dorothea Beckmann und der Stotterer-Selbsthilfegruppe Nordrhein-Westfalen entwickelte Werk vermittelt sehr gut, dass in-vivo-Übungen Spaß machen, den eigenen Aktionsradius erweitern und das eigene (sich-)Zutrauen wachsen lassen.
Detailliert zeigt der Film, wie in-vivo-Übungen in Stotterer-Selbsthilfegruppen vorbereiten werden, welche verschiedenen Arten von in-vivo-Übungen es gibt und wie Auswertungsgespräche im Anschluss eines in-vivo-Trainings aussehen können.
Angefangen mit Mut- und Auffälligkeitsübungen im öffentlichen Raum über offensichtliches Stottern und den Einsatz von Sprech- und Modifikationstechniken bis zu spontanen Gesprächen mit fremden Personen zeigen sich stotternde Teilnehmer in einer Vielzahl unterschiedlicher Szenen. Als DVD-Seher hat man fast das Gefühl, diesen Sequenzen tatsächlich beizuwohnen.
Das Begleitheft bietet durch umfangreiche Informationen, viele Übungsanregungen und Beispielbögen (u. a. für eine Umfrage zum Thema Stottern) eine gute Unterstützung für die In-vivo-Arbeit in (Selbsthilfe-) Gruppen.
Informativ, gut strukturiert und zur Nachahmung anregend! Sowohl für Stotterer-Selbsthilfegruppen als auch für Stottertherapeuten empfehlenswert!
Birte Ripken, Hannover
3. Auflage 2011, Springer, Heidelberg, 250 Seiten, 36,95 €
ISBN 978-3-642-10530-2
Das Buch „Praxis der Stimmtherapie“ wird mittlerweile in der 3. Auflage vorgelegt. Im Vergleich zu den Vorauflagen ist es überarbeitet und erweitert.
Zu der Begründerin des Buches, Ute Bergauer, ist Susanne Janknecht als weitere Autorin hinzugetreten. Das Buch fühlt sich der Praxis verpflichtet, es entstand aus der Praxis für die Praxis.
Im 1. Teil des Buches wird die Diagnostik auf der Grundlage des ELS-Protokolls ausführlich dargestellt. Dabei gelingt es den Autorinnen, eine differenzierte Unterscheidung zwischen Anamnese und den einzelnen Stimmbefunden herauszuarbeiten. Dieses Kapitel ist sehr gut untergliedert und schafft sowohl für Stimmtherapeuten als auch für Ärzte eine gute Einführung in Anamnese und Befunderhebung.
Als kleine Anmerkung sei dem Rezensent jedoch gestattet darauf hinzuweisen, dass die Berufsgruppenunterscheidung zwischen Ärzten, Logopäden und Stimmtherapeuten in der Begrifflichkeit etwas unscharf verwendet wird. Es wird von logopädischer Diagnostik gesprochen, obwohl hier Stimmdiagnostik gemeint ist. Außerdem wird formuliert, dass durch den Phoniater die Videostroboskopie durchgeführt wird, während alle anderen diagnostischen Schritte durch die Logopädin durchgeführt würden. Dies entspricht nicht der Erfahrung in der täglichen Praxis des Rezensenten. Hier könnte man sich eine etwas offenere Haltung jenseits der Berufsgrenzen wünschen. Eine sinnvolle Anamnese und Befunderhebung ist immer in Kooperation zwischen den verschiedenen Berufsgruppen im Sinne des Patienten zu erstellen.
Im 2. Kapitel erfolgt eine Einführung in die Stimmtherapie und im Kapitel 3 und 4 eine Hinführung zu den Themenkomplexen Atmung sowie Haltungstonus und Bewegung.
Der Hauptteil des Buches - ab Kapitel 5 - besteht aus konkreten Übungsanleitungen mit zahlreichen Beispielen, die sehr gut im Therapiealltag verwendet werden können. Insgesamt erfüllt das Buch „Praxis der Stimmtherapie“ seine Zielsetzung, ein Arbeitsbuch zur Stimmtherapie zu sein, in hervorragender Weise. Auch die Gliederung der Übungen in zunächst einfache und dann schwierigere Übungen, die mit fortgeschrittenen Patienten durchgeführt werden können, ist sehr sinnvoll. Die in der jetzigen Auflage vorliegenden Anamnese- und Befundbögen sowie die Arbeitsmaterialien auf CD sind ebenfalls hilfreich.
Das Buch sollte in der Handbibliothek jedes an Stimmdiagnostik und Therapie Interessierten einen festen Platz einnehmen.
Prof. Dr. med. Bernhard Richter, Freiburg
2009, Schulz Kirchner, Idstein, 68 Seiten, 8,40 €
ISBN 978-3-8248-0639-3
Die meisten Redner kennen das Gefühl der Nervosität vor großem Publikum, doch wann wird dieses Gefühl zu einer Angst, zu einem Leiden? Dieser Frage geht Ulla Beushausen in ihrem Ratgeber zum Thema „Sprechangst“ nach, der sich nicht nur an erwachsene Betroffene richtet, sondern auch die zunehmende Sprechangst im Kindesalter thematisiert und damit nützliche Hinweise für Eltern, Pädagogen und Erzieher bietet.
Strukturiert, übersichtlich und mit anschaulichen Darstellungen wird der Leser in die Problematik eingeführt. Es wird erläutert, ab welchem Stadium von einer Angst überhaupt zu sprechen ist, die einen unverhältnismäßig hohen Leidensdruck für die Betroffenen birgt, welche Symptome und Ursachen die Sprechangst haben kann, welche Sprach- und Sprechstörungen mit ihr einhergehen können und welche Formen der Therapie sich eröffnen. Insbesondere für den Umgang mit sprechängstlichen Kindern hält der Ratgeber darüber hinaus praktische Tipps und Spielanleitungen bereit.
Ein beigefügter Selbsttest zur Einschätzung der eigenen Sprech„angst“, weiterführende Literaturhinweise und Internetadressen zu therapeutischen Ansprechpartnern runden den Überblick ab. Damit liefert dieses Büchlein einen informativen ersten Einstieg und brauchbare Hilfen in das so alltäglich scheinende, doch nicht zu unterschätzende Thema der Sprechangst.
Franziska Leischner, Ulrike Lüdtke, Hannover
1. Auflage 2011, Ernst Reinhardt, München, 253 Seiten, 29,90 €
ISBN 978-3-497-02204-5
Dieses Standardwerk zur kindlichen Dysphonie ist ein Glücksgriff. Es bietet eine ausgezeichnete theoretische Struktur und einen guten Überblick über praktische Therapie- und Beratungsansätze. Letztere werden in ihrer interdisziplinären Bedeutung und Umsetzung gut gegliedert dargestellt sowie auch konstruktiv-kritisch diskutiert. Die Notwendigkeit eines mehrdimensionalen Ansatzes in der Behandlung von kindlichen Dysphonien wird mit vielen Praxis- und Fallbeispielen belegt.
Zunächst klären die Autorinnen – Haug als Ärztin und Logopädin in Illertissen und Beushausen als Logopädin und Psycholinguistin sowie Professorin für Logopädie in Hildesheim – in fundierter und gut verständlicher Weise über funktionelle und organische Dysphonien im Kindesalter auf. Die Ätiologie wird aus medizinischer sowie psychosozialer und entwicklungsphysiologischer Sicht beschrieben. Die Diagnostik bezieht die phoniatrische Untersuchung als auch die logopädische Befunderhebung ein. Ausgezeichnet die fundierte Darstellung der apparativen Stimmuntersuchungsmethoden.
Beim eingangs erwähnten kritischen Diskurs zu Therapiemethoden werden verhaltenstherapeutische, kommunikationstherapeutische und familientherapeutisch- psychodynamische Ansätze erläutert, um schließlich zum von den Autorinnen favorisierten Konzept des mehrdimensionalen Ansatzes zu gelangen, wobei je nach Kind die Entscheidung für ein individuelles Therapiemodell fallen soll. Dieses widmet sich den Bausteinen Wahrnehmung, Atmung, Tonusregulation, Phonation, Artikulation und Kommunikation. Familiengespräche und Elternberatung sind flankierende Maßnahmen.
Ein Beispiel für das Gruppentraining beleuchtet den wichtigen Prozess, der durch Gruppentherapien möglich ist. Dieser Teil hätte ausführlicher ausfallen dürfen, da Gruppentherapien gerade bei Schulkindern oftmals bessere Erfolge zeigen als Einzeltherapien. Einzeltherapie bei stimmgestörten Kindern ist meiner Erfahrung nach kein leicht handhabbares Wesen: Gelingt es in der Elternberatung nicht, die gesamte Familie zu Veränderungen zu motivieren, bleiben stimmschädigende Gewohnheiten im Alltag oftmals bestehen und wirken dem Therapieerfolg entgegen. Die Motivation der Kinder in der Einzeltherapie ist nicht immer ausreichend gut und kann durch eine Gruppentherapiemaßnahme erhöht werden.
Interessant generell der Ansatz der Wirksamkeitsüberprüfung von Therapien. Hierbei werden Dokumentationsverfahren und ihre Auswertung beschrieben, die wiederum konsequent entsprechend der eingangs genannten Diagnostik die phoniatrische Untersuchung als auch die logopädische Einschätzung einbeziehen. Eine Therapiestudie wertet die Wirksamkeit des vorgeschlagenen Therapiekonzepts bei 15 Vorschulkindern aus.
Materialien zur Elterninformation runden dieses ausgezeichnete Standardwerk in Theorie und Praxis ab.
Fazit
Ich war restlos von der ersten bis zur letzten Seite begeistert und halte dieses Werk für sehr empfehlenswert für die Berufsgruppe der Logopäden, Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, HNO- und Kinderärzte sowie Phoniater und Pädaudiologen.
Anja Mannhard, Lörrach
2012, Springer, Wien, New York, 236 Seiten, 94 Abb., 29,13 €
ISBN 978-3709109700
Die Autorin verfolgt mit ihrem Buch das Ziel, einen Leitfaden für Diagnostik, Management und Therapie im klinischen Alltag zu schreiben. Dieses Fachbuch wendet sich an Logopädinnen, Therapeutinnen und Ärztinnen in neonatologischen und pädiatrischen Zentren. Basierend auf ihrer umfangreichen praktischen Erfahrung ist es der Autorin gelungen, einen umfassenden Einblick in die Therapie von frühkindlichen Dysphagien und Trinkschwächen zu geben.
In den ersten Kapiteln wird sehr ausführlich auf die pränatale Entwicklung und auf die Entwicklung des Säuglings eingegangen. Hierbei konzentriert sich die Autorin sowohl auf die gesamtkörperliche Entwicklung im ersten Lebensjahr als auch auf die Entwicklung der orofazialen Strukturen und des Schluckens. Die spezifische Entwicklung der Nahrungsaufnahme von Säuglingen und Kleinkindern wird bis zum 3. Lebensjahr beschrieben. Illustriert durch Fallbeispiele werden Schluckstörungen verschiedener Genese dargestellt. In dem Kapitel Diagnostik werden kurz und ausreichend die klinischen Verfahren erklärt. Umfassend und für die Behandlungsplanung hilfreich wird auf die logopädische Befunderhebung eingegangen.
Seht intensiv widmet sich die Autorin dem Bereich Therapie.
An dieser Stelle ist positiv zu bewerten, dass sie in ihren Ausführungen zeigt, dass die Grundlage der Arbeit mit Frühgeborenen und Säuglingen das genaue Beobachten und Beachten der Signale der kleinen Patienten sein sollte und dass das Vorgehen immer nur kleinschrittig erfolgen darf.
Die Beschreibung der orofazialen Stimulation ist hilfreich, sollte aber immer kritisch hinterfragt werden, da sie in einem Buch nur sehr vereinfacht dargestellt werden kann. Auf die Gefahr, dass unerfahrene Therapeuten diese Stimulation ausprobieren und unwissentlich negative Reize für die kleinen Patienten setzen können sei an dieser Stelle hingewiesen. Eine orofaziale Stimulation sollte – wenn überhaupt notwendig – nur unter Anleitung und bei ausreichender Erfahrung in der Arbeit mit Frühgeborenen und Säuglingen eingesetzt werden. Die Autorin lehnt die Übungen an das Castillo-Morales-Konzept an. Sie sind sehr ausführlich beschrieben und gut nachzuvollziehen. Für eine Therapie auf dieser Basis ist allerdings eine Ausbildung nach dem Castillo-Morales-Konzept notwendig.
Die Darstellung der therapeutischen Maßnahmen wird durch viele Fotos unterstützt und ist so gut verständlich.
Einen runden Abschluss des Buches bietet eine sehr gute Übersicht über mögliche Hilfsmittel.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass hier ein Buch vorliegt, welches die in den letzten Jahren erschienen Veröffentlichungen für den Bereich der kindlichen Dysphagien ergänzt und bereichert.
Silke Winkler, Chemnitz
Nicole Hübl, Düsseldorf
Mündliche und schriftliche Texte in Sprachtherapie und Unterricht
2015, Schwabe, Basel, 160 Seiten, 14 Abbildungen, 14 Tabellen 5 Grafiken, broschiert, 38,- €
ISBN: 978-3-7965-3384-6
Der Tagungsband „Mündliche und schriftliche Texte in Sprachtherapie und Unterricht“ wurde anlässlich der Fachtagung „treffpunkt logopädie“ im April 2015 an der Pädagogischen Hochschule/Fachhochschule Nordwest-Schweiz herausgegeben.
Im 1. Abschnitt werden „mündliche und schriftliche Texte“ charakterisiert. Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek (Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, Köln) beschreibt das Konstrukt der Schreibkompetenz und wie sich diese bei Kindern entwickelt; Weiterhin werden unterschiedliche Ansätze der Schreibdidaktik dargestellt. Dr. Dietler Isler (Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Pädagogischen Hochschule, FH Nordwestschweiz) und lic. phil. Gabriela Ineichen (Wissenschaftliche Assistentin, ebenda) berichten von einer Untersuchung zum Vorkommen mündlicher Texte und deren interaktiver Herstellung zwischen Kindern und Pädagogen in Deutschschweizer Kindergärten.
Im 2. Abschnitt des Bands geht es um „Textproduktion im Unterricht“. Dr. Maik Philipp (Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ebenda) thematisiert das selbstregulierte Schreiben und wie es im Rahmen von Schreibförderung vermittelt werden kann. Dr. Britta Juska-Bacher (Dozentin, ebenda) berichtet Ergebnisse zu den Vor- und Nachteilen unterschiedlicher experimenteller Methoden zur Messung der Wortschatztiefe/ dem Wissen über Wortbedeutungen von Erstklässlern. Dr. Thérèse Thévenaz-Christen (Université de Genève) beschäftigte sich in ihrer Studie damit, wie Lehrpersonen die Sprachhandlung „Erklären“ eines Spiels oder einer Bastelarbeit in der Vorschule gestalten und welche Merkmale dabei es schließlich den Kindern erlauben, ihr eigenes Erklären vorzustrukturieren und zu steuern (Beitrag in französischer Sprache mit deutschsprachiger Zusammenfassung). Beate Leßmann (Lehrerin, Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein) zeigt, wie eine regelmäßige „Schreibzeit“ zum Verfassen eigener Texte das sinnstiftende Schreiben im Unterricht fördern kann. Ursina Frauchiger (Dozentin, Pädagogische Hochschule, FH Nordwestschweiz) zeigt Kategorien auf, mit denen narrative Schülertexte beurteilt werden können (Grundkategorien: Kohärenz, Erzählstruktur und erzählspezifische Markierungen).
Der 3. Abschnitt des Buches widmet sich der „Textproduktion in der Logopädie“. Kathrin Pfeffer (Sprachtherapeutin B.sc., Klinische Linguistin M.Sc., Mindelheim) skizziert die Entwicklung des mündlichen Erzählens und fasst die Symptome bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen zusammen. Weiterhin wird ein Ausblick auf einen derzeit in der Entwicklung befindlichen Test zu narrativen Fähigkeiten gegeben. Dr. Anja Schröder (Förderlehrerin i.H., Technische Universität Dortmund) erläutert die Förderung der Erzählfähigkeit mit dem „Dortmunder Förderkonzept zur Interaktions- und Narrationsentwicklung“ (DO-FINE), welches für Kleingruppen von 4 Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen zwischen 5 und 9 Jahren entwickelt wurde. In diesem wird ein ausgedachtes Ereignis in einem Rollenspiel umgesetzt und das Ereignis schrittweise aus dem Kontext gelöst, so dass eine Erzählsituation entsteht. Barbara Walker (dipl. Logopädin und dipl. Heilpädagogische Früherzieherin, Bern) veranschaulicht die Förderung mit DO-FINE anhand eines Fallbeispiels. Prof. Dr. Anja Blechschmidt (Leiterin Professur für Logopädie, Fachhochschule Nordwestschweiz, Pädagogische Hochschule) stellt das in der Entwicklung befindliche „Modell der Multimodalen Angepassten Kommunikation“ vor, nach dem unterschiedliche Modalitäten zur Verständigung benutzt werden, um kommunikative Barrieren für Menschen mit sprachlichen Einschränkungen abzubauen. Es werden u.a. Aspekte der Leichten/Einfachen Sprache und Kommunikationsstrategien aus der Unterstützten Kommunikation einbezogen.
Äußerst interessant ist die interdisziplinäre Perspektive der vorliegenden Publikation. Sowohl pädagogische als auch therapeutische Zugänge zum Thema Erzählen werden aufgezeigt. Dies ermöglicht einen Blick über den Tellerrand der eigenen Profession. Der Wissensstand zu verschiedenen Aspekten zum Thema Erzählen wird überblicksartig dargestellt, so dass sich der Band auch dazu eignet, einen weitgehenden Überblick zum Thema zu bekommen, gleichzeitig wird über „work in progress“-Projekte aus der Forschung berichtet. Aus wissenschaftlicher Perspektive ist die Darstellung der behandelten Forschungszugänge zum Thema Erzählen hochspannend. Für praktisch tätige Logopäden/Sprachtherapeuten ist für die konkrete Arbeit insbesondere die Darstellung des Förderansatzes DO-FINE interessant, darüber hinaus bestehende Diagnostikinstrumente bzw. Therapieansätze zum Thema Erzählen aus dem sprachtherapeutischen Bereich werden nicht näher thematisiert (z.B. Erzähltherapie nach Schelten-Cornish, Patholinguistischer Therapieansatz). Interessant können aber auch die geschilderten pädagogischen Zugänge zur mündlichen/schriftlichen Erzählförderung sein (z.B. zum selbstregulierten Schreiben, zum sinnstiftenden Schreiben, zur Vermittlung von Sprachhandlungen wie Erklären und Erzählen über das eigene Sprachmodell), wenn sie für die eigene Arbeit modifiziert werden, sowie die Hinweise in Bezug auf die angepasste Kommunikation zum Erreichen von Kommunikationszielen bei Verständnisschwierigkeiten in der Therapie.
Dr. phil. Svenja Ringmann, Weimar
2010, Median-Verlag, Heidelberg, 120 Seiten, 32,- €
ISBN 978-3-941146-10-5
In diesem Buch wird der aktuelle Kenntnisstand im Bereich technischer Hörhilfen für Kinder mit Hörschädigung thematisiert und es werden die audiologischen Zusammenhänge dargestellt. Die Autorin ist Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und Leiterin der Abteilung Pädagogik und Didaktik in den Förderschwerpunkten Hören – Sehen – Sprache. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die berufliche Rehabilitation Hörgeschädigter und die pädagogische Audiologie und Hörversorgung.
Das Buch stellt eine überarbeitete Fassung von insgesamt 10 Artikeln zu verschiedenen Aspekten der Hörtechnik dar, die von der Autorin zwischen 2007 und 2009 in der Zeitschrift „Hörpädagogik“ publiziert wurden. Es richtet sich an Pädagogen aller Fachrichtungen, Frühförderer, Sprachtherapeuten, Pädakustiker und an Eltern, die mit dem Einsatz und dem Umgang technischer Hörhilfen konfrontiert sind.
Thematisiert werden neben dem prinzipiellen Aufbau von Hörgeräten, der Hörgerätetechnologie und Cochlea-Implantaten auch die speziellen Anforderungen bei der Hörgeräteversorgung bei Kindern. Weitere Kapitel sind der Überprüfung und der Fehlersuche bei technischen Hörhilfen und der Verbesserung der Akustik von Klassenräumen gewidmet.
Die einzelnen Kapitel beginnen zunächst mit einer Formulierung der entsprechenden Lernziele, die jeweiligen Zusammenhänge werden durch zahlreiche Abbildungen veranschaulicht und ergänzt. Am Ende jedes Kapitels findet sich eine Kurzzusammenfassung mit abschließenden Fragen zur Evaluation; somit erhält das Buch zusätzlich Lehrbuchcharakter.
Die Autorin gibt in diesem Buch einen umfassenden Überblick über die derzeit auf dem Markt vorhanden technischen Hörhilfen. Zudem wird konkrete Hilfestellung bei typischen Problemen im täglichen Umgang mit Hörhilfen gegeben und es werden Möglichkeiten zur Optimierung der Lernumgebung für Kinder mit Hörschädigung aufgezeigt.
Mit diesem Buch ist eine gut strukturierte, klar formulierte und praxisorientierte Darstellung der Thematik gelungen.
Dr. med. Katrin Jahn, Bonn
2010, Hogrefe, Göttingen, 200 Seiten, 29,95 €
ISBN 978-3-8017-2045-2
Der Buchautor und Psychologische Psychotherapeut Prof. Dr. Hans-Georg-Bosshardt beschreibt Grundlagen und Entstehungstheorien des Stotterns und erklärt ausführlich diagnostische Vorgehensweisen. Beschrieben werden beispielsweise neuropsychologische Grundlagen mit jüngsten Ergebnissen der Hirnforschung zum Thema Stottern.
Im anschließenden Therapieteil stellt der Autor ein Stufenprogramm zur Stotterbehandlung bei Vorschulkindern vor, bei dem nicht alle Patienten alle Behandlungsmodule durchlaufen.
In einem ersten Schritt wird das kommunikative Umfeld der Kinder beraten und zum Thema sprechflüssigkeitsfördernde Maßnahmen angeleitet. Begleitend zur Therapie erfassen die Eltern täglich die Schwere des Stotterns über eine Schätzskala. Die Eltern sollen lernen, sowohl die Unflüssigkeiten als auch das flüssige Sprechen des Kindes sachlich zu kommentieren. Sollten die Symptome im Anschluss an diese Phase weiterhin behandlungsbedürftig sein, wird im nächsten Schritt das Stottern über sprechverflüssigende Maßnahmen (Verlangsamung) direkt behandelt. Das strukturierte Programm basiert im Wesentlichen auf einem verhaltenstherapeutischen Ansatz über verbale Verstärker und Verstärkermarken.
Die Notwendigkeit einer ergänzenden Intervention über stottermodifizierende Maßnahmen (lockeres Stottern, Überführen von Stottern in weiches, langsames Sprechen) besteht nach Erfahrung des Autors nur bei einer sehr geringen Anzahl von Kindern, bei der die bisherigen Maßnahmen nicht erfolgreich verliefen.
Die darauf folgenden Kapitel geben einen Überblick über das Lidcomb-Programm, ein Elternprogramm zur operanten Behandlung des Stotterns bei Vorschulkindern.
Das Buch imponiert durch die anschauliche Darstellung der einzelnen Behandlungsschritte und zusätzliche Materialien im Anhang. Die Möglichkeit, Eltern für Interaktionssituationen und die Vereinfachung der Sprechweise zu sensibilisieren, sind basale Themen für jede Art von Stottertherapie, die in diesem Buch praxisnah vermittelt werden. Lediglich der Hinweis auf andere effektive Therapiemethoden bei Vorschuldkindern, wie etwa der Stottermodifikationsansatz von Sandrieser/Schneider, fehlt. Ein empfehlenswertes Buch für Stottertherapeuten, die nach dem fluency-shaping-Ansatz arbeiten oder erste Informationen zum Lidcombe-Programm erhalten möchten.
Nicola Friedel, Hannover
2. Aufl. 2012, Springer, Berlin, 200 Seiten, 20 Abb., Buch mit DVD, ca. 69,95 €
ISBN 978-3-642-24962-4
Auch die 2., vollständig überarbeitete Auflage von „Vertigo – Leitsymptom Schwindel“ wurde von den 3 Autoren aus dem Deutschen Schwindelzentrum der Universität München als klinisch orientiertes praktisches Kompendium konzipiert. Das Buch wendet sich an Ärzte verschiedener Fachrichtungen, die Patienten mit dem Symptom Schwindel versorgen.
In einem allgemeinen Teil werden differentialdiagnostische Hinweise zur Anamnese gegeben, der Untersuchungsgang der neuroophthalmologischen und neurootologischen Untersuchungen sowie die modernen apparativen Untersuchungsmethoden und ihre klinische Relevanz und Wertigkeit erläutert und kurz allgemeine Therapieprinzipien dargestellt.
Gegliedert in periphere vestibuläre Schwindelformen, zentrale Schwindelsyndrome, traumatische Schwindelsyndrome, somatoforme Schwindelsyndrome und verschiedene Schwindelsyndrome werden die wichtigsten Krankheitsbilder in übersichtlicher Darstellung (Anamnese, Klinik und Verlauf, Pathophysiologie und therapeutische Prinzipien) klinisch beschrieben und Hinweise zum Langzeitverlauf gegeben. Daten valider epidemiologischer Studien werden zu den verschiedenen Schwindelerkrankungen ebenso präsentiert wie aktuelle Untersuchungsverfahren, neue Möglichkeiten der zerebralen Bildgebung (fMRT, PET, VLBM), neue Erkenntnisse zur medikamentösen Behandlung aber auch Hinweise auf unwirksame Therapien. Abgerundet werden die einzelnen Kapitel durch jeweils ausführliche Literaturverzeichnisse, die dem interessierten Leser einen vertieften Einstieg in die Materie erlauben.
Darüber hinaus enthält die Neuauflage noch eine DVD mit Videos zu den Anamnesen verschiedener Krankheitsbilder, zu Untersuchungen/Symptomen (Augenstellung, Okulomotorik und neurootologische Tests), Krankheitsbildern/Syndromen, apparativer Diagnostik sowie Therapie, die das Werk instruktiv ergänzen.
Insgesamt ist den Autoren ein gut gegliedertes, klinisch orientiertes, den aktuellen Kenntnisstand subsummierendes Buch gelungen, das aufgrund der übersichtlichen Darstellung sowohl beim Einstieg in Differenzialdiagnose und -therapie auf dem komplexen Gebiet der verschiedenen Schwindelsyndrome und Gleichgewichtserkrankungen als auch bei weitergehenden klinisch-wissenschaftlichen Fragestellungen eine hervorragende Hilfestellung gibt und jedem neurootologisch Tätigen nur zu empfehlen ist
Dr. med. Angelika Ptok, Burgdorf
Geben Sie niemals auf! Die Chancen phonetisch-phonologischer Strategien
2014, Springer-Spektrum, Heidelberg, 348 Seiten, 19,99 €
ISBN: 978-3642553042
Die Sprachheilpädagogin und Deutschlehrerin Rita Brehm wendet sich mit ihrem Buch „Handicap: Lesen und Schreiben?“ an Eltern, Lehrer, Erzieher und Therapeuten und verspricht anhand herausragender Fallbeispiele darzustellen, wie auch in den schwierigsten Fällen durch den Einsatz phonetisch-phonologischer Strategien Hilfe möglich ist.
Auch wenn die Verfasserin Störungen der visuellen Wahrnehmung eine (untergeordnete) Rolle im komplexen Bedingungsgefüge von Lese-Rechtschreibstörungen zubilligt, betont sie in ihren einleitenden Ausführungen völlig zu Recht die Bedeutung sprachlicher Kompetenzen, insbesondere der phonologischen Verarbeitung für das Erlernen des Lesens und Schreibens. Nach einigen knappen, für die Zielgruppe des Buchs völlig ausreichenden Erläuterungen zu den neurobiologischen Grundlagen der Lese-Rechtschreibstörung, widmet sich die Autorin in den folgenden Kapiteln dem Konstrukt der phonologischen Bewusstheit und leitet daraus den im Mittelpunkt stehenden phonetisch-phonologischen Ansatz zur Förderung bei Lese-Rechtschreibschwierigkeiten ab. Aufgrund der besonderen Bedeutung der phonologischen Bewusstheit als „Einzelprädiktor“ für die Qualität der Lese-Rechtschreibleistung, wäre es wünschenswert gewesen, wenn dieses komplexe Konstrukt vor dem Hintergrund aktueller Forschungsarbeiten klarer und v.a. differenzierter in seinen Zusammenhängen mit dem Schriftspracherwerb dargestellt worden wäre. Nach heutigem Wissensstand ist die vorschulische phonologische Bewusstheit im deutschsprachigen Raum eher ein Indikator für einen positiv verlaufenden Schriftspracherwerb, während Lese-Rechtschreibschwierigkeiten durch die phonologische Bewusstheit weit weniger gut prognostiziert werden können. Auch die Fallbeispiele, die eindrucksvoll die Leidensgeschichte betroffener Kinder schildern, sind weitgehend ungeeignet, die Zusammenhänge zwischen der phonologischen Bewusstheit und spezifischen Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen zu veranschaulichen, da viele der geschilderten Probleme eben gerade nicht auf phonologische Defizite zurückzuführen sind. Im Kapitel zur Prävention im Vorschulalter darf der Leser zu Recht konkrete Handlungsanweisungen zur Vorbeugung gegen drohende Lese-Rechtschreibschwierigkeiten erwarten. Diese Erwartungen werden leider enttäuscht, findet hier doch über weite Strecken eine Auseinandersetzung mit dem deutschen Kindergartensystem statt und reduzieren sich die Aussagen zur Förderung auf weitgehend unspezifische Maßnahmen, wie sie aus dem Bereich der Literacy-Erziehung bekannt sind. Wenn sprachliche Fähigkeiten auf der Ebene der Semantik und der Grammatik sicherlich in engem Zusammenhang zum Leseverständnis stehen, hätte man sich hier doch Erläuterungen zu einer spezifischen Prävention von Schriftspracherwerbsstörungen gewünscht.
Im Förderansatz zu phonetisch-phonologischen Strategien stellt die Verfasserin einige Überlegungen vor, die von Lehrkräften im Rahmen des schriftsprachlichen Anfangsunterrichts durchaus berücksichtigt werden sollten. Eine an der ungestörten Lautsprachentwicklung orientierte Laut-, Silben- und Wortauswahl, sowie spezifische Unterstützungsmaßnahmen beim Erlernen des synthetisierenden Lesens und damit eine Fokussierung der spezifischen Schwierigkeiten beim Erlernen der Lesefertigkeit, sollten Kindern mit Schriftspracherwerbsproblemen einen effektiven Einstieg in das Lesen- und Schreibenlernen ermöglichen. Jedoch übersieht die Verfasserin, dass diese phonologischen Strategien beim Erlernen der korrekten Rechtschreibung aufgrund der unterschiedlichen Prinzipien der deutschen Orthografie zu kurz greifen und durch andere Maßnahmen ergänzt werden müssen.
Frau Brehm schildert in diesem Buch über weite Strecken die langjährigen subjektiven Erfahrungen einer Sprachtherapeutin mit lese-rechtschreibschwachen Kindern. Lesern, die sich für diesen Rückblick auf eine intensive Begleitung, Förderung und Therapie betroffener Kinder interessieren, kann das Werk durchaus empfohlen werden. Für Leser, die sich Informationen über den aktuellen Forschungstand zu Lese-Rechtschreibstörungen, diagnostische Möglichkeiten, präventive bzw. therapeutische Ansätze erhoffen, dürften von anderen Publikationen zu dieser Thematik stärker profitieren.
Dr. Andreas Mayer, Köln
2010, Demosthenes Verlag, Köln, 117 Seiten, 12,50 €
ISBN 978-3-921897-56-0
Im Vorwort verweist Frau Helten auf die 1. Auflage eines Elternratgebers zum Thema Kinderstottern aus dem Jahre 1995 der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V., welcher in der vorliegenden Fassung komplett überarbeitet wurde. Als neue Inhalte werden neue Therapiekonzepte, Befunde aus „neuen Gehirnuntersuchungsverfahren“ und Evidenzstudien „einiger Therapieansätze“ erwähnt. Leider werden diese Punkte im Ratgeber keineswegs konkret ausgeführt. Quellenangaben (selbst bei fast wortwörtlich zitierten Passagen aus Lehr- und Studienbüchern) sind dem Text gar nicht zu entnehmen, es wird lediglich auf ein allgemeines Literaturverzeichnis verwiesen. Dieses Manko hätte bereits im Lektorat auffallen müssen; in einer 2. Auflage sollten die entsprechenden Zitate unbedingt kenntlich und nachvollziehbar gemacht werden. Die 6 Autorinnen arbeiten weit überwiegend als „akademische“ Sprachtherapeuten. Sie sollten daher mit der „good scientific practice“ – auch in einem nicht-akademischen Ratgeber – vertraut sein. Die 22 Kinderzeichnungen sind entbehrlich, zumal sie an den meisten Stellen einen konkreten Bezug zum Text vermissen lassen. Der dadurch frei werden Platz könnte zum besseren Verständnis für die Darstellung von Kernaussagen in kleinen, übersichtlichen Grafiken genützt werden (z.B. beim Therapieentscheid).
Der Text ist durch die verschiedenen Autorenschaften und inhaltlichen Überschneidungen nicht aus einem Guss und in mehreren Aspekten redundant. Der rote Faden fehlt ein wenig, was das Lesen nicht ganz einfach macht. Dennoch enthält der Ratgeber viele Erklärungen und Informationen, die für die Eltern eines stotternden Kindes sicherlich sehr hilfreich und nützlich sind.
Prof. Dr. med. Sibylle Brosch, Ulm
Aus dem Englischen übersetzt und bearbeitet von Hans-Jürgen Kellner
1. Auflage 2013, Demosthenes Verlag, Köln, 54 Seiten mit CD und Kopiervorlagen, 69,00 €
ISBN 978-3-921897-68-3
Das Stotter-Selbsteinschätzungsprofil WASSP wurde 2000 von Louise Wright und Anne Ayre entworfen und liegt nun, übersetzt von dem Diplom-Psychologen und Van-Riper-Therapeut Hans-Jürgen Kellner, in der deutschen Bearbeitung vor. Der Einschätzungsbogen für die Verlaufs- und Ergebniskontrolle ist ein Instrument zur Ermittlung der Selbstwahrnehmung eines stotternden Erwachsenen.
Das vorliegende Werk beinhaltet neben dem Einschätzungsbogen ein Manual mit Auswertungsschema, Untersuchungen zur Reliabilität der englischen und der deutschen Fassung, Kopiervorlagen und eine CD (u.a. mit einer Auswertungsdatei für WASSP-Profile).
Der WASSP-Einschätzungsbogen umfasst 24 Items, die der stotternde Patient zu Beginn und am Ende eines Therapieabschnitts ausfüllt. Der Fragebogen ist unterteilt in 5 Subskalen, die sich auf die offen beobachtbaren, die verdeckten und die sozialen Aspekte des Stotterns beziehen: Verhaltensweisen, Gedanken, Gefühle, Vermeiden und Nachteile. Jedes Item wird auf einer 7-stufigen Skala (1= kein/e; 7= sehr stark ausgeprägt) bewertet. Für das Ausfüllen des Fragebogens wird ein zeitlicher Aufwand von ca. 5 Minuten veranschlagt.
Vor einem Therapieabschnitt (Zeitpunkt 1) beschreibt der Patient zusätzlich zur Beantwortung der Fragen seine Ziele und Erwartungen für die folgende Therapiephase. Am Ende eines Therapieabschnitts (Zeitpunkt 2) füllt der Patient (ohne Einsicht in seinen ersten ausgefüllten Bogen) erneut den Einschätzungsbogen aus und beschreibt mit eigenen Worten die in dieser Therapiephase erreichten Ergebnisse. Die Resultate beider Fragebögen werden in ein dafür vorgesehenes Formular grafisch übertragen. Das Profil wird mit dem Patienten betrachtet, Veränderungen werden besprochen (die Profilzusammenfassung bietet ausreichend Platz, Kommentare des Patienten und des Therapeuten zu notieren) und die Fortsetzung der Behandlung erörtert.
Durch 3 im Manual aufgeführte Fallbeispiele mit ausgefüllten Profilzusammenfassungen und Kommentarseiten bekomme ich als interessierter Therapeut einen sehr guten Einblick in die Anwendung des Fragebogens.
Das WASSP ist leicht anzuwenden, kurz und dennoch detailliert. Es kann unabhängig von der angewandten Therapiemethode und Therapiefrequenz eingesetzt werden. WASSP ist daher meiner Meinung nach ein wertvolles Instrument für die Therapie mit stotternden Erwachsenen!
Birte Ripken, Hannover
Ein Aufklärungsfilm für Eltern
1. Aufl. 2012, Demosthenes, Köln, DVD Video, 90 min, 19,50 €
ISBN 978-3-921897-69-0
Die 3 derzeit bedeutendsten Therapieansätze in der logopädischen Arbeit mit stotternden Kindern werden in diesem Filmbeitrag des Demosthenes-Verlags dargestellt.
Nach einer kurzen Einleitung vermittelt der Film Einblicke in die Therapieansätze Stottermodifikation, Sprechmodifikation und methodenkombinierter Ansatz.
Grundlagen und Methoden dieser Vorgehensweisen werden anhand von Ausschnitten aus Therapien mit stotternden Kindern, Elterninterviews und Expertenmeinungen vermittelt.
So kommen Patricia Sandrieser und Peter Schneider für die Stottermodifikation, Bettina Freerk und Christina Lattermann für das Lidcombe-Programm als Sprechmodifikationsansatz und Georg Thum und Ingeborg Mayer als Vertreter des methodenkombinierten Ansatzes zu Wort.
Trotz der Unterschiedlichkeit in der methodischen Vorgehensweise werden in allen drei Ansätzen die Bedeutsamkeit eines frühen Therapiebeginns, die Einbeziehung der Eltern und das Ablehnen eines Heilungsversprechens deutlich.
Ich kann mir vorstellen, dass Therapeuten die eigene Vorgehensweise anhand eines Filmausschnitts (entsprechend des patientengerecht gewählten Therapieansatzes) den Eltern eines stotternden Kindes verdeutlichen können.
Erklärtes Ziel des Films ist es, Eltern über gängige seriöse und professionelle Therapien aufzuklären und somit von medienwirksamen und unseriösen Therapien, die zum Bespiel nur bestimmte Atemtechniken lancieren, abzuhalten.
Es ist zu wünschen, dass dieses Bestreben gelingt!
Birte Ripken, Hannover
2011, Demosthenes, Köln, 1. Aufl., DVD Video, 82 min, Preis 9,50 €
ISBN 978-3-92189-765-2
Eine Neuerung auf dem Medienmarkt zum Thema Stottern: 10 Experten unterschiedlicher Professionen wurden zu ihren Erkenntnissen zu dieser Thematik interviewt. Beleuchtet wird die Redeflussstörung aus logopädischer, medizinischer, psychologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht.
Im 1. Teil der DVD wird die Frage erörtert: Was ist Stottern? Neben der Darstellung von grundlegenden Einsichten sind auch die Diagnosestellung, Vorurteile gegenüber Stotternden und Stottern begleitende Gefühle (vor allem Scham) Gegenstand der Betrachtung.
Sowohl ein historischer Abriss über vermutete Auslöser als auch aktuelle Thesen der Ursachenforschung werden im 2. Teil der DVD aus unterschiedlichen Perspektiven erläutert.
Aus den Erklärungen der Experten zu Hilfen bezüglich des Stotterns wird deutlich, dass es kein Konzept gibt, das für jeden Stotternden passt, sondern dass nur eine individuelle Herangehensweise erfolgversprechend sein kann. In dem 3. Teil der DVD wird der Frage nach dem Ziel einer Stottertherapie nachgegangen. Es werden Hilfen für Eltern im Umgang mit einem stotternden Kind aufgezeigt und Grundlagen für eine gelungene Therapie mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen benannt.
Für Neueinsteiger beim Thema Stottern bietet dieser Film einen großen Erkenntnisgewinn. Aber auch „alte Hasen“ können meines Erachtens durch diesen Beitrag dazu angeregt werden, sich mit den eigenen Überzeugungen und Vorgehensweisen kritisch auseinanderzusetzen.
Prädikat: Sehenswert!
Birte Ripken, Hannover
2013, Hippocampus, Bad Honnef, 313 Seiten, 39,95 €
ISBN: 978-3-936817-93-5
Dieses Buch ist ein Reader, also eine Aufsatzsammlung, die keinen Anspruch auf vollständige Behandlung des Themas erhebt. Wichtigen Themen, wie Aphasien und Apraxien, eine systematische Darstellung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsfunktionen werden nur kursorisch dargestellt, die Neuropsychologie des M. Parkinson fehlt. 26 Autoren haben insgesamt 17 Kapitel beigesteuert, die sehr unterschiedliche Ansprüche an das Vorwissen des Lesers erheben. Hervorzuheben sind die generell sehr ausführlichen Literaturangaben, die zur Vertiefung des jeweiligen Themas anregen.
Gut gefallen haben die historische Einführung in das Thema (Markowitsch), sowie Artikel über MRT-Verfahren (Kaade, Janzen & Braus) und dissoziative Gedächtnisstörungen (Markowitsch & Stanilou). Die strukturell bedingten Gedächtnisstörungen werden leider nur kursorisch in verschiedenen Kapiteln angesprochen. Hohe Voraussetzungen an den Leser stellen das Kapitel über psychiatrische Bildgebung im Prodromalstadium von Psychosen (Borgwardt & Smieskova) und das über schizophrene Psychosen (Pflüger, Riecher-Rössler & Calabrese). Letzteres ist dennoch ein gelungener Überblick mit ausführlichen Literaturangaben.
Auch für Nichtspezialisten gut verständlich sind die Artikel über Demenzsyndrome (Calabrese & Ibach), neuropsychologische Störungen bei Multipler Sklerose (Calabrese, Penner & Kappos), kognitive Störungen bei Epilepsie (Labudda & Woermann), Schädelhirntrauma (Ettlin & Kischka), Schlaganfällen (Benke), affektive Störungen (Beblo), Zwangsstörungen (Starcke & Brand), ADHS im Erwachsenenalter (Stieglitz & Pflüger) sowie Auswirkungen von Alkohol und anderen toxischen Substanzen (Pawlikowski & Brand). Eher randständig sind Kapitel über das das Restless-Legs-Syndrom (Brand, Calabrese & Holsboer-Trachsler) sowie Schlaf und Gedächtnis (Staedt & Gudlowski).
Die meisten Kapitel weisen viel Fließtext auf, einige Tabellen mehr hätten das Verständnis erleichtert.
Das Buch ist als Einstieg in die Thematik wenig geeignet. Leser, die sich im Gebiet auskennen, werden viele Anregungen und Literaturhinweise finden. Aufmachung und Preis sind angemessen.
Prof. Claus-Werner Wallesch, Elzach
2012, Schulz-Kirchner, Idstein, 1. Aufl., 64 Seiten, Preis 8,40 €
ISBN 978-3-8248-0871-7
Mit diesem weiteren Band in der Reihe „Ratgeber“ des Schulz-Kirchner Verlages ist ein hochinformatives Heft zum aktuellen Wissensstand beim Thema „Zweisprachigkeit“ erschienen. Bereits im Vorwort der Autorinnen Solveig Chilla (Juniorprofessorin für Pädagogik) und Annette Fox-Boyer (Professorin für Logopädie) wird auf die Relevanz dieses Themas im Praxisalltag hingewiesen. Dieser „Praxisbezug“ bestimmt auch die durchgehende Struktur dieses Buches, in dem mögliche Fragen von betroffenen Eltern die Überschriften zu spezifischen Aspekten von Zweisprachigkeit geben (z.B. „Beeinträchtigt das Angebot von 2 Sprachen die Entwicklung meines Kindes?“). Dabei geht es sowohl um Grundlagenwissen, Formen von Zweisprachigkeit und dem Umgang damit in der alltäglichen Kommunikation als auch um besondere Erwartungen und dem Thema „Bilingualität und Sprachstörungen“. Veranschaulicht werden die darauffolgenden Erklärungen durch kurze konkrete „Fallbeispiele“. Dieser hohe Praxisbezug zeichnet diesen Ratgeber in ganz besonderer Weise aus. Zudem ermöglicht es die Frage-Struktur, gezielt Antworten zu einer bestimmten Fragestellung zu finden, ohne das gesamte Heft lesen zu müssen.
Inhaltlich sind die einzelnen Abschnitte allerdings hoch komprimiert, detailliert und von wissenschaftlichem Anspruch. Der Untertitel „Ein Ratgeber für Eltern“ ist somit in Frage zu stellen. An Eltern bilingual aufwachsender Kinder stellt dieser Ratgeber relativ hohe Verständnis- und Wissensanforderungen. Er ist somit nur bedingt für diese Zielgruppe empfehlenswert. Für Fachleute jedoch ist es eine Bereicherung in der Beratung von Eltern und zum Schließen von „Wissenslücken“!
Magrit Schröder, Hannover
2005, Finken Verlag, Oberursel, Ringordner mit 3 Heften und 80 Aufgabenkarten, 1 Handpuppe und 1 Fingerpuppe, 79,80€
Bestellnr. 1060
Die Förderung der phonologischen Bewusstheit ist nicht nur in der Therapie von auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei phonologischen Störungen in der kindlichen Sprachentwicklung wichtig, sondern auch zur Vorbereitung des Lesen- und Schreibenlernens. Das vorliegende Übungsprogramm möchte dies im Vorschulbereich unterstützen und fördern und damit die Chancen beim Schulstart verbessern. Es basiert auf den bekannten Arbeiten von Küspert und Schneider und wurde ansprechend ausgearbeitet und sinnvoll erweitert.
Das Übungsmaterial setzt sich zusammen aus einer Einführung (16 Seiten), Vorlesegeschichten (32 Seiten), dem Kernstück Ohrenaufgaben (bzw. eigentlich Höraufgaben, 80 an der Zahl) und dem Anhang (28 Seiten). Die Einführung beinhaltet den wissenschaftlichen Hintergrund, Erläuterungen und Hinweise zur Durchführung. Das eigentliche Übungsprogramm beginnt mit 12 Vorlesegeschichten. Sie sind für Vorschulkinder gestaltet und führen die Handlungsfigur „WUPPI“ ein, ein Wesen von einem anderen Stern. Die 80 Hörübungen sind in eine chronologische Handlungsgeschichte eingebettet. Geübt wird das Lauschen bzw. Hinhören, Reimen, Silbenerkennen und phonologische Bewusstheit im engeren Sinne mit Lautanalyse und -synthese. Die Übungsblätter sind übersichtlich gestaltet und informieren den Behandler kurz und knapp über die richtige Durchführung und die benötigten Materialien. Im Anhang befinden sich Material- und Wortlisten für die Reim-, Silben- und Lautspiele sowie Kopiervorlagen für Bildkarten. Die Materialien sind in einer Übersicht zusammengefasst und den einzelnen Höraufgaben zugeordnet.
Für die logopädische Praxis würde man sich eine besser strukturierte Auswahlmöglichkeit der Übungen im Hinblick auf individuelle Störungsmuster wünschen. Da das Übungsprogramm Wuppi aber für Erzieherinnen und Erzieher zur Anwendung an sonst gesunden und unauffälligen Vorschulkindern entwickelt wurde, ist es für ein solches unselektiertes Klientel sehr empfehlenswert.
Roberto Fenske, Lübeck
1. Auflage 2011, Demosthenes Verlag/ Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V., Köln, 109 Seiten, 17,00 €
ISBN 978-3-921897-62-1
Der von Michael Decher, Lehrlogopäde an der staatlichen Berufsfachschule für Logopädie Erlangen, herausgegebene Therapieleitfaden richtet sich in 1. Linie an erwachsene und jugendliche Stotternde und auch an Eltern stotternder Kinder. Durchgängig merkt man dem Buch die langjährige Unterrichtserfahrung des Autors im Fachbereich Stottern an. Sehr präzise und klar ist das Buch in 6 Kapitel eingeteilt, angefangen bei einer kurzen Erläuterung des Stotterns. Der Hauptteil beschäftigt sich dann mit der Beschreibung der vielen angebotenen Therapiekonzepte sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Auch umstrittene Verfahren wie die del Ferro-Methode werden nicht ausgeklammert.
Für einen raschen Einstieg in die Behandlung des Stotterns bzw. als Therapieüberblick ist dies sicherlich sehr sinnvoll. Wahrscheinlich würden aber nicht nur Betroffene bzw. Eltern stotternder Kinder von diesem Buch profitieren, sondern auch Kinderärzte, Hals-Nasen-Ohrenärzte usw. die sich bisher noch nicht so intensiv mit dem Stottern beschäftigen konnten. Ganz wichtig und richtig finde ich auch, dass dieser Ratgeber nicht mit einer klaren Empfehlung für die eine oder andere Methode endet, sondern mit der Feststellung, dass sich jeder Betroffene die Frage stellen sollte, welche von allen angebotenen Therapien für ihn/ für sie die beste ist.
Ich werde dieses Buch sicherlich in meiner Sprechstunde weiterempfehlen. Für eine Neuauflage würde ich mir wünschen, dass noch etwas mehr bei den verschiedenen Therapien darauf eingegangen wird, ob wirklich vernünftige Zahlen zur Wirksamkeit vorliegen. Dies könnte man ja zum Beispiel durch die Vergabe von Sternchen oder Ähnlichem grafisch auch gut sichtbar machen.
Prof. Dr. med. Martin Ptok, Hannover
2012, Median, Heidelberg, 180 Seiten, 34,50 €
ISBN 978-3-941146-30-3
Die Rehabilitation hochgradig hörgeschädigter Kinder mittels CI-Versorgung und einer sich anschließenden hörgeschädigten-spezifischen Förderung ist Alltag geworden. Entwickelte Konzepte der CI-Reha basieren auf der Situation hörender Eltern deutscher Herkunft. Das waren die Familien, die sich anfänglich für eine CI-Versorgung ihres Kindes entschieden. Zunehmend ist die Klientel in den CI-Zentren vielfältiger geworden. Dazu gehören Familien nichtdeutscher Herkunft, denen die deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht, oder Familien, in denen die Eltern selbst hochgradig hörgeschädigt bzw. gehörlos sind und die hörgerichtete bzw. lautsprachliche Förderung ihres Kindes anders als hörende Eltern begleiten. In diesen Familien spielen mindestens immer 2 Sprachen eine Rolle, nämlich Herkunftssprache der Eltern und deutsch (bei Familien mit Migrationshintergrund) oder Gebärdensprache und Lautsprache bei gehörlosen Familien.
Mit dem vorliegenden Buch veröffentlichen Diller und Martsch Ergebnisse eines Forschungsprojektes zur Sprachentwicklung türkischer Kinder mit CI. Da ein nicht unwesentlicher Anteil der gegenwärtig mit CI-versorgten Kinder türkischer Herkunft ist, tragen die Autoren nicht nur dazu bei, eine Forschungslücke zu schließen, sondern können auf praxisrelevante Erfordernisse und notwendige Veränderungen bei der CI-Reha dieser Familien aufmerksam machen.
Das Buch gliedert sich in 8 Kapitel, wovon Kapitel 1 bis 3 die theoretischen Grundlagen, d.h. den Erkenntnisstand zur Situation von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland (Kap.1), zu Kindern mit Hörschäden (Kap. 2) und zur Zweisprachigkeit (Kap. 3) darstellen. Es irritiert, dass die Literatur, das Abbildungs- und das Tabellenverzeichnis als Kapitel 9, 10 und 11 ausgewiesen werden.
Da es sich bei der vorliegenden Schrift um die Darstellung von Ergebnissen eines Forschungsprojektes handelt, wird – bevor diese erörtert werden – das Forschungsprojekt (mit Forschungsfragen, Untersuchungsteilnehmern und eingesetzte Forschungsmethoden) im Kapitel 4 umrissen. Den Hauptteil des Buches nimmt Kapitel 5 „Ergebnisse“ ein. Diese werden umfassend und differenziert dargestellt. Zugleich beeindruckt die sachliche und vielschichtige Auseinandersetzung. Die Ergebnisse werden angemessen aufbereitet und sehr anschaulich dargeboten, so dass sie auch dem Laien gut verständlich werden.
Einen zusammenfassenden Überblick zu den Forschungsergebnissen gibt das anschließende Kapitel 6. Das Kapitel 7 zeigt Möglichkeiten der Überführung der Forschungsergebnisse in die Praxis auf. Mit „Grenzen überwinden: Kleine Schritte – große Wirkung?“ (Kap. 8) wird der Forschungsbericht abgerundet. Dieses abschließende Kapitel zeigt auf, wie die Situation für die bilinguale Erziehung hörgeschädigter Kinder türkischer Eltern verbessert werden kann.
Der Publikation ist eine breite Leserschaft zu wünschen und dürfte für alle an der CI-Versorgung beteiligten Personen von Interesse sein. Es ist nicht nur optisch gut aufbereitet (mehrfarbig, Marginalienspalte, viele veranschaulichende Elemente) und praxisbezogen, sondern beleuchtet das längst überfällige Thema „Hörgeschädigte Menschen mit Migrationshintergrund“. Deutlich wird zugleich der noch weiterhin bestehende Forschungsbedarf, um die Qualität der Angebote für nichtdeutsche Familien mit hörgeschädigten Kindern kontinuierlich zu verbessern.
Prof. Dr. Annette Leonhardt, München
2010,Neuner Druck GbR, www.dsai.de, 12,84 €
Jemand hat Geburtstag/ Jubiläum/ sonstigen Ehrentag? Und Sie wissen nicht, was Sie schenken sollen? Nun, hier habe ich eine Idee. Vorgestellt wurde mir das dsai-Kochbuch, mit dem man sicherlich jemanden eine Freude machen und gleichzeitig eine gute Tat tun kann. Ich verstehe
zwar nicht sehr viel vom Kochen, aber die Rezepte scheinen mir halbwegs „nachkochbar“.
Der Trick bei diesem Buch: Die verschiedenen Grundrezepte, Vorspeisen, Hauptgerichte und Desserts sind einerseits von wohl prominenten Köchen erstellt worden, andererseits von
Mitgliedern der Deutschen Selbsthilfe angeborene Immundefekte e.V.. Den verschiedenen Rezepten vorangestellt sind einige wenige Ernährungstipps, die erfreulicherweise ohne erhobenen Finger erstellt wurden.
Wie gesagt: Obwohl ich mich keineswegs zu den Topfgeldjägern zähle und dadurch meine Rezension in der Aussagekraft etwas eingeschränkt sein mag, empfehle ich doch dieses handliche kleine Kochbuch in dem allein zu blättern es Spaß macht und den Appetit schon anregt. Einziger Wermutstropfen dabei ist: Warum gibt es so etwas eigentlich nicht auch von Logopäden/Sprachtherapeuten? Vielleicht verbunden mit dem Hinweis, dass vom Erlös des Buches eine Spende an einen Sprachheilkindergarten oder ähnliches geht? Dann würden wir ein solches Büchlein noch viel lieber verschenken.
Prof. Dr. med. Martin Ptok, Hannover
Wörter, Sätze und Gespräche verstehen
2014 Marburg, Tectum, 308 Seiten, Paperback, 29,95€
ISBN: 978-3-8288-3470-5
Welche Schwierigkeiten zeigen Kinder mit Autismus im Sprachverstehen? Frau Dr. Melanie Eberhardt widmet sich in ihrem Buch „Autismus und Sprache – Wörter, Sätze und Gespräche verstehen“ der Frage, wie sich die Besonderheiten der Wahrnehmung von Kindern mit Autismus auf deren Sprachverständnis auswirken. Ausgehend von der „Theorie der zentralen Kohärenz“ geht sie in ihrer Dissertation der Vermutung nach, dass ein detailorientierter Verarbeitungsstil sich in spezifischen Einschränkungen der rezeptiven Sprache äußern könnte. Außerdem beleuchtet sie die weiterführende Frage, ob die Kinder mit spezifischen Instruktionen oder Hilfestellungen unterstützt werden können. Die eher praxisorientierten Leser seien hier darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Buch um eine wissenschaftliche Arbeit handelt (der bunt gestaltete Buchtitel legt zuerst nahe, dass man ein praxisnäheres Werk vor sich hat). Diese Arbeit es jedoch in sich: Frau Dr. Eberhardt gibt eine ausführliche Einführung in das Thema „Wahrnehmung und Autismus“ sowie eine detaillierte Übersicht über die bisherige Forschungslage im Bereich „Autismus und Sprachverstehen“. Wer praxisrelevante Ideen und Hinweise sucht, findet im Anschluss an den sehr sauber gearbeiteten wissenschaftlich-methodischen Teil ein aussagekräftiges Kapitel „Implikationen für die Praxis“. Hier weist Frau Dr. Eberhardt die Arbeit am Sprachverständnis als wichtigen Bereich der sprachtherapeutischen Arbeit bei Autismus aus und führt Unterstützungsmaßnahmen an, die den betroffenen Kindern das Sprachverständnis im Alltag erleichtern. Insgesamt stellt das Buch eine sehr fundierte Quelle zum Thema Sprachverständnis bei Autismus dar und kann hinsichtlich vielfältiger Fragestellungen herangezogen werden. Der Leser sollte jedoch im Lesen wissenschaftlicher Literatur geübt sein oder bereit dazu, sich die für ihn relevanten Informationen herauszuarbeiten. Wünschenswert für die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen wäre ein auf die vorliegenden Erkenntnisse aufbauendes Praxisbuch mit Fallbeispielen und beispielhaften Übungen, welches Sprachtherapeutinnen und Sprachtherapeuten konkrete Hilfestellung zur Bearbeitung des Themas in der Praxis gibt.
Kristin Snippe, Berlin
Für das Deutsche bearbeitet von K. Grosstück, H. D. Grün, R. Oehlrich
2012, Schulz-Kirchner, Idstein, 1. Aufl. Handanweisung 60 Seiten, 7 Abb., 9 Tab., Protokollheft, 20 Seiten, 116 Wortkarten, 50 Satzkarten, 79,99 €
ISBN 978-3-8248-0885-4
Die Autorinnen haben die in England von Enderby und Palmer entwickelte Frenchay-Dysarthrie-Untersuchung erstmalig 1991 als Übersetzung und Überarbeitung veröffentlicht. Die 2. Auflage folgte 2003.
Das vorliegende Testmaterial (vollständige Handanweisung und Protokollheft als Kopiervorlage) ist die Übersetzung und Überarbeitung der 2008 verändert erschienenen Version des Originals des Frenchay-Dysarthrie-Assessment – 2 für neurogene Sprechstörungen. Mit dem standardisierten Testverfahren können die für das Sprechen relevanten Funktionsbereiche Reflexe, Respiration, Lippen, Gaumensegel, Stimme, Zunge und Verständlichkeit beurteilt und beeinflussende Faktoren befundet werden. Hierzu benötigt ein erfahrener Untersucher (Logopäde) ungefähr 30 Minuten. Die Ergebnisse werden in ein übersichtliches Leistungsprofil eingetragen, so dass unmittelbar der Schweregrad einzelner Beeinträchtigungen aber auch erhaltene Funktionen erkannt werden können. Dies erleichtert eine patienten- und funktionsorientierte Therapieplanung mit Festlegung des Schwerpunktes der Behandlung. Die Ergebnisse können durch Interpretation den verschiedenen Formen von Dysarthrien zugeordnet werden. Das Testmaterial eignet sich darüber hinaus auch zur Verlaufsdokumentation sowie zur Abschlussuntersuchung.
Auf den Untersuchungsbereich Kiefer wurde verzichtet, da er sich für ein differentialdiagnostisches Kriterium als unzureichend erwies. Wird eine Dysphagie festgestellt, so muss diese nach wie vor durch weitere geeignete Untersuchungsverfahren genauer beurteilt werden. Die Wort- und Satzlisten für den Bereich Verständlichkeit (der einzige nicht standardisierte Teil des FDA – 2) sind umfangreich und sinnvoll geändert worden. Den Autorinnen war es wichtig, dass die Wörter (1- bis 4-Silber, Simplizia und Nomina-Komposita) phonetisch ausgewogen sind. Dieser Testteil kann als Kurz- oder Langversion durchgeführt werden. Bei den Sätzen wurden ebenfalls phonetische Aspekte und prosodische Elemente berücksichtigt. Die Beurteilung der Sprechgeschwindigkeit, bei der die Norm leider nicht mehr angegeben ist, und kinästhetischen Wahrnehmung werden jetzt im Bereich der beeinflussenden Faktoren aufgeführt.
Das Protokollheft weist einige Formulierungsänderungen, sinnvolle Ergänzungen bzw. Korrekturen z.B. bei der Bewertung auf. Das leicht geänderte Layout ähnelt der vorherigen Fassung. Mit 20 Seiten ist es noch sehr umfangreich. Die Autorinnen weisen jedoch darauf hin, dass nicht für jeden Patienten eine vollständige Befundung zweckmäßig bzw. notwendig ist.
Das Frenchay-Dysarthrie-Assessment – 2 eignet sich zur schnellen Erfassung einer Dysarthrie durch Beurteilung der Sprechfunktionen und ermöglicht somit eine patientenorientierte Therapieplanung. Für einzelne Teilfunktionen ist jedoch eine weitere detailliertere Diagnostik erforderlich.
Da das Testverfahren für den deutschen Sprachraum bereits 2001 als einziges standardisiertes Untersuchungsverfahren für Dysarthrien in die Heilmittelrichtlinien aufgenommen wurde, ist die vorgelegte Fassung des FDA – 2 eine wichtige Neuauflage und wird somit der wissenschaftlichen Therapieforschung als auch bei der klinischen sowie ambulanten Behandlung von Patienten mit Dysarthrien zur Verfügung gestellt.
Therese Wegener, Hannover
2015, Berlin, Heidelberg, Springer, 249 Seiten, 34,99 €
ISBN: 978-3-662-46604-9
Mit dem Buch des Autorenpaares Föcking und Parrino liegt ein erster, praxisorientierter Leitfaden zum funktionalen Ansatz in der Stimmtherapie vor, der sowohl unerfahrene als auch fortgeschrittene Stimmtherapeuten in die Theorie der Stimmphysiologie aus funktionaler Sicht einführt und wertvolle, strukturierte Anregungen für die direkte Arbeit an der Stimmfunktion liefert.
Basierend auf einem humanistischen Menschenbild wird im 93 Seiten starken Theorieteil sowohl die physiologische Stimmfunktion der Sing- und Sprechstimme als auch psychische Aspekte des Gesamtsystems Stimme erläutert.
In der funktionalen Methode steht der Larynx mit seiner Doppelventilfunktion und sein glottisches Muskelsystem im Fokus.
Die Autoren bemühen sich um eine strukturierte Einteilung in Kategorien der Stimmfunktion (Klangvorstellung, Doppelventilfunktion, Ton- und Klangbildung, Artikulation, Atmung, Durchlässigkeit und Rhythmus) und sogenannte „Ordner“, die erstmals vom Lichtenberger® Institut aus synergetischer Sicht so benannt wurden.
In Abgrenzung zu einer reinen Gesangs- oder Stimmpädagogik widmen sich 3 Kapitel auf Basis der patientenzentrierten Gesprächsführung nach Rogers und systemischen Ansätzen dem Zusammenhang von Dysphonien und psychischen Aspekten sowie Implikationen für die therapeutische Behandlung.
Der anschließende umfangreiche Praxisteil, der sich maßgeblich aus der über 30 jährigen Erfahrung des Lichtenberger® Instituts speist, gliedert sich in 17 Übungskategorien, in denen einzelne Übungen mit Zielsetzung, Vorgehen sowie Gedanken zum Transfer anschaulich beschrieben werden. Für Stimmtherapeuten, die in dieser Methode schon Selbsterfahrung sammeln konnten, dient die Zusammenstellung der Übungen als abwechslungsreiches, effektives und kreatives Repertoire in ihrer stimmtherapeutischen Praxis.
Abgerundet wird das Buch durch einen Serviceteil, in dem die Autoren sowohl einen funktional orientierten Anamnese- und Befundbogen als auch Audiobeispiele von Stimmübungen sowie Videodateien von Stroboskopien online zur Verfügung stellen.
Die Bezeichnung „Funktionale Stimmtherapie“ ist mittlerweile ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Strömungen und Entwicklungen. Die Abgrenzung der unterschiedlichen und teilweise auch widersprüchlichen Methoden wie zum Beispiel „Lichtenberger® Methode für angewandte Stimmphysiologie“ nach Rohmert/Landzettel, aus der Sabine Gross-Jansen eine „Funktionale Stimmtherapie“ für pathologische Stimmen abgeleitet hat, die „Funktionale Stimmpädagogik“ nach Rabine und der daraus resultierenden „Funktionale Stimmtherapie nach dem Göttinger Modell“ nach Kruse wird von den Autoren nicht vorgenommen.
Das Lichtenberger® Institut für angewandte Stimmphysiologie unter der Leitung von Rohmert/Landzettel ist basierend auf der Gesangspädagogik Reids der Ausgangsort für alle funktionalen Methoden, an dem seit 30 Jahren gelehrt und geforscht wird. Der umfangreiche Praxisteil basiert zum größten Teil auf den Erfahrungen dieses Instituts. Dieser Tatsache wird jedoch nicht ausreichend durch Kennzeichnung oder Zitierung Rechnung getragen.
Die „funktionalen Methoden“ beruhen auf unterschiedlichen Hypothesen und Schwerpunkten und sollten gesondert betrachtet werden. Der stimmtherapeutische Ansatz nach dem Göttinger Modell präferiert beispielsweise auf Grund von Kruses Studien die Stimulierung der hypotonen Stimmlippen teilweise mittels Reizstrom, während in der Lichtenberger® Methode der sensorischen Beschäftigung mit den Bindegeweben und der Fokussierung auf die Klangstruktur eine zentrale Rolle zukommt.
Systematisch unklar ist der Zusammenhang von „Ordnern“ und „Funktionen“ der Stimme im Theorieteil, deren Einteilung sich außerdem nicht in den Kategorien der Übungen wieder findet.
Es ist den Autoren gelungen, den sehr komplexen Ansatz der „Funktionalen Stimmtherapie“ nachvollziehbar zu beschreiben und Lust auf die direkte, funktionale Arbeit mit der Stimme zu wecken, in dem sie ein umfangreiches Übungsrepertoire zur Verfügung stellen.
Insgesamt sehr empfehlenswert.
Katharina Feldmann, Köln
Deutsche Übersetzung: B. Dehnhardt, J. Dehnhardt
1. Auflage 2011, Schulz-Kirchner, Idstein, 52 Seiten, 20,99 €
ISBN 978-3-8248-0858-8
Das „Assessment der Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten (ACIS)“ wurde in den USA für Ergotherapeuten entwickelt und liegt nun in deutscher Übersetzung vor. Es handelt sich hierbei um ein Beobachtungsverfahren, mit dem die individuellen Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten von Menschen bewertet werden können, die infolge einer Erkrankung oder Schädigung in diesem Bereich Einschränkungen erfahren (z.B. bei Hirnverletzungen, Demenzen oder geistigen Behinderungen).
Gemeinsam mit dem Patienten wird eine Beobachtungssituation ausgewählt, die für ihn bedeutungsvoll ist. Hier kann es sich um eine unstrukturierte Situation handeln, wie etwa eine Kaffeepause mit Arbeitskollegen oder eine Gruppensituation, wie z.B. eine Kochgruppe. Anhand von 20 Items werden die Stärken und Schwächen des Patienten in dieser konkreten Situation identifiziert. Zum Beispiel, wie dieser mit anderen in körperlichen Kontakt tritt, Gesten nutzt und ob er sich auf Reaktionen und Anliegen anderer einstellen kann. Es wird beurteilt, ob der Patient kompetent (= 4) oder unzureichend (= 1) interagiert.
Das Manual bietet eine kurze Erläuterung des theoretischen Hintergrunds und wie das ACIS angewendet und ausgewertet wird. Darüber hinaus bietet es ausführliche Beschreibungen der einzelnen Items und einen Auswertungsbogen. Es ist wichtig zu betonen, dass zugrundeliegende Ursachen nicht ermittelt werden – es handelt sich also nicht um ein diagnostisches Mittel.
Da der Patient sich selbst für eine Beobachtungssituation entscheiden soll und von ihm eine aktive Teilnahme erwartet wird, ist das Verfahren primär für Erwachsene und Jugendliche geeignet. Für die gesamte Durchführung (einschließlich Auswertung) werden 20 bis 60min angegeben und Videoaufnahmen empfohlen.
Das ACIS ist kein standardisiertes Testverfahren. Es liegen also keine Gütekriterien vor; die (zeitaufwendige) Bewertung der Kommunikationsfähigkeiten bleibt subjektiv und hängt damit stark von der Erfahrung des Therapeuten ab. Das ACIS ist interessant für die sprach- oder ergotherapeutische Praxis, in der Gruppenarbeit stattfindet und wenn allgemeine Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten ermittelt werden sollen, die in spezifischen Testungen (der Sprache, Artikulation, Stimme etc.) nicht berücksichtigt werden. Darüber hinaus scheint ein Einsatz eher in einer Klinik oder sonderpädagogischen Einrichtung möglich, da das Schaffen der verschiedenen Beobachtungssituationen in einer Privatpraxis zeitlich und organisatorisch evtl. schwierig umzusetzen ist.
Melanie Stich, Toronto
2012, Franklin Electronic Publishers, Burlington/ Feldkirchen, ca. 59,95 €
ISBN 978-1590746370
Mit dem „AnyBook Reader“ können sich Kinder ab 3 Jahren den Text eines Kinderbuches z.B. abschnitts- oder seitenweise vorlesen lassen, auch wenn sie sich alleine mit dem Buch beschäftigen. Mögliche Anwender sind Eltern, Erzieherinnen und Sprachtherapeutinnen. Die Herstellerfirma spricht vor allem Eltern an. Der Umgang mit diesem Audioaufnahme- und -abspielgerät, in das ein optischer Leser integriert ist, ist einfach: ein Sticker wird an eine beliebige Stelle in einem Buch platziert und mit Hilfe des optischen Lesers aktiviert. Dann wird z.B. von den Eltern der Text der Seite vorgelesen und aufgenommen. Der Text kann mit Geräuschstickern (60 verschiedene Geräusche, z.B. Tiere und Instrumente) lebendig gestaltet werden, ebenso durch die Modifikation der Stimme, z.B. als Echo oder Roboterstimme. Die Kinder können die Aufnahme durch einfaches Berühren des Stickers mit dem optischen Leser abspielen. Die Aufnahmequalität des „AnyBook Readers“ ist mittelmäßig, Aufnahmen sind auch über Computer möglich. Mit einer Software können die Aufnahmen auf einem PC verwaltet und über einen Server ausgetauscht werden. Der „AnyBook Reader“ ist für Kinder- und Erwachsenenhände gut handhabbar und leicht bedienbar.
Anders als der Werbetext behauptet, ist das vorgeschlagene Setting allerdings keineswegs „ideal“ für eine effektive Frühförderung des Spracherwerbs und auch nicht zum Heranführen an das Lesen. So fehlen dem „AnyBook Reader“ genau die Elemente, die das „natürliche“ Bilderbuchlesen für den frühen Spracherwerb so wertvoll machen: das Lenken der Aufmerksamkeit auf ein Bild oder einen Sachverhalt, das Beschreiben, Rückmelden und Erweitern kindlicher Äußerungen [Sprache Stimme Gehör 2012; 36; 25-29, Sprache Stimme Gehör 2012; 36; 11-17]. Allein eine Intensivierung des Sprachangebots reicht häufig nicht aus [Sprache Stimme Gehör 2012; 36; 25-29, Media Psychology 2007; 10; 41-63]. Mit dem „AnyBook Reader“ kann man zudem vermutlich bei vielen Kindern das Interesse an Büchern erhöhen, allerdings ersetzt das Gerät die Schrift eher als dass es an sie heranführt.
Nützlich für die sprachtherapeutische Praxis könnte der „AnyBook Reader“ dennoch sein, z.B. in Verbindung mit speziell ausgewählten bzw. erstellten Texten, Bildkarten sowie interaktiven Elementen. Für die Gestaltung eines effektiven sprachfördernden Settings mit dem „AnyBook Reader“ ist allerdings Expertenwissen notwendig. Der „AnyBook Reader“ wirkt recht robust. Die Technik, über das Einlesen von visuellen Codes Töne zu erzeugen und abzuspielen, ist nicht neu. Für die sprachtherapeutische Praxis ist besonders die leichte Handhabbarkeit und Bedienbarkeit des Gerätes interessant.
Prof. Dr. Sylvia Costard, Bochum
2008, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein, Ordner mit CD-ROM, 129,95 €
ISBN 978-3-8248-0279-1
Mit dem vorliegenden Verfahren „ Test für phonologische Bewusstheitsfähigkeiten (TPB) “ von Fricke & Schäfer (2008) wird ein Erhebungsinstrument bereitgestellt, welches eine diagnostische Lücke zur Leistungserfassung im Bereich der phonologischen Bewusstheit schließt. Bisher existierte für den deutschen Sprachraum kein evaluierter Test, welcher die phonologischen Bewusstheitsfähigkeiten von Kindern im Kindergarten- und Vorschulalter detailliert erfasst.
Das 1. Kapitel liefert einen präzisen und kompakten Überblick über Zielsetzung, Anwendungsbereich, Aufbau, Anwendungszeitraum, Durchführung und Auswertung des Tests. Der Leser kann so einen 1. Eindruck über Ziele und Inhalte des Verfahrens gewinnen. Im einführenden 2. Kapitel werden zunächst grundlegende theoretische Aspekte zum Konstrukt der phonologischen Bewusstheit und den Zusammenhängen zwischen phonologischer Bewusstheit und (Schrift-) Sprachleistungen erläutert. Im Kapitel 3 findet sich eine ausführliche Darstellung der Testkonstruktion. Mit dem TPB wurden von den Autorinnen mehrere Ziele verfolgt. Zum Einen sollte ein reliables und umfassendes Instrument zur Erfassung phonologischer Bewusstheitsfähigkeiten erstellt werden, welches sowohl die Größe der phonologischen Einheiten als auch die Explizitzeit der durchzuführenden Operationen berücksichtigt. Darüber hinaus sollten alle Bereiche sowohl auf der Input- als auch auf der Outputebeneüberprüft werden. Der TPB gliedert sich zunächst in einen Test zur Überprüfung des aktiven Wortschatzes des Kindes sowie den eigentlichen TPB mit insgesamt 11 Untertests. Der Vortest zur Wortschatzüberprüfung soll sicher stellen, dass dem Kind die Test-Items bekannt sind. Die 11 Untertests des TPB gliedern sich in 6 Bereiche, die wiederum (mit Ausnahme des Untertests Silben segmentieren) eine In- und Outputvariante enthalten. Diese Bereiche sind: Silben segmentieren, Reime identifzieren / produzieren, Onset-Reim-Synthetisieren, Anlaute-Identifizieren, Laute-Synthetisieren, Anlaute-Manipulieren. Für die Aufgaben zum Synthetisieren werden die Items auf CD bereitgestellt, um die Durchführungsobjektivität zu gewährleisten.
Im 4. Kapitel wird die Durchführung und Itemsauswertung dargestellt und erläutert. Die Durchführungsanweisungen sind exakt und stringent und finden sich auch auf den Protokollbögen wieder. Zur Durchführung des Verfahrens ist es für den Therapeuten ausreichend, sich an den Angaben auf den Protokollbögen zu orientieren. Ein „Hin- und Herspringen“ zwischen Testinstruktionen und Protokollbögen wird dadurch verhindert. Dies trägt deutlich zur Anwenderfreundlichkeit des Verfahrens bei. Kapitel 5 liefert präzise Angaben zur Gesamtauswertung und Interpretation der Testergebnisse, welche im folgenden Kapitel 6 mit Fallbeispielen unterlegt werden. Im 7. Kapitel werden die statistischen Kennwerte des Verfahrens dargestellt.
Der Test wurde auf der Grundlage von 441 durchgeführten Einzeltests vorläufig normiert. Derzeit liegen Normwerte für insgesamt 5 Altersgruppen zwischen 4,0 und 7,9 Jahren vor. Es werden Angaben zu den Testgütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität geliefert. Leider finden sich zur Durchführungs- und Auswertungsobjektivität keine Daten (der Test wurde für die Normierung lediglich durch die Autorinnen selbst durchgeführt), ebenso verhält es sich mit der inneren Validität. Es wurde kein anderes Testverfahren als Vergleichsinstrument eingesetzt, wobei möglicherweise der Tatsache Rechnung getragen werden musste, dass derzeit kein vergleichbares Instrument auf dem deutschen Markt erhältlich ist. Alle anderen Kennwerte zur Normierung des Verfahrens können als zufriedenstellend angesehen werden.
Erwähnenswert sind die von den Autorinnen angebotenen Motivationshilfen für das Kind. Entsprechende Kopiervorlagen erleichtern deren Umsetzung. Leider werden keine Angaben darüber gemacht, ob das Verfahren unter Verwendung dieser Motivationshilfen evaluiert wurde. Da die Motivation der Kinder großen Einfl uss auf die Leistungsfähigkeit ausübt, kann es hier zu verfälschten Ergebnissen kommen (verglichen mit den Normwerten, wenn diese ohne Motivationshilfen erhoben wurden).
Bei der Durchführung des Tests fällt die doch recht lange Durchführungszeit auf. Die komplette Durchführung aller Untertests benötigt (je nach Alter und Motivation des Kindes) viel Zeit (bis zu 90 min) und Durchhaltevermögen von Seiten des Kindes. Andererseits ist der Test eben aufgrund dieser Detailliertheit in der Lage, ein umfassendes Bild über vorhandene Defizite und Hinweise auf mögliche Ursachen zu liefern. Somit kann eine modelltheoretische Einbettung der Störung und darauf aufbauend eine fundierten Therapieableitung erfolgen. Der Test zeichnet sich jedoch auch durch weitere Vorzüge aus. Die einzelnen Items sind linguistisch kontrolliert und das zu prä- sentierende Bildmaterial ist eindeutig. Darüber hinaus kann neben der rein quantitativen Analyse auch eine qualitative Analyse (z. B. über die vom Kind gewählten Ablenker: semantisch vs. phonologisch) der Untertests erfolgen, sodass der Therapeut Aufschluss über den Einsatz möglicher Strategien durch das Kind erhält.
Zusammenfassend ist der Test eine Bereicherung für alle, die im Bereich der Prävention von (Schrift-)Sprachstörungen tätig sind. Die Testanweisungen sind klar beschrieben und die Protokollbögen übersichtlich gestaltet. Die Auswertung gelingt mittels eines binären richtig / falsch Systems einfach und schnell. Erwähnenswert sind die klaren Übersichtstabellen, die u. a. einen Überblick über die einzelnen Untertests nebst Instruktionen und Anwendungszeitraum liefern, aber auch die Auswertung kurz und prägnant zusammenfassen.
Silke Fricke, Blanca Schäfer, Dr. phil. Marion Wittler, Hannnover
Das Lobo–Kindergartenprogramm (incl. CD-ROM)
L. P. Fröhlich, D. Metz, F. Petermann
2010, Hogrefe, Göttingen, 186 Seiten, 39,95 €
ISBN 978-3-8017-2216-6
Drachensachen
Materialien zum Lobo-Kindergartenprogramm „Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen”
L. P. Fröhlich, D. Metz, F. Petermann
2010, Hogrefe, Göttingen, 166 Seiten, 26,95 €
ISBN 978-3-8017-2318-7
Im letzten Jahrzehnt ist die Bedeutung der phonologischer Bewusstheit respektive der phonologischen Verarbeitung für den Erwerb von Sprache und Schriftsprache immer mehr erkannt, aber auch kritisch diskutiert worden.
Das Konzept der Autoren verfolgt das Ziel, die Aufmerksamkeit der zu fördernden Kinder auf die formal-lautlichen Aspekte der Sprache zu lenken.
Ein systematischer Therapieaufbau gestützt von einer kindgerechten, dem Zielalter angepassten, klar verständlichen Geschichte – die Geschichte des kleinen Drachen „Lobo”, die als Leitfaden durch die Therapieeinheiten führt, ist dabei besonders hilfreich – macht es den Anwendern leicht, eine phonologische Bewusstheit aufzubauen, zu fördern und schließlich dauerhaft zu manifestieren. Das beigefügte Therapiematerial auf CD-ROM und das ggf. zu erwerbende Materialienheft „Drachensachen” erleichtern die Therapiedurchführung erheblich. Gerade für Anwender, für die das Gebiet der phonologischen Bewusstheit in Zielsetzung und Durchführung nicht so vertraut ist, ist die in der Einführung angesiedelte Definition der Begriffe Spracherwerb, Sprachproduktion, Sprachentwicklung etc. unerlässlich. Speziell für diesen (und nicht nur für diesen) Personenkreis ist das Buch-Ensemble – wenn auch im Erwerb zunächst kostspielig – zu empfehlen.
M.-Christine Lorenzen-Bock, Hannover
2007, Praesens Verlag, Wien, 179 Seiten, 14,60€
ISBN 978-3-7069-0405-6,
Das vorliegende Buch aus der Reihe ‚‚MFT interdisziplinär‘‘ unternimmt den Versuch, die Problematik des verkürzten oder nicht ausreichend mobilen Zungenbändchens interdisziplinär zu betrachten. Interdisziplinär bedeutet in diesem Fall, dass Beiträge von myofunktionellen Therapeuten, Kieferorthopäden, Kinderärzten und HNO-Ärzten zu dem Thema vorgelegt werden.
Da die Herausgeberin einen Arbeitsschwerpunkt auf die myofunktionelle Therapie gelegt hat, ist zu erwarten, dass der Fokus dieses Buches eben hier liegt, was auch der Fall ist. Abgerundet werden die Informationen mit Kapiteln über die Anatomie der Mundhöhle, chirurgische Entfernung oder Mobilisierung des Zungenbändchens sowie kieferorthopädische Aspekte und Hinweise zur Ernährung von Säuglingen mit zu kurzem Zungenbändchen.
Für einen Kieferorthopäden hinterlässt das Buch einen zwiespältigen Eindruck: die aus unserem Fachgebiet angebotenen Informationen sind nicht ausreichend, wenn die Zielgruppe des Buches Logopäden sind, die den Versuch unternehmen, anhand der gebotenen Informationen ihre Vorgehensweise mit derjenigen des Kieferorthopäden in Einklang zu bringen. Hier wäre der Verweis auf kurz gefasste einführende Lehrbücher [1] sicher zweckmäßiger gewesen. Da auch die anderen nicht MFT betreffenden Kapitel sehr gestrafft sind, können diese eher als ‚‚Appetizer‘‘ denn als ‚‚Lösung‘‘ bezeichnet werden. Ausgezeichnet erscheinen daneben die Kapitel über das eigentliche Kernthema des Werkes, nämlich die myofunktionelle Therapie mit Schwerpunkt auf dem Zungenbändchen. Hier profitiert der Leser von dem gut dargebotenen reichen Erfahrungsschatz der Herausgeberin. Von der umfassenden Darstellung können auch fachfremde Disziplinen ausgezeichnet profitieren. Da bei allen Büchern, die sich bevorzugt nur mit einem Teilbereich eines viel größeren Themas befassen, eine gewisse Gefahr besteht, sich zu sehr zu fokussieren, ist zusätzliche Literatur anzuraten [2] .
Dem Buch ist zu wünschen, dass kommende Auflagen ein größeres Format besitzen, denn viele gut instruierende Abbildungen wären größer und in besserer Abbildungsqualität hilfreich. Für das angebotene Format sind jedoch Ausstattung und Preis überaus angemessen. Das handliche Format kann auch dazu beitragen, dass es als ‚‚Kitteltaschenbegleiter‘‘ stets verfügbar ist.
Literatur
1. Kahl-Nieke B. Einführung in die Kieferorthopädie. Urban & Fischer
2001
2. Springer L , Schrey-Dern D (Hrsg). Orofaziale Dysfunktionen im Kindesalter. Thieme 2003
Prof. Dr. med. dent. Jörg Lisson, Homburg/ Saar
2013, Praesens, Wien, 235 Seiten, 39,90 €
ISBN: 978-3706905183
Das Buch erscheint als das zweite der Reihe „MFT interdisziplinär“ und zielt primär auf die Prävention von myofunktionellen Störungen ab. Es richtet sich laut Autoren an Logopäden, Therapeuten, Stillberater und Ärzte und an all jene, die mit Säuglingen und Kleinkindern arbeiten.
Zunächst wird ein geschichtlicher Überblick zur myofunktionellen Therapie gegeben. Renate und Volkmar Clausnitzer gelingt ein umfassender und breitgefächerter Überblick zur Entstehung, Weiterentwicklung und späteren Ausdifferenzierung der MFT bis hin zu aktuellen Forschungsrichtungen und neuen Erkenntnissen. Der Beitrag ist sowohl für Unerfahrene als auch für langjährig Tätige sehr erkenntnisreich. Durch die Kompaktheit der Information mag der Gebrauch von Abkürzungen für Nicht-Experten möglicherweise zu häufig erscheinen.
Adamer und Specht-Moser stellen die myofunktionellen Störungen anschließend in Verbindung zur Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit der Kindern und Jugendlichen (ICF-CY) dar. Damit wird ein sehr aktueller und dringend benötigter Beitrag geliefert. Es werden Core-Sets für eine mögliche Verschlüsselung nach ICF-CY Code vorgestellt und Leitfragen für die einzelnen Ebenen entwickelt. Dies wird anhand eines Beispiels gut illustriert und abschließend diskutiert. Trotz der Aktualität des Kapitels könnte das Verständnis für Leser, die sich noch nicht eingehend mit der ICF oder der ICF-CY beschäftigt haben, eingeschränkt sein (z.B. Ebenen, Domänen, Ziffern).
Es folgt ein sehr umfangreiches Kapitel zur Vorbeugung von myofunktionellen Störungen, wo logopädische Aspekte des Saugens und Schluckens betrachtet werden. Es enthält ein mit vielen Fotos, Abbildungen und Grafiken unterstütztes Plädoyer für die Ernährung von Säuglingen an der Mutterbrust und Kriterien, wie Sauger, Nuckel und die Ernährung mit der Flasche optimal aussehen sollte.
Die American Academy of Pediatrics spricht Empfehlungen zum Schnullergebrauch aus, um das Risiko des plötzlichen Kindstods zu reduzieren. Im folgenden Abschnitt zum Sudden Infant Death Syndrome (SIDS) klärt Karall detailliert auf, wie es zu diesen Empfehlungen kommt und wie Studien dazu interpretiert werden können. Mit dem Fokus auf eine gesunde Zahnentwicklung wird der Gebrauch der Flasche anschließend von Stark-Hechenberger diskutiert, sowie praktische Tipps und spielerische Umsetzungsmöglichkeiten zum Abbau oraler Habits vorgestellt. Das Buch schließt mit einem Folder von Ender, in dem die positive Wirkung des Stillens aus logopädischer Sicht für werdende Mütter zusammengefasst wird.
Tatsächlich sehen Logopäden Kinder mit orofazialen Störungen meist erst im Vor- und/oder Schulalter. So eröffnet dieses Denk- und Arbeitsbuch ein Handlungsfeld im Bereich Prävention, das in Deutschland erst noch erschlossen werden muss. Dafür enthält es viele Möglichkeiten zur Schnittstellenarbeit mit Medizinern, Stillberatern aber auch Pflegekräften, die sich umfassend informieren und schon immer mehr Argumente gegen die Ernährung von Säuglingen mit der Flasche haben wollten.
Wenke Walther, Hannover
2010, Schulz-Kirchner-Verlag, Idstein, 157 Seiten, 24,95 €
ISBN 978-3824806522
Das kleine Lehrbuch „Dysphagie – Ein einführendes Lehrbuch“ der beiden Autorinnen Maria Geißler und Silke Winkler aus der Reihe „Das Gesundheitsforum“ des Schulz-Kirchner Verlags versucht in knappen und übersichtlichen Kapiteln die Grundlagen für ein Wissen zur Therapie von Schluckstörungen zu schaffen. Dabei orientiert sich die Textauswahl und Gestaltung sowie der Inhalt erkennbar an den bekannten, aber deutlich umfangreicheren deutschen Lehrbüchern.
Es gefällt durch eine knappe und übersichtliche Gestaltung, die allerdings nicht immer alle Aspekte sicher erfasst. So wurde z. B. im Kapitel Demenz die stille Aspiration nicht erwähnt. Auf eine Beschreibung der Ätiologie von Schluckstörungen und ihrer pathophysiologischen Ursachen wurde fast vollständig verzichtet. Das Buch hat insgesamt den Charakter eines Skripts, was an der Gestaltung (Bilder und Zeichnungen) und der Sprache zu erkennen ist. Hier wäre eine fürsorglichere Betreuung durch ein Lektorat wünschenswert gewesen.
Zusammenfassend bietet sich das Buch für Auszubildende als ein erster Einstieg an und kann als Grundlage für eine weitergehende Auseinandersetzung mit der weiterführenden Literatur dienen.
PD Dr. Rainer O. Seidl, Berlin
2011, Demosthenes / Bv Stotterer-Selbsthilfe, 3. überarb. Aufl., 60 Seiten, Preis 9,50 €
ISBN 978-3-921897-63-8
Bereits 2000 wurde das Buch „Manchmal stotter´ ich eben“ in einer Übersetzung aus dem Niederländischen auf den deutschen Buchmarkt gebracht. Damals noch aufgelegt als Heft, präsentiert sich nun die 3. Auflage als Buch farbenfroher und augenfälliger. Wie auch in der 1. Auflage wird dem jungen stotternden Leser auf ansprechende und kindgerechte Weise Wissenswertes über das Stottern, über die Ursachen und über Gefühle beim Stottern vermittelt. Der stotternde Leser wird angeregt, sich eigene positive Eigenschaften und Fähigkeiten bewusst zu machen und das Stottern als erlaubten Teil seiner Persönlichkeit zu akzeptieren.
Durch viele Beschreibungen und Erzählungen von anderen betroffenen Kindern und durch Ideen zum Umgang mit Hänseleien erfährt der Leser Hilfestellungen zur eigenen Störungsbewältigung. Angefügt sind Musterbriefe an verschiedene nahestehende Personen (Eltern, Großeltern, Geschwister, Lehrer…), um diese über das Stottern und diesbezüglich wünschenswerte Verhaltensweisen aufzuklären. Hinweise über Angebote der Bundesvereinigung der Stottererselbsthilfe runden das Buch ab. Die 3. Auflage entspricht inhaltlich (bis auf ein Märchen, das in dieser Ausgabe weggelassen wurde) der Erstausgabe des Buches, ist aber durch das neue Layout und die Einfügung von Fotos (vorher waren es Zeichnungen) deutlich ansprechender.
Ein empfehlenswertes Buch für stotternde Kinder und alle, die mit stotternden Kindern zu tun haben!
Birte Ripken, Hannover
2012, Schulz-Kirchner, Idstein, 1. Aufl., broschiert, 80 Seiten, Preis 8,40 €
ISBN 978-3-8248-0876-2
Ziel des Ratgebers ist es, Eltern, Pädagogen, Therapeuten und Ärzte im Umgang mit Kindern mit Down-Syndrom zu unterstützen. Im Zentrum des Buches stehen Sprache und Kommunikation unter Berücksichtigung der ganz unterschiedlichen Sprachkompetenz dieser Kinder.
Im 1. Teil des Buches werden die Besonderheiten der Hör- und Sprachentwicklung von Kindern mit Down-Syndrom knapp und mit anschaulichen Beispielen thematisiert. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der Sprach- und Kommunikationsförderung.
Die Kapitel sind entwicklungslogisch aufgebaut. Zunächst werden Möglichkeiten zur frühen Förderung sprachlicher Vorausläuferfähigkeiten vorgestellt. Anschließend geht es um die Erweiterung von Kommunikationsmöglichkeiten durch Unterstützte Kommunikation und Gebärden. Die verschiedenen Systeme werden kurz erwähnt und der Schwerpunkt dann auf den Gebärdeneinsatz gelegt. Im Vorschulalter können Kinder, die über genügend Aufmerksamkeit verfügen, auch mit der Ganzwortlesemethode „Frühes Lesen“ gefördert werden. Wichtige „Randthemen“, wie z.B. Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme oder Mundatmung, werden ebenfalls aufgegriffen. Nützliche Sachinformationen über Zugangsmöglichkeiten zu Sprachtherapie, Adressen von Elternverbänden und Organisationen sowie Literaturhinweise und ein Glossar zum Thema stehen am Ende.
Im ansprechend gestalteten Buch werden komplexe Inhalte, wie z.B. die Wortschatzentwicklung von Kindern mit Down-Syndrom anhand von Beispielen aus dem Kinderalltag konkretisiert. Die nützlichen Literaturtipps und praktische Förderanleitungen, beispielsweise eine Auswahl von Fingerspielen oder Alltagsritualen, sind grapfisch so hervorgehoben, dass man auch nur mal schnell etwas nachschauen kann.
Fazit
Ein nützliches Buch für Eltern und Pädagogen durch die praktischen und alltagsrelevanten Anleitungen zur Förderung von Sprache und Kommunikation. Auch Therapeuten und Ärzte, die vielleicht bisher kaum Erfahrung mit Kindern mit Down-Syndrom haben, erhalten einen interessanten Einstieg ins Thema.
Delia Möller, Hamburg
2010, Demosthenes Verlag / Bv Stotterer-Selbsthilfe, Köln, ca. 61 min, 44 Seiten, 18,90 €
ISBN 978-3-921897-58-4
Initiiert durch Mitglieder der Stotterer-Selbsthilfegruppe „Initiative Morgentau“ entstand dieses Werk zum Thema „Stottern im Alter“. Im Film berichten zahlreiche ältere Stotternde über ihren Leidens- und Lebensweg, aber auch über ihre mit dem Alter zunehmende Gelassenheit bezüglich des Stotterns. Zusätzlich bekommt der Zuschauer Informationen zum Stottern im Allgemeinen, zur Bedeutung von Stottern im Alter und zur Entwicklung der Stottertherapien und der Stotterer-Selbsthilfe-Bewegung in Deutschland.
Neben vielen eindrücklichen Interviews mit Betroffenen kommen unterschiedliche Stotterexperten zu Wort. Zum Beispiel zeigt der Film einen Ausschnitt aus einem Seminar mit Prof. Dr. Wolfgang Wendlandt und ein Interview mit diesem, in dem er ausdrücklich auf Therapiemöglichkeiten in jedem Alter hinweist. Des Weiteren werden Tipps zum Umgang mit Stotternden vermittelt und verschiedene Therapiekonzepte (Van Riper, Andreas Starke, Kasseler Stottertherapie, Holger Prüß) dargestellt. Am Ende der DVD werden unter dem Motto „Experte in eigener Sache“ Informationen zur bvss und zu Aktivitäten der Selbsthilfegruppen gegeben.
Das beiliegende Begleitheft enthält weitere Interviews und gibt detaillierte Informationen zum Stottern. Film und Buch bieten sich nicht nur für ältere Stotternde an, sondern haben aufgrund der Authentizität eine Vorbildfunktion auch für junge Betroffene. Auch für SchülerInnen/ StudentInnen im Bereich der Logopädie bietet der Film einen guten Einblick in die Thematik.
Fazit: Empfehlenswert!!
Birte Ripken, Hannover
2. Auflage 2011, Springer, Berlin/ Heidelberg, 232 Seiten, 36 Abb., 34,95 €
ISBN 978-3-642-14949-8
Der 2. Band aus der Reihe „Praxiswissen Logopädie“ richtet sich schwerpunktmäßig an Logopäden und Sprachtherapeuten, die mit laryngektomierten Patienten arbeiten.
Das Buch vermittelt im 1. Teil einen soliden und aktualisierten Überblick über die relevanten medizinischen Hintergründe: Anatomie, Ätiologie von Kehlkopfkarzinomen, medizinische Therapieansätze inkl. relevanter Folgen für die logopädische Therapie. Ebenso wird auf andere betreuende Berufsgruppen und auf weitere Themen, die mit der Krebserkrankung einhergehen (Hilfsmittel, AHB...), geblickt.
Im 2. Teil des Bandes konzentrieren sich die Autoren auf die Darstellung der logopädische Behandlung: Alle Bereiche von der präoperativen Beratung über den unmittelbar postoperativen Zeitraum bis hin zur eigentlichen Stimmrehabilitation werden erläutert. Die 3 Methoden der Ersatzphonation werden ausführlich beschrieben und untereinander verglichen, wobei auf die Ösophagusersatzstimme am ausführlichsten eingegangen wird. Hier stehen neben dem Text hilfreiche Listen mit Erarbeitungshilfen und Problembereichen zur Verfügung.
In der 2. Auflage wurde ein Kapitel zur Umsetzung der ICF-Kriterien ergänzt und farbige Abbildungen angefügt, ebenso wurden die pathogenetischen Faktoren, OP-Techniken, Shunt-Ventil-Modelle und Adressen aktualisiert. Als Internet-Download steht nun ein Anhang mit Audio- und Videobeispielen zur Verfügung, ebenso finden sich dort weitere Arbeitsmaterialien (Anamnese- /Befundbogen, Wortlisten) zum Ausdrucken.
Das Buch wird dem Versprechen, Praxiswissen zu vermitteln, sicherlich gerecht.
Durch die Fokussierung auf das Thema „totale Laryngektomie“ ist es gelungen, ein ausgesprochen fundiertes Lehrbuch zu präsentieren, dessen Inhalte für LE-Therapeuten relevant sind. Die vielen praktischen Hinweise aus der langjährigen Erfahrung der Autoren mit Laryngektomie-Patienten machen das Werk zu einem wertvollen Praxisinstrument – und dies keinesfalls nur für Anfänger! Auch „alte Hasen“ werden das Werk immer wieder zum Nachschlagen in die Hand nehmen.
Michaela Meyer, Hannover
1. Auflage 2011, Schulz-Kirchner, Idstein, 288 Seiten, 42 Fotos, 48,99 €
ISBN 978-3-8248-0849-6
Seit der Veröffentlichung der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) besteht ein starkes Bestreben dahingehend, Konzepte für therapeutische Interventio-nen zu entwickeln, die von Beginn der Rehabilitation an die Partizipation des Aphasiepatien-ten mit seinem individuellen Kontext und seinen Ressourcen in den Mittelpunkt stellen.
In dem vorliegenden Buch stellen die Autoren für ihren Therapieansatz nach der einleitenden Beschreibung des linguistischen Hintergrundes beispielhaft in kurzer, gut verständlicher Form die Beschreibungskriterien der ICF dar, klassifizieren entsprechend die aphasischen Beeinträchtigungen und zeigen auf, wie Patient und Therapeut gemeinsam operationalisierte Funktionsziele von im Gespräch ermittelten Partizipationszielen im Sinne des Top-down-Ansatzes ableiten können.
Dieses pragmatisch orientierte Therapiekonzept, das als Ergänzung zu sprachsystemati-schen Therapieansätzen für agrammatische Störungen betrachtet werden soll, beinhaltet kontextsensitive, alltagsnahe Interventionen, um sprachliche Leistungen des Aphasikers zu aktivieren. Diese haben die einen starken Bezug zu seinen individuellen Lebensbereichen, damit ein Transfer der sprachlichen Fähigkeiten ermöglicht wird. Der Patient soll erleben, wie er erfolgreich und flexibel kommunizieren kann und somit in seiner aktiven Teilhabe gestärkt wird.
Für die übersichtlich strukturierten, am Kontext orientierten Übungsvorschläge sind jeweils die Elemente des alert-Prinzips zur Aufmerksamkeitsaktivierung dargestellt. Den insgesamt 30 durchgehend alltagsnahen Funktionsübungen sind thematisch passende Rollenspiele und konkretes Arbeiten in realen Alltagssituationen in Form von Transferübungen und/oder In-vivo-Training zugeordnet. Darüber hinaus werden die Funktionsübungen durch einen jeweili-gen Medienteil und sehr ansprechende Referenzfotos ergänzt. Am Ende jeder Übung wird die Therapieevaluation dargestellt.
Es handelt sich also um eine Fülle von Hinweisen und Materialen, die als Vorschläge und Ideensammlung gedacht sind. Diese Vorgehensweise lässt sich gut auf neue und patienten-spezifische Alltagssituationen übertragen und entspricht insofern den Erfordernissen des therapeutischen Alltags.
Das vorliegende Therapiekonzept überzeugt durch seine gelungene, sowohl wissenschaft-lich fundierte als auch praktisch orientierte Umsetzung, wie Partizipationstraining störungs-spezifisch im Sinne der ICF erfolgen kann. Die Autoren geben dem Therapeuten für den lo-gopädischen Therapiealltag wertvolle Anregungen und stellen unmittelbar einsetzbares Ma-terial zur Verfügung.
Therese Wegener, Hannover
2012, Reinhardt, München, 214 Seiten, 29,90 €
ISBN 978-3-497-02273-1
Wie der Titel unschwer zu erkennen gibt, liegt ein Grundlagenwerk zur Sprachtherapie und Logopädie vor, das in die aktuelle Situation des wissenschaftlichen und beruflichen Feldes aus seiner historischen Entstehungsgeschichte heraus und in der Perspektive seiner weiteren Entwicklung einführen soll. Der Inhalt untergliedert sich in 6 übersichtliche Kapitel:
Das einführende Kapitel, das Sprachtherapie als Wissenschaft und Beruf beleuchtet, stellt das nationale Sprachheilwesen in seiner Pluralität der Ausbildungswege und Berufsgruppen dar und postuliert die Notwendigkeit einer „Sprachtherapiewissenschaft“ [Maihack 2004]. Um herauszuarbeiten, wie sich diese aktuelle Konstellation entwickelt, stellt das 2. Kapitel die Entstehungsgeschichte in Deutschland im internationalen Vergleich dar und leistet so den Brückenschlag zwischen historischer Entwicklung und, durch internationale Entwicklungen angeregte, Zukunftsperspektiven. Theoretische Grundlagen, in Kapitel 3 präsentiert, erstrecken sich von Bezügen zu angrenzenden Fachdisziplinen, der ICF-Klassifikation und ethischen Grundlagen bis hin zu aktuellen Fragen der Evidenzbasierung in der Sprachtherapie und Logopädie. Besonders erörtert wird hier die Person- und Systemorientierung. Die Klientel wird schließlich im 4. Kapitel genauer unter die Lupe genommen. Einem einführenden Überblick über Sprach-, Sprech-, Rede-, Stimm- und Schluckstörungen folgend, wird hier die Notwendigkeit eines idiografischen Vorgehens diskutiert. Das 5. und umfangreichste Kapitel greift die zuvor präsentierten Störungsbilder und Erscheinungsformen auf. Nach einer einführenden Begriffsbestimmung erfolgen differenzierte Angaben zu Bedingungshintergründen, Diagnostik und Therapie. Hinweise auf weiterführende Literatur dienen als Ansatzpunkt zum Selbststudium. Die anschließende Einbettung in Aufgabenbereiche und praxisrelevante Handlungsfelder erfolgt im 6. und finalen Kapitel im Hinblick auf die Bereiche Prävention und Rehabilitation, aber auch auf institutionelle und theoretische Zusammenhänge, die in Kapitel 3 eingeführt wurden.
Besonders Berufseinsteiger unter den zukünftigen Lesern sei an dieser Stelle nicht verschwiegen, dass die Komplexität der vorgestellten Themenbereiche für einen ersten Eindruck mitunter überwältigend wirken könnte. In seiner Präsentation überzeugt das Lehrbuch jedoch durch seine klare Strukturierung und Übersichtlichkeit, wobei Stichwörter, Symbole und Definitionen die Leser bei der Orientierung und beim Auffinden relevanter Informationen unterstützen. Insgesamt präsentiert Grohnfeldt mit dem vorliegenden Werk sowohl eine sichere Einführungslektüre, als auch einen Weiterentwicklungsimpuls für das wissenschaftliche und professionelle Feld der Sprachtherapie und Logopädie. Wenngleich grundlegende Informationen auch Neulingen gut verständlich vermittelt werden, stoßen Leser ebenso auf kontroverse Punkte um aktuelle Entwicklungen, wie z.B. die Inklusion als „Nagelprobe“ (S. 34) für Sprachheilpädagogik und akademische Sprachtherapie. Diese Aspekte machen die Publikation also nicht nur zu einer interessanten und relevanten Einführung in das Themenfeld, sondern bieten auch Praktikern und Interessierten im Feld und angrenzenden Disziplinen die Möglichkeit, sich auf „den neuesten Stand“ zu bringen. Auch die fortlaufende und differenzierte Einbeziehung internationaler Entwicklungen sei an dieser Stelle besonders hervorgehoben. Meiner Ansicht nach liegt in diesem Brückenschlag der besondere Verdienst des Lehrbuchs.
Ulla Licandro, Hannover
Zusammengestellt vom Qualitätszirkel ALS Hamburg
2009, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein, 1. Aufl., 44 Seiten, kartoniert, 10,95 €, auch als pdf-Download
ISBN 978-3-8248-0314-9
Das praxiserfahrene Autorenteam Heike Grün, Katrin Laue und Maren Stallbohm legt zum Thema logopädische Therapie bei Amyotropher Lateralsklerose ein handliches, gut strukturiertes, 44 Seiten starkes Buch vor, das eine detaillierte Übersicht über die Methoden der kompensatorisch-stabilisierenden Therapie zu allen Bereichen dieser schweren progredienten Muskelerkrankung bietet. Nach einer kurzen Beschreibung der wichtigsten Informationen zur Grunderkrankung ALS werden die Methoden und jeweiligen Therapieziele zu den Bereichen 1. Haltung und Tonus, 2. Atmung, 3. Sprechmuskulatur, 4. Artikulation und Sprechen, 5. Stimme, 6. Kommunikation, 7. Dysphagie und 8. Interdisziplinäre Zusammenarbeit vorgestellt. Eine Materialsammlung und gute Literaturtips mit Kontaktadressen runden das Buch ab.
Die konkreten Beschreibungen der Übungen und methodischen Erfordernisse sind praxisnah und ergänzen bestehende Grundlagenwerke. Wichtige Hinweise oder Vorsichtshinweise speziell zum Phänomen der Muskelermüdung oder Überlastung des Patienten sind in umrandeten Blöcken herausgehoben. So werden auch spezielle Fragestellungen wie der Einsatz einer maschinellen Abhusthilfe („Cough assist“) erwähnt. Die Anregungen zur Therapie der Dysphagie sind aus der klinischen Erfahrung entwickelt sehr geeignet. Der Bereich der psychotherapeutischen Beratung und Begleitung findet kurz Erwähnung, könnte aber durch Auflistung typischer Gesprächs- und Beratungsthemen mit kurzen Hinweisen zum Umgang mit Problemstellungen des Patienten und der Angehörigen etwas erweitert werden. Erfordernisse der Interdisziplinarität und individueller Fragestellungen werden aber sehr systematisch beschrieben. Insgesamt liefert dieses Werk für den mit der Therapie von ALS-Patienten betreuten Therapeuten eine sehr gute Methodensammlung inklusive Herausstellung spezifischer Erfordernisse. Die Möglichkeit des Schulz-Kirchner Verlages, das Buch auch als pdf-Datei zum gleichen Preis downloaden zu können, erweitert die Verbreitungsmöglichkeit dieses spezifischen Kompendiums.
Peter Dicks, Aachen
2011, Schulz-Kirchner, Velagsort, 72 Seiten, broschiert, Preis 8,40 €,
ISBN 978-3-8248-0874-8
In diesem Ratgeber werden übersichtlich und in sachlicher Form grundlegende Kenntnisse und alltagspraktische Informationen zur Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) gegeben. Eingängig und prägnant stellen die Autorinnen, die erfahrene Logopädinnen mit einschlägiger Erfahrung in der Behandlung von ALS-Patienten sind, die Grundprinzipien im Umgang mit ALS dar. Im Mittelpunkt stehen die im Verlauf der fortschreitenden Erkrankung auftretenden Störungsbereiche, deren Symptomatik und jeweiligen Behandlungsmöglichkeiten klar erläutert werden. Auch werden medizinische Fachbegriffe, mit denen die Betroffenen und Angehörigen u.a. in Arztbriefen konfrontiert sind, verständlich erklärt. Gedacht ist dieses kompakte und lesenswerte Buch für Angehörige, Betroffene und Therapeuten. Sie finden schnell konkrete und umfassende Informationen zum Krankheitsverlauf und zum angemessenen Umgang mit der unheilbaren Erkrankung. Die Ratgeber-Reihe aus dem Schulz-Kirchner-Verlag wird damit um eine weitere nützliche Informationsquelle bereichert.
Stefanie Keppler, Hannover
2013, Rheinhardt, München, 158 Seiten, 29,90 €
ISBN 978-3497023660
Das Buch „Hunde in der Sprachtherapie einsetzen“ von Agnes Habenicht thematisiert erstmalig die Voraussetzungen und den Einsatz von Hunden in der sprachtherapeutischen Praxis. Dabei gliedert sich das Buch in 3 Teile: eine allgemeine Einführung in das Thema Therapiebegleithund, eine Darstellung der nötigen Voraussetzungen und Bedingungen für den Einsatz eines Hundes und dessen Bedürfnissen im therapeutischen Alltag und schließlich Praxisbeispiele, die den Einsatz bei Kindern und Erwachsenen beschreiben.
Die Einführung in das Thema Therapiebegleithund ist recht kurz gehalten (Kapitel 1). Schön wäre es gewesen, deutlich intensiver die verschiedenen Einsatzorte und Ziele im medizinisch-therapeutischen Bereich kennen zu lernen. Hier wären auch internationale Studien über den Gewinn beim Einsatz eines Therapiebegleithundes interessant.
Der 2. Teil (Kapitel 2, 3, 5) befasst sich mit zentralen Fakten zu den Rahmenbedingungen, damit ein Hund überhaupt eingesetzt werden kann. Es bietet wichtige Informationen über den Hund und seine benötigte Ausbildung und erscheint ausführlich und gelungen gestaltet. So wird der Leser, der über den Einsatz eines Therapiebegleithundes nachdenkt, gut vorbereitet. Es wird unter anderem auch klar dargestellt, wann der Einsatz eines Hundes nicht sinnvoll ist und davon Abstand genommen werden sollte. Ob jedoch alle Befehle, die ein Hund laut der Autorin für den Einsatz in der Sprachtherapie lernen sollte (z.B. einen Schnuller im Mund halten), hundgerecht und sinnvoll sind, mögen Hundekenner entscheiden.
Der 3. Teil hat mich – als nicht über den Einsatz von Therapiebegleithunden informierte Leserin – inhaltlich überrascht. Erwartet hatte ich eine Darstellung über den Einsatz von Hunden bei Patienten mit schweren Kommunikationsstörungen, z.B. Kindern mit Mehrfachbehinderungen oder Autismus und Erwachsenen mit schweren Sprachstörungen nach Insult oder Unfall. Erwartet hatte ich den Hund als Unterstützung im Bereich von Interaktion- und Kommunikationsaufbau. Diese Themen sind allerdings kaum Thema der Praxiskapitel 6 und 7. Hier wird vor allem der Einsatz in der klassischen Kindersprachtherapie, nämlich für die Gebiete Aussprachestörungen, Wortschatz und Grammatik, myofunktionelle, AVWS- und Legasthenie-Therapie vorgeschlagen, und in allen Fällen erfüllt der Hund die Rolle eines Verstärkers. So wird der Hund als Würfelnder eingesetzt oder das Kind darf dem Hund ein Leckerli geben, wenn es eine Aufgabe gut gelöst hat. Auch wird der Einsatz in der Stimmtherapie (Hundebefehle in der Atemgestützten Phonation nach Coblenzer) sowie in der Gedächtnistherapie beschrieben. Auch hier erfüllt er eine verstärkende Rolle. Es stellt sich die Frage, ob der Hund wirklich eine besondere Funktion erfüllt oder ob er einfach als eine Variante von Verstärker in der Therapie eingesetzt werden soll.
Das 4. Kapitel möchte über die Besonderheiten aufklären und beginnt mit einer Darstellung darüber, dass die Therapie mit einem Therapiebegleithund „ganzheitlich“ ist und somit über den Anteil Sprache hinausgeht. Ob solch eine ganzheitliche Herangehensweise bei jedem Patienten angebracht ist, kann aber in Frage gestellt werden. Es wird – leider unbelegt –festgestellt, dass Therapieziele schneller und besser erreicht werden, als ohne den Einsatz eines Hundes. Es wird ein „negativer Lernkreislauf“ dargestellt, der zeigt, dass z.B. die Unfähigkeit, einen Laut zu bilden, zu einer Kette von sensomotorisch-perzeptiven, sozio-emotionalen, und kognitiven Schwierigkeiten führt, die mit Hilfe des Hundes aufgebrochen werden kann. Diese Generalisierung liegt aus meiner Sicht nicht bei jedem Patienten vor.
Mein Fazit ist, dass das Buch einen guten Einblick in die Rahmenbedingungen für einen möglichen Einsatz eines Therapiebegleithundes gibt. Ob aber hier wirklich ein deutlicher Nutzen für den Patienten liegt, auch wenn einige Patienten sicher sehr positiv auf die Anwesenheit eines Hundes reagieren, bleibt dahingestellt.
Prof. Annette Fox-Boyer, Rostock
2012, Springer, Berlin Heidelberg, 5. Aufl., 282 Seiten, 34,95 €'
ISBN 978-3-642-24780-4
Das bereits in der vorigen Auflage sehr umfassende Buch über das, „was Stimmtherapeuten wissen sollten“, wurde um die Kurzbeschreibungen der Manuellen Stimmtherapie, der Erlanger Methode des Funktionalen Stimmtrainings und der Resonanzmethode ergänzt. Zu den beiden letztgenannten Methoden, der Atemrhythmisch angepasste Phonation und der Akzentmethode, werden Lesern des Buchs auf der Springer-Homepage kurze Videos zum Download angeboten. Um diese ansehen zu können, muss der Leser zunächst einen SpringerToken anfordern und sich dann als Kunde registrieren. Zum „Reinschnuppern“ kann bereits ein Video ohne die aufwändige Registrierung angesehen werden. In den Videos werden 10- bis 20-minütige Ausschnitte der Methoden an jungen, stimmlich unbeeinträchtigten Probanden demonstriert. Als Anschauungsmaterial für einige der im Buch erwähnten Stimmtherapiemethoden ist das eine interessante Zugabe, die noch durch weitere Methoden bereichert werden könnte. Im Kapitel Diagnostik wären für den Leser Audiobeispiele von gesunden und pathologischen Stimmen bestimmt noch eine zusätzliche, lehrreiche Ergänzung.
Das Buch an sich ist sehr gut geeignet, um sich eine gut strukturierte Übersicht über die Diagnostik und Therapie zu erarbeiten. Auch die personalen Anteile der Patienten wie Lebenssituation, Persönlichkeitstyp oder Krankheitswert und die Rolle der Therapeutin werden differenziert betrachtet. Aus den unterschiedlichen Beispielen und Erläuterungen spricht viel Erfahrung und Kompetenz der Autorin. Direkt einsetzbare Diagnostik- und Arbeitsmaterialien sind im Anhang angefügt.
Insofern kann ich das Buch uneingeschränkt als Einstiegswerk empfehlen, würde jedoch die Videos auf einer beigefügten CD eindeutig einer Onlineregistrierung beim Verlag vorziehen.
Peter Gramann, Hannover
2009, Schulz-Kirchner, Idstein, 411 Seiten, 38,- €
ISBN 978-3-8248-0644-7
Hilke Hansen, Logopädin und Soziologin, legt mit diesem Buch ihre Dissertation vor. In einer Feldstudie nahm sie über 5 Monate an logopädischen Therapien in einer Praxis teil, führte Gespräche und Interviews mit Logopädinnen, Patienten und deren Angehörigen und erstellte Videoaufnahmen, die sie von Therapeutinnen kommentieren ließ. Die so gewonnenen Daten bieten einen vielschichtigen Einblick in die logopädische Handlungspraxis. Der theoretische Rahmen der Studie wird von der Forschungstradition des Interaktionismus und der in dessen Folge begründeten Begriffs des Arbeitstyps geprägt. In Anlehnung an die „grounded theory“ zur Auswertung qualitativer Daten identifiziert die Autorin 4 zentrale therapeutische Arbeitstypen in der Logopädie: Kontaktarbeit, Ausrichtungsarbeit, Kooperationsarbeit und Veränderungsarbeit mit den dazugehörigen aufgabenbezogenen Arbeitsprozessen und Arbeitsmustern als grundlegende Dimensionen der Therapiearbeit zwischen Therapeutinnen und Patienten.
Die Arbeit ist von elementarer Bedeutung für die theoretische Fundierung der Logopädie. Die Vielschichtigkeit logopädischen Handelns auf der Basis impliziter Theoriemodelle wird durch die hier entwickelten Vorgehen und die daraus entwickelten Konzepte beschreibbar. Nicht zuletzt können diese entwickelten Kategorien für das Verständnis, die Reflexion und die Verbesserung des professionellen Vorgehens, z.B. in der Supervision der praktischen Ausbildung, genutzt werden.
Dieses Buch ist auch für Nicht-Forschende lesenswert. Das liegt an den eingestreuten Textstellen aus Interviews und Videoverschriftungen, die die einzelnen Kategorien plastisch werden lassen. So ist das Buch eine Fundgrube logopädischer Prinzipien und trägt mit dem soziologischer Blick seiner Autorin einmal mehr dazu bei, die Frage zu beantworten, was Logopädie eigentlich ist.
Prof. Dr. Ulla Beushausen, Hildesheim
Hörtraining für Einsteiger, Hörtraining für Fortgeschrittene, Musiktraining für Einsteiger
2013, hear-LIFE Care-Center, Starnberg, 3 CDs, 14,99 € pro CD
Hörtraining oder Hörtherapie ist seit Beginn der CI-Versorgung ein wichtiger Baustein der Hörrehabilitation. Manuale für CI [1] und Hörgeräteträger [2] wurden vorgestellt, sind aber immer als direkte angeleitete Therapie zu verstehen. Übungsmaterialien für Patienten, die sie in Eigenregie bearbeiten können, sind im deutschsprachigen Raum noch nicht sehr verbreitet.
Vom „hearLife Care Center“ sind jetzt speziell für frisch versorgte Cochlea-Implant-Träger Übungsmaterialien herausgebracht worden, die aus 3 CDs bestehen und mit konkreten Übungen zum besseren Verständnis mit dem neuen CI aufwarten.
Die erste CD hat einfache Übungen mit Zahlen und Wörtern, die erkannt und nachgesprochen werden müssen. Besonders wichtig sind dabei Differenzierungen zwischen Wörtern, die sich nur in einem Vokal oder einem Konsonanten unterscheiden. In der 2. Stufe werden dann lange Sätze vorgespielt, die wiederholt werden müssen, die Schwierigkeit der Höraufgaben steigt an. Dabei werden auch Sätze im (leisen) Störgeräusch präsentiert, also Bedingungen des normalen Alltags nachgestellt. Amüsante Gedichte und eine kurze „Kriminalgeschichte“ runden das Angebot ab und lockern es auf. Der 3., besonders interessante Teil arbeitet dann mit Musik: Lautheits- und Tonhöhenunterschiede müssen erkannt werden, Melodiefolgen werden vorgespielt und sollen zugeordnet werden. Weiter gibt es Rhythmusübungen und schließlich Unterscheidungen bestimmter Musikinstrumente, teilweise auch zusammenspielend. Der Übende hat ein Aufgaben- und ein Lösungsheft und kann so sehr gut seine Lernerfolge erfahren und kontrollieren.
Das CD-Programm erscheint gut durchdacht und ist von CI-Versorgern für CI-Patienten entwickelt. Die einzelnen Aufgaben bauen gut aufeinander auf, die Aufgaben sind lösbar und entsprechen damit auch den normalen Kommunikationsanforderungen der CI-Träger. Besonders positiv fällt die Verwendung von Musikbeispielen auf, auch diese sind einfach, die Aufgaben erscheinen zumindest mit Übung lösbar. Auch für Hörgeräteträger mit mittel- oder hochgradiger Schwerhörigkeit sind diese Beispiele besonders in der Anfangsphase der Hörgeräteversorgung sicher sinnvoll einzusetzen. Wir kommen damit der Forderung näher, nicht nur Geräte anpassen zu können – seien es Implants oder Hörgeräte – sondern auch konkrete Übungsaufgaben zu vermitteln und somit die Anpassungen hörtherapeutisch [3] begleiten zu können. Dennoch sind für viele, gerade erweiterte Anforderungen und Fragestellungen auch Hörtherapeuten für die Nachbetreuung der Patienten erforderlich. Die CDs sind dann eine gute zusätzliche Erweiterung, zumal sie mit einem Preis von 14,99 € pro CD auch erschwinglich sind.
Literatur
Prof. Dr. Gerhard Hesse, Bad Arolsen
2009, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein,
184 Seiten, kartoniert, 30,95 €
ISBN 978-3-8248-0317-0
In der Serie „Dysphagieforum“ des Schulz Kirchner ist der 5. Band mit dem Titel „Evidenzentwicklung in der Dysphagiologie: Von der Untersuchung in die klinische Praxis“ erschienen. Die Herausgeber S. Stanschus und A. Hofmayer wollen mit diesem Band, der sich zum 3. Mal mit den Vorträgen des Karlsbader Dysphagie Forums beschäftigt, einen Überblick über die maßgebenden Denkansätze in der klinischen Dysphagiologie geben.
In dem Buch sind Artikel verschiedener Autoren vereinigt, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Diagnostik und Therapie von Schluckstörungen beschäftigen. Verschiedene Übersichtsartikel versuchen den derzeitigen Stand der Forschung abzubilden. Stephanie K. Daniels gibt eine Übersicht über die Möglichkeiten und die Evidenz verschiedener Diagnostikverfahren im Rahmen Schlaganfallerkrankungen. Magie-Lee Huckabee beschreibt sehr anschaulich die Entwicklung einzelner Rehabilitationsansätzen und gibt dabei einen sehr guten Überblick über den derzeitigen Forschungsstand und die Evidenzgrade.
In mehreren Artikeln werden Grundlagen zur Physiologie des Schluckens aufgearbeitet. Stephanie K. Daniels beschreibt sehr anschaulich die Schluckphysiologie bei einem Schluck mit einem Strohhalm. In diesem Rahmen passt die Arbeit von Corinna Steele, die ihre interessanten Forschungsergebnisse zu Zungenbewegungen beim Schlucken vorstellt.
Weitere Artikel beschäftigen sich mit dem in Zukunft immer wichtiger werdenden Ansatz, die Umsetzung von Therapiemethoden in die Praxis zu prüfen. Hans Bogaardt überprüft in einem Kostenvergleich die Kosten einer Sondenernährung gegen die Kosten verschiedener Therapieverfahren. Als günstigste Lösung wird eine Behandlung durch Therapeuten ermittelt. Allerdings ist unverständlich, warum er im Widerspruch zu dem Buchtitel nur Therapiemethoden ohne einen Evidenznachweis für seine Vergleiche heranzieht.
Einen sehr interessanten Ansatz hat die Arbeit von Nicole Büßelberg, die von einem Qualitätssicherungsprojekt zur Prävention von Aspirationspneumonien bei Schlaganfällen berichtet. Dieses Projekt eröffnet eine einfache Methode zur Therapiekontrolle, die sowohl in Akut- als auch Rehabilitationskliniken installiert werden kann. Leider orientiert sich die Präsentation der wissenschaftlichen Daten nicht an notwendige Standards; Methoden und Ergebnisse werden nicht deutlich von der Diskussion abgegrenzt, die Präsentation der Daten lässt z. B. die Standardabweichung und die Benennung von Einheiten bei den Grafiken vermissen. In einer weiteren Übersichtsarbeit wird nochmals der allgemeine Stellenwert der Pneumonie in der Bewertung von Therapieverfahren zur Dysphagie untersucht. Es zeigt sich, dass es ein einfacher Parameter ist, der auch bei den unterschiedlichsten Therapieansätzen zu validen Ergebnissen führen kann.
In dem vorliegenden Buch sind Artikel von sehr unterschiedlichem Schwerpunkt und Qualität vereint worden. Dabei kann ein Zusammenhang der Artikel zur im Titel angekündigten „Evidenzentwicklung in der Dysphagiologie“ nicht immer hergestellt werden. Die Übersetzung einzelner Artikel aus dem Englischen ist in vielen Teilen zu sehr am englischen Original verblieben und erschwert das Lesen und die Verständnis zum Teil erheblich. Das im Vorwort angekündigte Glossar übertragener englischer Begriffe fehlt.
Die Bände des Dysphagieforum richten sich vor allem an Therapeuten. Es bleibt unverständlich, warum in den Artikeln nur Sprachtherapeuten angesprochen werden. Dies entspricht als Übersetzung nur unzureichend der Berufsbezeichnung „speech therapist“ und ist auch eine überflüssige Einschränkung der deutschsprachigen Leserschaft, an die sich der Band richtet. Das Buch kann dem interessierten Therapeuten empfohlen werden, der in verschiedenen Arbeiten gute Übersichten zu einzelnen Themen und der Grundlagenforschung erhält.
Dr. med. Rainer O. Seidl, Berlin
1. Auflage 2010, Demosthenes Verlag / Bv Stotterer-Selbsthilfe, Köln, ca. 70 min, 8,50 €
ISBN 978-3-921897-55-3
Erfahrungs- und Erfolgsberichte anderer Betroffener sind für einen stotternden Menschen häufig interessant, motivierend und hilfreich. Besonders wenn diese Berichte von Therapeuten oder Wissenschaftlern geschrieben wurden, die sich mit dem Stottern intensiv auseinandergesetzt haben und selbst Betroffene waren oder sind. Diese Sammlung verschiedener amerikanischer Stotterexperten ist schon seit 1978 in Form eines Buches erhältlich.
Neu ist die Herausgabe als Hörbuch: 11 der 24 Erfahrungs- und Therapieberichte wurden ausgewählt, z.B. von Charles von Riper, Lon L. Emerick oder Dean E. Williams. Sehr eindrücklich vorgetragen werden diese Texte von dem Schauspieler Andreas Brucker, der selbst gestottert hat.
Vielen Stottertherapeuten wird das Buch bekannt sein, dennoch ist es auch für den Kenner eine abwechslungsreiche Auffrischung und ein interessantes Erlebnis, die Eindringlichkeit der Expertenmeinungen vorgetragen zu bekommen. Das Hörbuch ist somit eine Empfehlung für Stottertherapeuten und Betroffene.
Birte Ripken, Hannover
2008, Median, Heidelberg, 352 Seiten, 19,80 €
ISBN 978-3-922766-96-4
Das Buch „Bildung im Dialog“ gibt einen Ein- und Überblick in die sehr unterschiedlichen Möglichkeiten der Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche mit Hörschädigung – von der Frühförderung bis zum Schulabschluss. Die fachwissenschaftliche Auseinandersetzung des „Dialogs“ steht dabei im Mittelpunkt. Eine Vororientierung über den Inhalt bieten die Herausgeber dem Leser durch die Gliederung des Werkes in drei Teile.
Teil A „Vertrauen und Verantwortung von Anfang an“ wird eröffnet mit einem Dialog von Horsch und Ch. Bischoff. Dieser reflektiert einleitend über Veränderungen in der Sicht des Spracherwerbs in den zurückliegenden Jahren, ohne früher gewonnene Erkenntnisse (Voit) auszublenden. Dieser Dialog ist gleichermaßen eine Einführung in das Thema bzw. in das Buch. Im Weiteren folgen Beiträge von Horsch zu frühkindlichen und vorschulischen Bildungsprozessen (für die Leser von Sprache Stimme Gehör sei auf Ausführungen zur Motherese, Fatherese und Teacherese verwiesen) sowie einer deutsch-finnischen Arbeitsgruppe, die vorzugsweise Ergebnisse aus Finnland diskutiert. Leonhardt erörtert die CI-Versorgung von Kindern gehörloser Eltern. Abschließend stellt S. Bischoff die Umsetzung einer dialoggeleiteten pädagogischen Audiologie an der Beratungsstelle Hegau-Bodensee vor.
Teil B widmet sich dem „Paradigmenwechsel in Fragen der Hörgeschädigtenpädagogik“. In diesem werden aktuelle Veränderungen in der Hörgeschädigtenpädagogik einschließlich des Wertewandels dargestellt. Hier erfolgt verstärkt – wenn auch nicht ausschließlich – eine Orientierung auf den schulischen Bereich (betrifft die Beiträge von Horsch, Jacobs und Schulze). Der Beitrag der Finnin Poussu-Olli widmet sich den Auswirkungen einer Hörschädigung auf die Entwicklung der Sprechfähigkeit, Sprache und Kommunikation bei Kindern und dürfte daher für die Leser vorliegender Zeitschrift von unmittelbarem Interesse sein.
Die Übertragung und Anwendung auf die Schule erfolgen im 3. und letzten Teil der Veröffentlichung. Eingeleitet wird dieser mit einem Beitrag von Horsch zur Erziehung. Es folgen zwei Aufsätze zur Integration/Inklusion hörgeschädigter Schüler in allgemeinen Schulen, wobei das „Modell der Außenklassen“ zukunftsweisend scheint. Unmittelbar didaktische Informationen bieten die Beiträge von S. Bischoff oder Günther sowie Huck/Stecher, die dialogische Aspekte der Unterrichtsgestaltung in den Mittelpunkt stellen. Diese drei Beiträge dürften für Lehrer von besonderem Wert sein. Mit einer weiteren Form der praktischen Umsetzung des Dialogs, nämlich im Rahmen eines Streitschlichterprogramms, beschäftigen sich Harter/Kring/Göpfrich.
Die Publikation ist eine Zusammenschau der aktuellen Diskussion zum Thema „Bildung“, wobei dem Dialog bzw. der dialogischen Gestaltung von Kommunikationsprozessen die Priorität eingeräumt wird. Es richtet sich vorzugsweise an Pädagogen, die mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen arbeiten.
Ebenfalls im Median-Verlag erschienen:
M. Hintermair, C. Tsirigotis (Hrsg.) Wege zu Empowerment und Ressourcenorientierung in der Zusammenarbeit mit hörgeschädigten Menschen. Heidelberg: Median 2008, 264 Seiten, 26,00 €, ISBN 978-3-922766-98-8
Prof. Dr. Annette Leonhardt, München
2008, Median-Verlag, Heidelberg, 112 Seiten, kartoniert, 18,50 €
ISBN 978-3-922766-99-5
Diskussionen um Segregation, Integration und Inklusion bewegen die Hörgeschädigtenpädagogik seit vielen Jahrzehnten. Während Segregation in abgetrennten Bildungseinrichtungen im Gegensatz zu anderen Behinderungen nur mehr etwa 1/3 der Hörgeschädigten betrifft, erlaubt Integration heute mit Hilfe sonderpädagogischer Unterstützung mehrheitlich den Besuch einer Regelschule. Mit dem Begriff der Inklusion werden qualitative und konzeptionelle Veränderungen einer als defizitär empfundenen, nicht weit genug gehenden Praxis der Integration beschrieben.
Das Buch bietet eine praxisorientierte Anregung zur Auseinandersetzung mit diesem Thema. In Stegen bei Freiburg im Breisgau realisierte das Bildungs- und Beratungszentrum für Hörgeschädigte (BBZ) in den letzten Jahren eine umfassende, wohnortnahe Förderung hörgeschädigter Schülerinnen und Schüler an verschiedenen Orten. Die vermehrte Bildung solcher Außenklassen an allgemeinen Schulen zeigt Möglichkeiten einer Dezentralisierung und Regionalisierung der sonderpädagogischen Angebote und Fördermaßnahmen.
Der Schwerpunkt der Beiträge von Fachautoren und auch Eltern, die meist innerhalb, aber auch außerhalb des BBZ Stegen in diesen Schulentwicklungsprozess eingebunden sind, liegt in der Darstellung der praktischen Umsetzung dieses neuen Ansatzes. So werden eingehend die historische Entwicklung, die Inhalte der Diskussion um Integration und Inklusion in der Hörgeschädigtenpädagogik, ihre Voraussetzungen und Organisationsformen in kooperativen und integrativen Außenklassen dargelegt. Auch, welche Chancen Inklusion für nichthörgeschädigte Schüler, Eltern und Lehrer bietet. Ausführlich legen Hörgeschädigten- und Regelschulpädagogen in Außenklassen und Eltern betroffener Schüler ihre Erfahrungen dar. Auch das subjektive Integrationserleben hörgeschädigter Grundschüler in den Außenklassen wird analysiert. Das Buch gibt damit einen vielfältigen, gleichermaßen für Pädagogen wie Nichtpädagogen interessanten Einblick in den aktuellen Stand dieses sonderpädagogischen Entwicklungsprozesses.
Prof. Dr. med. Peter Kummer, München
2008, Hans Huber, Bern, 169 Seiten, kartoniert, 29,95 €
ISBN 978-3-456-84605-7
Monographien über Mehrsprachigkeit gibt es inzwischen viele und doch fehlen solche zu Sprachproblemen bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern. Das Erscheinen dieses Buches ist deshalb zu begrüßen.
Die Autorin setzt sich im vorliegenden Buch mit theoretischen und praktischen Aspekten von Mehrsprachigkeit auseinander. Im ersten Teil werden Grundbegriffen erläutert, es wird ein Überblick über verschiedene Arten des Zweispracherwerbs gegeben, die Bedeutung der Muttersprache betont und Risikofaktoren für sowie Folgen von Störungen beim Zweispracherwerb benannt. Die Forderung „Eine Person – eine Sprache“ wird als zentrale These des Buches ausführlich begründet und andere Modelle mehrsprachiger Erziehung, wie z.B. die Einigung auf eine Familiensprache, werden als wesentliche Ursache für Sprachprobleme angesehen. Im zweiten Teil wird auf Diagnostik, Therapie und Prävention von Sprachstörungen bei Mehrsprachigkeit eingegangen und das konkrete Vorgehen mit Fallbeispielen verdeutlicht. Ein ausführlicher Anhang enthält ein Informationsblatt für Eltern, einen von der Autorin entwickelten Diagnostikbogen in 18 Sprachen und ein Glossar mit Erläuterung wichtiger Begriffe.
Das Buch ist gut strukturiert, übersichtlich gestaltet und flüssig geschrieben. Klare und einfache, stellenweise vielleicht zu einfache Erklärungen und Lösungen werden gegeben. Die Komplexität der Problematik, die Variabilität von Entwicklungswegen und Wissenslücken werden allerdings nicht thematisiert und einige der zentralen Thesen müssen als überholt angesehen werden. Auch sind die empfohlenen, selbst entwickelten Verfahren zur Diagnostik und Therapie hinsichtlich ihrer Verlässlichkeit bzw. Wirksamkeit nicht überprüft. Insgesamt handelt es sich aber um ein lesenswertes Buch, das all denen, die zweisprachig aufwachsende Kinder mit Sprachauffälligkeiten betreuen, viele Anregungen geben kann.
Prof. Dr. med. Waldemar von Suchodoletz, München
2009, Demosthenes Verlag der Bundesvereinigung der Stotterer-Selbsthilfe e.V., Köln, 52 Seiten, 7,60 €
ISBN 978-3-921897-54-6
Mit großer Erwartung habe ich das Buch von Mona Jüntgen gelesen, die selbst stotterte und Mutter eines stotternden Kindes ist, denn zum 1. Mal stellt ein jüngeres stotterndes Mädchen die Protagonistin in einer Erzählung dar. Die Geschichte handelt von Lissi, einem 7-jährigem Mädchen, das sich wegen ihres Stotterns in der Schule nicht am Unterricht beteiligt und keine Freunde hat. Später lernt sie Melanie kennen und deren stotternden Vater, der selbstbewusst mit dem Stottern umgeht und für sie zum Vorbild wird. Die beiden Mädchen werden Freundinnen und feiern am Ende gemeinsam Lissis Geburtstag. Ermutigt wird Lissi außerdem von ihren Eltern und einer Logopädin.
Die Geschichte hat einen einfachen Handlungsbogen und ist nach meinem Eindruck für 6-9-jährige Kinder geeignet. Etwas unrealistisch finde ich den großen Wunsch einer 7-Jährigen nach einer Puppe, die eine wichtige Rolle in der Erzählung spielt. Die Autorin hat ein sehr persönliches Buch geschrieben, das stotternde Mädchen ermutigen soll, trotz vorhandener Sprechängste auf andere zuzugehen und den Mut zum Sprechen aufzubringen. Das ist ihr gelungen.
Nicola Friedel, Hannover
2012, Ernst-Reinhardt, München, Basel, 156 Seiten, 46 Abb., 3 Tab., 24,90 €
ISBN 978-3-497-02263-2
Mit diesem Buch möchte die Autorin neben Fachleuten und Studierenden aus dem Bereich der Sprachtherapie auch Eltern einen Einstieg in das Thema ermöglichen und die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der Unterstützten Kommunikation aufzeigen. Ausgehend von einer Begriffsklärung werden grundlegende Prinzipien und mögliche Zielgruppen beschrieben.
Das Diagnostikkapitel listet ausgewählte Verfahren zur differenzierten Einschätzung der sprachlich-kommunikativen Kompetenzen bei Kindern mit sogenannten komplexen Erscheinungsbildern auf und geht auf Besonderheiten der Diagnostik ein. So muss möglicherweise das Material auf andere Sinnesmodalitäten übertragen werden oder es kommen angepasste Verfahren zum Einsatz, wie z.B. der SETK-2 in einer adaptiven Version von Aktas (2004) als Sprachtests für Kinder mit Trisomie 21.
Ein Kapitel beschäftigt sich mit Therapieansätzen, die den Lautspracherwerb fördern. Hier bleibt unklar, nach welchen Gesichtspunkten die Methoden ausgewählt wurden. Darüber hinaus ist die stark verkürzte Darstellung der McGinnis Methode wenig informativ.
Die spezifischen Verfahren der Unterstützten Kommunikation werden ausführlich beschrieben, so z.B. die Vokabularauswahl oder das Anlegen von Kommunikationsbüchern. Auch für Kinder mit herausforderndem Verhalten, wie z.B. Kooperationsverweigerung oder Aggressionen eignen sich Formen der Unterstützten Kommunikation. Symbole und Bilder lassen sich beispielsweise zum Verdeutlichen von Gesprächsregeln oder zum Darstellen des Therapieablaufs verwenden.
Die Autorin geht ausführlich auf die Elternberatung ein und gibt Empfehlungen für die Umsetzung der Unterstützten Kommunikation im Alltag.
Alle Kapitel enthalten Hinweise zum Vertiefen des Themas, z.B. Adressen von Verbänden, Fortbildungsmöglichkeiten und weiterführende Literatur. Einzelne Materialien, z.B. Fotos zu den PMS-Lauthandzeichen gibt es als kostenlosen Download beim Verlag.
Anhand von zehn didaktisch sehr gut aufbereiteten Fallbeispielen verdeutlicht die Autorin, wie sie Elemente der Unterstützten Kommunikation in der Sprachtherapie einsetzt, z.B. bei Autismus-Spektrum-Störungen, bei Mutismus oder auch bei schweren spezifischen Sprachentwicklungsstörungen.
Auch Fragen zur konkreten Umsetzung in der Praxis werden aufgegriffen, unter anderem das benötigte Material oder die Beantragung von Hilfsmitteln. Eine umfangreiche Literaturliste bildet den Abschluss.
Alles in allem ein sehr empfehlenswertes Buch, um sich einen Überblick über das komplexe Thema zu verschaffen. Fachleute aus dem Bereich Sprachtherapie können es als Nachschlagewerk oder als Ideenfundus nutzen. Teilweise fehlen Hinweise, nach welchen Kriterien die dargestellten Methoden ausgewählt wurden. Trotz dieser kleinen Einschränkung regen die gute Lesbarkeit und die anschauliche Aufmachung zur Umsetzung in die Praxis an.
Heike Dzubiel, Norderstedt
2011, UTB, Stuttgart, 1. Aufl., 112 Seiten, Preis 12,90 €
ISBN 978-3-825-23567-3
Das in der Reihe UTB Profile erschienene Buch von Inge Kamp-Becker und Sven Bölte gibt auf 104 Seiten einen dichten Überblick über historische Aspekte und die aktuelle Definition des Begriffes Autismus, ätiologische Überlegungen, diagnostische Schritte und therapeutische Optionen. Als knapp gefasstes Taschenbuch richtet es sich offenbar nicht primär an Psychologen und Ärzte, sondern an Therapeuten, Pädagogen oder einfach Menschen, die sich für das Thema interessieren. Durch die Gliederung ist es angenehm überschaubar und zügig zu lesen. Leider bleiben die Kapitel zu Symptomatik, diagnostischen Kriterien und Komorbiditäten sowie dem aktuellen Forschungsstand hinter dem in der Einführung formulierten Anspruch der Autoren deutlich zurück. Für einen mit dem Thema nicht vertrauten Leser sind die geringfügig unterschiedlichen Definitionen des DSM-IV bzw. ICD-10 wenig interessant. Bedeutender ist – wie auch von den Autoren hervorgehoben, dann aber kaum ausgeführt – die Differenzierung von „low-functioning-Autismus“ einerseits und „high-functioning-Autismus“ andererseits. Aus neuropädiatrischen Blickwinkel ist der Begriff Komorbiditäten in Bezug auf einige in Zusammenhang mit Autismus auftretende Erkrankungen problematisch, da die Autoren hier neben echten Begleiterkrankungen auch für den Autismus ursächliche Störungen wie genetische Erkrankungen aufführen. Ein Hinweis auf weitere behandelbare Stoffwechselerkrankungen, z.B. Folatrezeptordefekt oder Störungen des zerebralen Kreatinstoffwechsels, die zu einem Autismus führen können, fehlt. Auch die Darstellung des aktuellen Forschungsstandes verwirrt eher, indem umständlich Neuerungen im DSM-V im Vergleich zum DSM-IV dargestellt werden und darüber neurobiologische Erkenntnisse nur am Rande berührt werden.
Die Stärke des Buches liegt in den Ausführungen zur phänomenologischen Diagnostik („Wie erkennt man Autismus?“) und zur Therapie. Hier gelingt den Autoren eine plastische Darstellung, die hilfreich zur Eingrenzung des Verdachts auf Vorliegen einer autistischen Erkrankung sein kann und auch einen guten Überblick zu modernen therapeutischen Konzepten und der Prognose im Erwachsenenalter bietet. Somit kann das Buch therapeutisch oder pädagogisch interessierten Lesern empfohlen werden, die sich scheuen, entsprechende Informationen selbst aus dem Internet zu recherchieren.
Dr. med. Hans Hartmann, Hannover
2011, Schattauer, Stuttgart, 1. Aufl., 212 Seiten, 69 Abb., kart., Preis 24,95 €
ISBN 978-3-7945-2846-2 (Print), 978-3-7945-6675-4 (eBook)
Dieser Ratgeber zum Thema Schwerhörigkeit und Tinnitus wendet sich nicht allein an Betroffene sondern ausdrücklich auch an Personen des familiären und sozialen Umfelds. Einleitend stellt die Autorin, die in Berlin eine HNO-Facharztpraxis betreibt und insofern für diese Thematik besonders prädestiniert ist, Grundlagen der Akustik dar, soweit sie für das Verständnis der folgenden Kapitel erforderlich sind. Es schließt sich eine allgemein verständliche Darstellung des Aufbaus und der Funktion des menschlichen Gehörs an; zur Innenohr- und Hörnervenfunktion gibt es ein ergänzendes Kapitel im Anhang. Dann wird erläutert, welche Untersuchungen und Hörtests der Patient beim HNO-Arzt zu erwarten hat und welche Arten der Schwerhörigkeit auftreten können. Im folgenden Abschnitt werden der aktuelle Entwicklungsstand herkömmlicher und implantierbarer Hörhilfen sowie deren Indikationsgebiete dargestellt. Unter dem Titel „Die Welt der Stille“ folgt ein separates Kapitel zum Thema Gehörlosigkeit, in dem auch auf alternative Kommunikationsformen eingegangen wird. Die beiden letzten Kapitel sind dem akuten und dem chronischen Tinnitus und dessen Behandlung gewidmet. Ein Literaturverzeichnis, einschlägige Internetadressen sowie ein Sachverzeichnis runden das Buch ab. Alle Kapitel sind, wie es sich für einen Ratgeber gehört, reichlich mit Fallbeispielen, praktischen Hinweisen und Tipps versehen.
Insgesamt ist es der Autorin gut gelungen, das Fachwissen auf das Niveau der Leserzielgruppe zu transformieren. So ist z.B. auch der Hinweis zu begrüßen, dass es sich bei der altersbegleitenden Hörstörung um eine Summation der im Laufe des Lebens erworbenen Hörschäden unterschiedlicher Genese handelt und nicht um einen automatischen, unabänderlichen Prozess, wie es der Begriff der Alterschwerhörigkeit implizieren mag. Dies entspricht dem aktuellen Verständnis vom Altershören und ist eine wichtige Präventionsbotschaft für die breite Öffentlichkeit, speziell für die Generation der MP3-Hörer. In diesem Kontext hätte man noch auf die besondere Bedeutung der genetischen Prädisposition hinweisen können, auf die man – anders als beim Umgang mit exogenen Noxen – leider keinen Einfluss hat.
Die Vereinfachungen von Sachverhalten und die Einführung von Abstraktionen sind bei einem Ratgeber wie dem vorliegenden sicher erlaubt und zum besseren Verständnis vielfach auch erforderlich. Trotzdem hätte man sich einen sorgfältigeren Umgang mit dem Begriff „Lautstärke“ gewünscht, der synonym für den Schalldruckpegel verwendet wird. Schließlich mutet die Autorin dem Leser auch den Begriff „Frequenz“ zu und weicht hier nicht auf eine Empfindungsgröße aus. Auch ist die Behandlung des Stapediusreflexes im Falle einer Innenohrschwerhörigkeit wie auch die Darstellung der Kausalität bei der Entstehung von otoakustischen Emissionen nicht ganz schlüssig. Doch alles in allem erfüllt das Ratgeberbüchlein von Karin Kippenhahn seinen Zweck, Menschen mit Hörproblemen und deren persönliches Umfeld sachgerecht und doch verständlich zu informieren. Damit ist das vorliegende Buch eine gute Informationsquelle primär für alle, die selbst unter Hörproblemen leiden. Aber auch Familienangehörige und soziales Umfeld können von der Lektüre profitieren für den Umgang mit Menschen mit Hörstörungen und für deren Verständnis. Schließlich kann das Buch auch allen Berufsgruppen empfohlen werden, die mit der Betreuung und Beratung schwerhöriger Personen befasst sind. Sei es, um sich mit Sachverhalten und Hintergrundwissen rund ums Hören vertraut zu machen oder um sich geeignete Erläuterungs- und Beratungsstrategien für die tägliche Praxis anzueignen, die die Autorin hier anbietet.
Prof. Dr. Jürgen Kießling, Gießen
2012, Schulz-Kirchner, Idstein, 4. überarb. Aufl., 63 Seiten, 17. Abb., 8,40 €
ISBN 978-3-8248-0438-2
Der Ratgeber „Myofunktionelle Störungen“ ist 2012 in der 4. überarbeiteten Auflage erschienen. Neuerungen findet man u.a. in der farblichen Gestaltung und im Coverbild sowie in den Informationen zur Schnulleranwendung bei Kleinkindern (S. 27).
Das Heft informiert durch Fragen und Antworten über das Erscheinungsbild und mögliche Ursachen einer myofunktionellen Störung. Dabei werden alle wichtigen Problembereiche kurz und allgemein verständlich dargestellt und ein Fokus auf die korrekte Zungenruhelage, den Mundschluss und ein korrektes Schlucken gelegt. Hier werden dem Leser durch sog. Experimente die zuvor oder anschließend dargestellten Funktionszusammenhänge durch Selbsterfahrungen verdeutlicht.
Darauf aufbauend werden Spiele, Motivationshilfen und Hausaufgabentabellen als Unterstützungsmöglichkeiten für jede Altersgruppe angeboten, wobei die Übungsbehandlung für Schulkinder als größte Gruppe in der logopädischen Praxis (S. 36) den Hauptteil der Beschreibung einnimmt. Hier findet sich ganz klar das myofunktionelle Therapiekonzept nach Kittel [Kittel A. Myofunktionelle Therapie. 10. Aufl. Idstein: Schulz Kirchner; 2011] wieder. Erstaunlicherweise werden keine weiteren Behandlungsmöglichkeiten oder Therapiemethoden erwähnt, bis auf „Massagen“ bei Kleinkindern und Säuglingen (S. 58). Werden Eltern und Betroffene in der Praxis mit weiteren Methoden konfrontiert, finden sie in diesem Ratgeber keine Informationen hierzu. Der Aufbau ist zudem in seiner Stringenz nicht immer nachvollziehbar und lässt eine wissenschaftliche Herangehensweise vermissen.
Zu Beginn werden hohe Erwartungen geweckt, wenn fast alle Personengruppen mit orofazialen Störungen (z.B. Spaltbildung oder Morbus Down-Syndrom) und Dysphagien angesprochen werden. Diese werden nicht erfüllt im Hinblick darauf, dass der Fokus auch laut Titel eindeutig bei myofunktionellen Störungen liegt. Damit richtet sich das Heft ausdrücklich nicht an Fachleute oder Schüler/ Studenten der Logopädie und Sprachtherapie. Wer eine vorherige Auflage nicht besitzt, für den könnte es eine Überlegung wert sein, ihn in Auszügen zur Unterstützung der häuslichen Übungen bei der MFT n. Kittel (2011) anzuwenden. Bei anderen orofazialen Störungen oder Therapiemethoden ist eine Beratung durch entsprechende Fachärzte und/oder Logopäden und Sprachtherapeuten notwendig.
Wenke Walther, Hannover
2011, Schulz-Kirchner, Idstein, 10. überarb. Aufl., 179 Seiten, Preis 19,99 €
ISBN 978-3-824-80400-9
Auch in der 10. Auflage ihres Therapieprogramms zur Behandlung myofunktioneller Störungen (MFS) wird Anita M. Kittel (Logopädin in Reutlingen) ihrer Absicht, „ein Therapiebuch aus der Praxis für die Praxis herauszugeben“ gerecht.
Einem einführenden Diagnostikteil (inklusive Befund- und Anamnesebogen) folgen Erläuterungen zu möglichen Ursachen einer MFS sowie orofazialen Störungsbildern, bei denen eine Behandlung nach dem vorliegenden Konzept sinnvoll ist. Der Hauptteil des Buches widmet sich der Therapie: Neben Übungen zur Mundmotorik und einem Schlucktraining bezieht die Autorin auch die Bereiche Atmung und Gesamtkörper ein. Dem zentralen Thema „Zungenruhelage“ wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Das umfassende Übungsprogramm ist gut verständlich und klar strukturiert aufgebaut. Alle Übungen werden detailliert beschrieben und Wichtiges hervorgehoben, sodass das Programm auch für Therapieanfänger gut geeignet ist. Zudem gibt die Autorin immer wieder Beispiele zur kindgerechten Durchführung. Ergänzt und veranschaulicht werden die Anleitungen durch Fotos und Übungstabellen. Einzig der Bereich „Automatisierung“ bedürfte für die praktische Umsetzung einer detaillierten Vorgehensbeschreibung. Kontextthemen wie „Elternmitarbeit“ (kurz) und „Dyslalietherapie“(ausführlich) werden im abschließenden Kapitel berücksichtigt.
Wirklich neu ist in der aktuellen Überarbeitung des MFT-Konzepts im Vergleich zu vorherigen Auflagen allerdings nur Weniges. Neben einigen ansprechend gestalteten Körperübungen und Lautanbahnungsmethoden zur S- und SCH-Lautbildung gibt die Autorin Hinweise zu aktualisierten Downloads und ein in Kürze erscheinendes Therapieprogramm für 4-7-jährige Kinder. Die Themen „Motivation“ und „Hausaufgaben“ finden kaum bzw. zu wenig Beachtung. Diese sind aus meiner Erfahrung für den Therapieerfolg jedoch von großer Bedeutung. Auch Übungen zur oralen Wahrnehmung wären eine sinnvolle Ergänzung.
Fazit
Insgesamt ist die „Myofunktionelle Therapie“ von Anita M. Kittel seit ihrem Erscheinen vor ca.15 Jahren eine Bereicherung für die Praxis und ein Standardwerk in der Behandlung myofunktioneller Störungen.
Magrit Schröder, Hannover
2012, Herbert Utz, München, 126 Seiten, 29,00 €
ISBN 978-3-8316-4153-6
Wie unterschiedlich doch Erfahrungen sein können: Auf dem Klappentext des Buches liest man: „Du beschäftigst dich mit dem Thema ‚Schwerhörigkeit’? Interessant. Sprichst du denn Gebärdensprache? Fällt im alltäglichen Gespräch der Begriff ‚Schwerhörigkeit’ wird er meist ohne Umwege mit ‚Gehörlosigkeit’ assoziiert ...“. In meiner langjährigen fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit „Schwerhörigkeit“ und „Gehörlosigkeit“ löste der Begriff „Schwerhörigkeit“ in alltäglichen Gesprächen mit Außenstehenden oder Fachfremden stets „lautes Sprechen“ und nur „Gehörlosigkeit“ die Assoziation Gebärdensprache aus.
Das vorliegende Buch ist die veröffentlichte Fassung einer Magisterarbeit aus dem Fachbereich der Ethnologie. Da nahezu zeitgleich mehrere Arbeiten aus ethnographischer Sicht mit dem Thema „Hörschädigung“ erschienen [Bisgaard 2008, Erhardt 2010, Uhlig 2012], möchte man fast meinen, dass die Ethnologen die Hörgeschädigten „entdeckt“ haben. Hörschädigung und Hörgeschädigte unter ethnografischen Gesichtspunkten zu betrachten, hat einerseits einen gewissen Reiz und kann andererseits Fächern, die sich von ihrem fachlichen Auftrag her damit beschäftigen – beispielsweise Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik, HNO-Heilkunde oder Pädaudiologie – Denkimpulse geben.
Der Aufbau des Buches entspricht der grundsätzlichen Gliederung einer Magisterarbeit (Ausgangsanalyse, Forschungsdesign, Ergebnisdarstellung, Diskussion). Nach einem Einstieg über die Bedeutung des Hörens aus Sicht der Hörgeräteindustrie und Betroffener (Kapitel 1), folgen Erörterungen über Hörschädigung aus Sicht der Volkskunde (Kapitel 2). Dazu werden 3 Veröffentlichungen [Fink 1995, Bisgaard 2008 und Erhardt 2008] herangezogen. Dass die Publikation von Fink auf dem Erkenntnisstand von Anfang der 90er Jahre basiert, wird dabei nicht reflektiert.
Das Kapitel 3 bildet mit der Bestimmung von „Schwerhörigkeit“ als medizinisch-audiologischer, als juridischer und als sonderpädagogischer Begriff sowie eine abschließende Betrachtung von „Schwerhörigkeit“ als Begriff der Interessenverbände den diskursiven Rahmen. Beim Exkurs: Erich Krug – „Charakter und Schwerhörigkeit“ (unter Sonderpädagogik) fehlt es – wenn man diese Dissertation schon aufgreift – an Reflektion. Die Dissertation erschien aufgrund der Wirren des 2. Weltkrieges 1949, obwohl sie inhaltlich bereits sehr viel früher entwickelt worden war. Zudem basiert sie auf der Typenpsychologie, einer Psychologie, die in grober Klassifikation Menschen aufgrund einer höchst problematischen theoretischen Basis bestimmten Charaktertypen zuordnete. Die Arbeit kann nicht aufgrund des beruflichen Tätigkeitsfeldes des Autors allein der Sonderpädagogik zugeordnet werden. Sie war in erster Linie eine psychologische Arbeit. Der Inhalt der Arbeit gilt aus heutiger Sicht als völlig überholt. Krug jedoch tat einen für damalige Verhältnisse neuen und innovativen Schritt: Er schrieb nicht (nur) über Betroffene (hier Schwerhörige), sondern befragte sie und ließ sie so selber zu Wort kommen. Ein forschungsmethodisches Vorgehen, was auch die Autorin vorliegender Schrift wählt (s. Kapitel 4 „Forschungsdesign“).
Kapitel 5 stellt die Porträts von 6 „Fällen“ (schwerhörigen Personen) – Alter 32 bis 50 Jahre – vor. Die Biografien sind sehr unterschiedlich, gleichfalls die individuelle Betroffenheit und das Erleben ihrer Hörschädigung. Diese „Fälle“ werden im anschließenden Kapitel 6 aus sehr unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Hier wird Schwerhörigsein als lebens¬weltliche Konstruktion erörtert. Obwohl sich dem fachkundigen Leser keine neuen Aspekte auftun, regen die Zusammenschau und die vorgenommene Strukturierung zum Weiterdenken und Nachverfolgen an. Kapitel 7 „’Andershörend’ – Wissensformationen und ein Akzent von Wirklichkeit“ empfiehlt sich, da es aus Sicht einer Ethnografin skizziert ist, und das Kapitel 8 „Conclusio: Die Dynamik der ‚Welten’“, weil hier nicht – wie es häufig geschieht – auf die Welt der Gehörlosen (!) ausgewichen, sondern tatsächlich „Schwerhörigsein“ in den Mittelpunkt gestellt wird.
Das Buch kann Wissen erweitern und zum Nachdenken anregen. Die Autorin beschränkt sich in ihrer Auseinandersetzung auf Literatur, die aus ethnografischer Sicht geschrieben wurde. Eine darüber hinausgehende Recherche hätte möglicherweise weiterführende Anregungen bieten können, da lebensweltliche Konstruktionen des Schwerhörig-(Gehörlos-)seins seit längerem Bestandteil z.B. hörgeschädigtenpädagogischer Forschung sind.
Die Schrift kann allen empfohlen werden, die mit schwerhörigen Erwachsenen – beruflich oder privat – in Kontakt stehen und ihr Wissen über Schwerhörigkeit/Schwerhörigsein diskutieren wollen.
Verlagstechnisch sei angemerkt, dass die Schriftgröße leserunfreundlich ist und potenzielle Interessenten dazu verleiten wird, das Buch aus der Hand zu legen. Die Publikation wurde unzureichend Korrektur gelesen – das irritiert insbesondere dahingehend, da laut Hinweis im Buch die Autorin auch als Lektorin arbeitet.
Prof. Dr. Annette Leonhardt, München
2008, Demosthenes Verlag der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V., Köln, 130 Seiten, 6,90 €
ISBN 978-3-921897-52
Das war sein größter Traum: Den Hörer schnappen, die Zahlen tippen, warten. Na, endlich! „Hallo, hier ist Felix. Kann ich Rainer sprechen?“ Und dann loslegen. Reden. Ohne zu stottern. Wenn er das schaffen würde! In der 3., von der Autorin überarbeiteten Auflage wird die Geschichte des stotternden 15-jährigen Felix einfühlsam und mitreißend beschrieben. Der Leser taucht ein in die Welt eines verzweifelten pubertierenden Jugendlichen, der tagtäglich mit seinen Sprechängsten kämpft und sich von den besorgten Eltern und Mitschülern unverstanden fühlt. Seine erste Liebe und eine kompetente Sprachtherapie helfen ihm schließlich, mit dem Stottern fertig zu werden, so dass das Buch ein ermutigendes und positives Ende hat.
Der realitätsnahe Umgang eines Teenagers mit dem Stottern und den damit verbundenen Ängsten und Unsicherheiten in der sensiblen Phase der Pubertät macht dieses Buch zu einer außergewöhnlichen Besonderheit in der Literaturliste zum Thema betroffene Stotternde.
„Hallo hier ist Felix“ wurde bereits 1993 mit dem 2. Preis des Jan-Procházka-Jugendliteraturpreises ausgezeichnet. Margaret Klare schließt mit diesem Buch eine Lücke über und für stotternde Schüler. Es ist unverzichtbar und empfehlenswert für alle, die sich mit dem Thema Stottern auseinandersetzen, ganz besonders aber für stotternde Jugendliche.
Nicola Friedel, Hannover
2011, Springer, . Berlin, Heidelberg, 1. Aufl., 150 Seiten, Preis 49,95 €
ISBN 978-3-642-22644-1
Die Behandlung von Patienten mit komplexen Krankheitsbildern macht es für die Behandler notwendig, sich mit dem Thema Tracheotomie, Trachealkanüle und deren Pflege intensiv auseinanderzusetzen. Da sich die Behandlung dieser Patienten zunehmend aus den Akutkrankenhäusern in den Rehabilitationsbereich verlagert, werden vermehrt Fachgruppen in die Behandlung eingebunden, die sich nicht primär mit der Anlage und der Behandlung von Komplikationen beschäftigen.
Das von Eckart Klemm und Andres Nowak als Herausgeber bearbeitete Kompendium der Tracheotomie beschreibt sehr gut strukturiert und instruktiv die Indikationen und die Durchführung inkl. einer ausführlichen Darstellung der Arten von Tracheotomien und die Behandlung ihrer Komplikationen. Dabei wird der Schwerpunkt auf die praktische Durchführung der Eingriffe gelegt. Dies gilt auch für Anmerkungen zur Strategie im Umgang mit dem schwierigen Atemweg. In weiteren Kapiteln wird über die Pflege des Tracheostomas, den Umgang mit der Trachealkanüle und den verschiedenen Trachelkanülenarten berichtet. Der Umgang mit der Trachealkanülen in der Therapie von neurogenen Dysphagien wird übersichtlich dargestellt.
Das gut gestaltete und reich bebilderte Kompendium richtet sich vor allem an operativ tätige Ärzte und ist als Lehrbuch und Nachschlagewerk für diese sehr zu empfehlen.
PD Dr. Rainer O. Seidl, Berlin
2009, Schulz-Kirchner-Verlag , Idstein, 1. Aufl., 72 Seiten, 8,40 €
ISBN 978-3-8248-0631-7
Dieser Ratgeber beginnt die große Fachliteraturlücke im deutschsprachigen Raum zum Thema „Aphasie bei Kindern und Jugendlichen“ zu schließen. Verfasst wurde er von der Leiterin des Projektes „Beschulung aphasischer Kinder“ im Bundesverband für die Rehabilitation der Aphasiker e.V. (BRA) (gefördert von der ZNS Hannelore Kohl Stiftung).
Therapeuten und andere Berufsgruppen, die mit aphasischen Kindern und Jugendlichen arbeiten, als auch Familien und Angehörige von Betroffenen, erhalten einen guten und umfassenden Überblick über alle relevanten Aspekte der Aphasie bei Kindern und Jugendlichen.
Im 1. Teil des Buches wird diese Aphasie definiert. Ein wesentlicher Bestandteil ist dabei die Abgrenzung zur Sprachentwicklungsstörung und zur Aphasie bei Erwachsenen. Es folgt eine Beschreibung der verschiedenen Ursachen für eine Aphasie im Kindes-/Jugendalter. Die Darstellung ist wissenschaftlich fundiert und für Laien gut verständlich.
Das nächste Kapitel wird den Symptomen der Aphasie gewidmet. In ihm werden neben den rein sprachlichen Symptomen auch weitere Begleiterscheinungen wie z.B. motorische oder kognitive Beeinträchtigungen beschrieben. Die Gliederung erscheint hier nicht ganz stringent, da diese Begleiterscheinungen nicht als „Symptome der Aphasie“ zu bewerten sind.
Den Abschluss des 1. Teils dieses Ratgebers bildet die Schilderung zu Verlauf und Prognose, indem langjährige Lehrmeinungen kritisch beschrieben werden und der Leser dann über den aktuellen Stand der Forschung informiert wird.
Den 2. großen Schwerpunkt des Buches bilden die Kapitel zu Diagnostik und Therapie sowie zu psychosozialen Folgen und Selbsthilfearbeit. Die Schwierigkeiten im Bereich der Diagnostik werden erläutert und mit Hinweisen bzgl. der Verwendung verschiedener Tests ergänzt. Zur Therapie werden keine konkreten Hinweise auf Methoden gegeben. Insgesamt finden sich hier für Therapeuten wenige, wenn gleich hilfreiche Ideen zu Diagnostik und Therapie.
Der letzte Abschnitt des Buches beschäftigt sich mit den Fragen der schulischen und auch beruflichen Laufbahn von Kindern und Jugendlichen mit Aphasie. Schwierigkeiten und Folgen werden aufgezeigt. Es wird auch auf Selbsthilfearbeit, Elternarbeit und psychosoziale Folgen hingewiesen. Abschließend finden sich nützliche Kontaktadressen, z.B. die des BRA, bei dem man sich zu schulischen und rehabilitativen Fragen beraten lassen kann, sowie ein Auszug der verwendeten Literatur.
Dieser Ratgeber kann, wie der Name schon sagt, als Impuls, nicht aber als Nachschlagewerk oder Lehrbuch gesehen werden. Durch Merkkästchen mit Kernaussagen sowie durch verschiedene Abbildungen und Aussagen von Betroffenen und Angehörigen werden die Inhalte zusätzlich veranschaulicht. Abschließend bleibt festzuhalten, dass dieses Buch einen wichtigen ersten wissenschaftlich fundierten Beitrag liefert, um die große Lücke der fehlenden deutschsprachigen Fachliteratur im Bereich der Kinder mit Aphasie zu schließen. Es gibt einen guten Überblick über alle wesentlichen Aspekte der Aphasie bei Kindern und Jugendlichen, der jedoch insgesamt kurz gehalten ist. Ein Ratgeber, den jeder, der mit Kindern und Jugendlichen mit Aphasie arbeitet, gelesen haben sollte.
Simon Friede, Aachen
2009, hörgeschädigte kinder, Hamburg, 72 Seiten plus 1 CD, 19,- €
ISBN 978-3924055431
Dieses anwendungsorientierte Praxisbuch stellt 2 Verfahren und ihre Anwendung in der Arbeit mit Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen in der sonderpädagogischen Praxis vor: PECS (picture exchange communication system) und TEACCH (treatment and education of autistic and related communication handicapped children) sind Trainingskonzepte, welche mit visuellen Zeichen und Strukturierungshilfen arbeiten.
Die Autorinnen arbeiten seit Jahren im Bereich der Kommunikationsförderung mit den beiden Konzepten und präsentieren in diesem Buch ihre persönlichen Erfahrungen bei der Umsetzung anschaulich anhand von Fallbeispielen aus ihrer Praxiserfahrung.
Das Buch gliedert sich in 2 Hauptteile, die jeweils den gleichen strukturellen Aufbau haben. Die beiden Verfahren werden darin jeweils zunächst mit ihren theoretischen Grundlagen erläutert. Darauf aufbauend werden das förderdiagnostische Vorgehen sowie die Arbeit mit verschiedenen Materialien und Aufgaben exemplarisch anhand von Fallbeispielen dargestellt.
Zusätzlich enthält das Buch auch eine CD mit Arbeitsvorlagen (Fragebogen zum Stand der Kommunikationsfähigkeit, PECS-Checkliste, Dokumentation der PECS-Phasen, Ideensammlung für TEACCH, etc.) sowie Videoaufnahmen, die einen anschaulichen Einblick in die praktische Arbeit mit TEACCH und PECS vermitteln.
Das Buch hält, was es verspricht. Die theoretischen Einführungen liefern grundlegende Basisinformationen zu den Ansätzen von TEACCH und PECS. Die Zwischenüberschriften ermöglichen eine schnelle Einarbeitung und Orientierung. Beide Konzepte werden aber gemäß dem Anspruch des Buches, eine Orientierungshilfe für die Praxis zu sein, nicht umfassend dargestellt, so dass vertiefende Literatur unbedingt erforderlich ist, wenn man sich für diese Konzepte in der praktischen Arbeit entscheiden sollte. Die Stärke von „Zwei Wege zur Kommunikation“ liegt tatsächlich in der Darstellung der Fallgeschichten. Zahlreiche Fotos von selbst hergestellten Materialien und Hilfsmitteln, sowie die Arbeitshilfen auf der mitgelieferten CD vermitteln einen lebendigen Einblick in die Arbeit mit TEACCH und PECS. Hier lassen sich zahlreiche Ideen und Anwendungshinweise gewinnen. Man sollte allerdings berücksichtigen, dass die Fallgeschichten immer nur Einzelbeispiele sind und deshalb TEACCH und PECS darin nicht vollständig vorgestellt werden können. Für eine Übertragung auf andere Fälle und Situationen fehlen beispielsweise allgemeine Kriterien, anhand derer eine Entscheidung für oder gegen TEACCH oder PECS möglich wird. Auch hier sollte auf ergänzende Literatur zurückgegriffen werden, um sich ein umfassendes Bild zu machen. Ebenso erscheint die Bewertung der beiden Konzepte am Ende etwas unkritisch positiv. Hier wären Hinweise auf Grenzen oder mögliche Probleme der Konzepte sinnvoll gewesen. Dennoch ist den Autorinnen mit „Zwei Wege zur Kommunikation“ insgesamt eine praxisnahe und informative Einführung in die beiden Konzepte gelungen, die überaus lesenswert erscheint.
Christiane Miosga, Imke Niediek, Hannover
2008, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein, 1. Aufl., 76 Seiten, kartoniert, 15,00 €,
ISBN 978-3-8248-0296-8
Uschi Kürbihs schreibt als Betroffene der Primären Lateralsklerose (PLS, Sonderform der ALS, Amyotrophe Lateralsklerose) ein sehr persönliches, emotional bewegendes Buch für Fachleute, Angehörige und andere Patienten.
Im Jahre 2006 erhielt die 56-jährige Architektin und Mutter dreier Kinder die Diagnose dieser tödlich verlaufenden Muskelsystemerkrankung. Detailliert und mit großem sprachlichem Darstellungsvermögen schafft es Frau Kürbihs alle Erfahrungsbereiche der unterstützenden Rehabilitation (z.B. Mein erster Rollstuhl, Umbaumaßnahmen, Hilfsmittelbeschaffung), aber auch Themen der Krankheitsbewältigung (z.B. Unmündigkeit des Sprechens und die Annahme meines Laptops, Ich als Frachtgut, Gefühl des Eingesperrtseins) in entsprechenden Kapiteln lebendig und mit bewundernswerter Klarheit und emotionaler Tiefe zu beschreiben. Für viele Angehörige und Patienten werden die Beschreibung von erforderlichen Maßnahmen (Treppenlift), Wege zu Behörden, finanzielle Erfordernisse oder notwendige Hilfsmittel eine hervorragende Hilfe und Anregung für eigene individuelle Lösungsmöglichkeiten sein. Im Anhang finden sich Adressen von Ambulanzen, Internetportalen für Muskelerkrankungen, ALS-Gesprächskreise, Hilfsmittelfirmen (u.a. für Unterstützte Kommunikation) und Literaturhinweise zu persönlichen Erfahrungen. Für die Berufsgruppen Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie entsteht ein sehr detailliertes Bild der Rehabilitation, das auch in der jeweiligen Berufsausbildung gut genutzt werden kann.
Frau Uschi Kürbihs versetzt sich darüberhinaus sehr klar in die Bedürfnisse der ihr nahe stehenden Personen hinein. Ihre Tochter und ihr Mann haben zwei Nachwörter beigefügt, die erkennen lassen, wie gut diese Familie ihr schweres Schicksal gemeinsam meistert.
Vor allem aber wird gezeigt, wie Frau Kürbihs selbst kämpft, schrecklich leidet aber auch wieder Mut schöpft und versucht das Leben auch in Phasen zu genießen. So erwähnt sie ein Hörbuch von Hape Kerkeling zum Jakobsweg, das sie sich – weil ihr das Umblättern schlecht möglich ist – gekauft hat, beschreibt wie es ihr Freude bereitet und vergleicht in diesem Zusammenhang ihre Krankheit mit dieser Pilgerreise, die sie körperlich und seelisch durch immense Höhen und Tiefen führt. Ein sehr intensives Buch – diese Reise geht der Leser – von Frau Kürbihs gut geleitet – mit ganzem Herzen mit. Ich wünsche diesem Buch eine rege Verbreitung- es informiert als Ratgeber und Erfahrungsbericht hervorragend über alle Ebenen des Umgangs mit der schweren Erkrankung ALS (PLS).
Peter Dicks, Aachen
2., überarbeitete Auflage 2011, Schulz-Kirchner, Idstein, 428 Seiten, 59,95 €
ISBN 978-3824806461
Clara Schlaffhorst (1863-1945) und Hedwig Andersen (1866-1957) gründeten vor 100 Jahren ihre erste Schule. Seit 100 Jahren wird das, was an Erkenntnissen zum Thema Atmung und Stimme entdeckt, vertieft, erforscht und methodisch systematisiert wurde, durch die Schule Schlaffhorst-Andersen vermittelt.
In diesen 100 Jahren haben sich viele der historischen Erkenntnisse wissenschaftlich bewahrheitet. Durch die Aufarbeitungen ist einiges als „funktionierende Vorstellungshilfe“ ins rechte Licht gerückt und manches als „damaliges Wissen“, das dem heutigen Wissensstand nicht mehr vollständig entspricht, aussortiert worden. Was jedoch bleibt ist ein nach wie vor gültiges, den ganzen Menschen betrachtendes vielseitiges, zutiefst ganzheitliches und umfassendes Konzept. Bisher haben einige Dokumente und Bücher die Ideen der Gründerinnen aus der Erinnerung zusammengetragen. (Noodt H. Chronik der Schule Schlaffhorst-Andersen. Hrsg. Freundeskreis der Schule Schlaffhorst-Andersen e.V., Wunstorf; 1994)
Jetzt liegt das Buch „Stimme und Atmung“ von Margarete Saatweber und Dr. med. Antoni Lang vor. M. Saatweber war von 1984-2001 als Studienleitung an der Schule tätig und verstarb leider vor Vollendung des vorliegenden Buches. Sie legte schon 1994 eine Einführung in die Arbeitsweise vor (Saatweber M. Einführung in die Arbeitsweise Schlaffhorst-Andersen. Idstein: Schulz-Kirchner; 1994) und hat sich lange Zeiten ihres Lebens überzeugt und begeistert für die Schlaffhorst-Andersen Arbeit eingesetzt. A. Lang ist seit 2001 die Medizinische Leiterin der Schule Schlaffhorst-Andersen. Ihr Medizinstudium und ihre weitreichenden Forschungen angrenzender wissenschaftlicher Bereiche wie Neurologie, Psychologie und Pädagogik haben sie das Konzept Schlaffhorst-Andersen auf ein umfassendes fachlich fundiertes Fundament stellen lassen.
Das Buch beschäftigt sich mit den Kernbegriffen und den Methoden des Konzeptes. Die einzelnen Kapitel sind übersichtlich und nach dem Muster: Definition, anatomisch-physiologische Erklärung, praktische Hinweise und Quellen aus der Schlaffhorst-Andersen-Literatur aufgebaut. Sie werden ab und zu durch schöne effektive Zeichnungen unterstützt. Diese Systematik macht das Buch nicht nur für mich als Schlaffhorsterin zu einem unverzichtbaren Nachschlagewerk.
Da das Konzept den Anspruch auf Ganzheitlichkeit erhebt, befasst sich das einführende Kapitel mit dem Menschen als psycho-physische Einheit. Auch das momentane Menschenbild in den Körpertherapien wird beschrieben. Das Verhältnis zwischen Therapeut und Patient oder zwischen Lehrer und Schüler sowie das Lernen und seine Voraussetzungen werden wissenschaftlich erläutert. Insofern können die Lektüre und das Aufarbeiten des Buches auch Lösungen für problematische Klienten/Patientenbeziehungen anbieten.
Alle 3 Säulen der Arbeit: Atem, Stimme und Sprache werden übersichtlich theoretisch und mit praktischen Übungen erklärt und beschrieben. Es finden sich viele Kapitel, die jedem Studenten, jedem Chorsänger oder Patienten weiterhelfen können.
Für Sängerinnen und Sänger, genauso wie für Schauspielerinnen und Schauspieler, kann das Buch ein lehrreiches praktisches Übungs-Handbuch sein, da es wichtige Themen und Begriffe klärt. Es ist hilfreich zu erkennen, welche Übungen helfen, die Wechselwirkung zwischen dem Spannungszustand der Atemmuskulatur und den Funktionen der Kehlkopf-, Artikulations-, Aufrichtungs- und Bewegungsmuskulatur für den künstlerischen Alltag zu nutzen.
Für Lehrende sind die Kapitel, die sich dem Phänomen Lernen (Kap.22: Einsatz von Vorstellungshilfen-Lernen und Gedächtnis) oder Lehren (Kap. 1.3.1: Ganzheitliches Lehren und Lernen) widmen, eine Anregung zur Selbstreflexion. So macht der Hinweis, dass Lernen mit allen Sinnen unter Berücksichtigung des individuellen Wahrnehmungstyps (Kap. 1.3.1., S. 38) ein Ziel der Arbeit ist, deutlich, worauf es bei der pädagogischen Arbeit ankommt. Als Sängerin waren die Vorstellungshilfen oder Vorstellungsbilder mehr oder weniger ausschließlich die pädagogische Methode unserer Professorengeneration. Dieser Methode ist ein ganzes Kapitel gewidmet, das sich ausführlich mit dem neurologischen Geschehen beschäftigt, das durch Vorstellungsbilder ausgelöst wird. „Ein weiterer Mechanismus führt dazu, dass wir allein über eine Vorstellung eine körperliche Veränderung hervorrufen können. Er wird durch Neurotransmitter vermittelt, das Serotonin…“ S.222.
Da Frau Lang die schlaffhorstischen Kernbegriffe den aktuellen wissenschaftlichen Sprachstandards entsprechend erklärt, werden die in der Gesangswissenschaft diskutierten Themen wie Atembögen, expiratorische Dehnung, Resonanz, Register, Vokalfärbung, Stimmansatz und Stimmsitz etc. unter Kollegen diskutierbar. So wird sehr genau und praxisnah beschrieben, warum sich der supraglottische Resonanzraum auf den Klang, die Steigerung der Tragfähigkeit und die Durchschlagskraft der Stimme auswirkt.
Man kann Frau Saatweber und Frau Lang für die intensive Forschungsarbeit, die sie betrieben haben, danken. Entstanden ist ein umfassendes Werk mit dem man leben, arbeiten und unterrichten kann.
Beate Josten, Obernkirchen
2010, Schulz-Kirchner, Idstein, 197 Seiten, 33,95 €
ISBN 978-3-8248-0840-3
Die wissenschaftliche Schrift gibt einen Überblick über die Angebote und den organisatorischen Aufbau der Selbsthilfe in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der Aphasie-Selbsthilfe und zeigt einen Vergleich von Aphasie-Selbsthilfeorganisationen auf internationaler Ebene. Speziell werden Aspekte der Kooperation zwischen der Selbsthilfe und professionellen Helfern beleuchtet, eine Ein-ordnung der Selbsthilfe in die ICF unternommen und notwendige, aber fehlende Angebote für Be-troffene mit Aphasie herausgestellt.
Den Schwerpunkt des Buches bildet jedoch die Darstellung einer Projektstudie, die zum Ziel hat, den Einsatz der „Aphasie-Therapiechronik (ATC)“ zu überprüfen. Bei der ATC handelt es sich um ein Falt-blatt, in dem von behandelnden Aphasietherapeuten knapp und bündig Informationen zum Re-habilitationsverlauf von Menschen mit Aphasie festgehalten und an Folgetherapeuten weitergegeben werden soll, um dadurch z.B. Mehrfachtestungen zu verhindern.
Die sorgfältige Studie über die Verwendung und Akzeptanz der ATC ist eine exemplarische Darstellung, wie ein Projekt der Aphasie-Selbsthilfe auf seine Einsatzfähigkeit überprüft wird, um auf diese Weise Verbesserungspotentiale des Angebots herauszufinden. Die Erhebungsdaten werden in zahlreichen Abbildungen und Tabellen veranschaulicht und unterstreichen den fundierten Charakter dieser Arbeit. Der Leser, der nicht die Fülle an Einzelinformationen durcharbeiten möchte, kann in gut verständlichen und prägnanten Zusammenfassungen nach jedem Kapitel die wesentlichen Informationen aufnehmen.
Das Buch wendet sich in 1. Linie an den wissenschaftlich Interessierten. Es stellt vielfältige und de-taillierte Informationen über die Aphasie-Selbsthilfe und das Projekt zur Verfügung und leistet einen wichtigen Beitrag zur evidenzbasierten Praxis in der Logopädie.
Stefanie Keppler, Hannover
2., vollständig überarbeitete Auflage 2010, Thieme, Stuttgart, 179 Seiten, 39,95 €
ISBN 978-3-13-142452-5
N. Lauer und B. Birner-Janusch geben in ihrem Buch einen Überblick über die Störungsbilder der kindlichen und der erworbenen Sprechapraxie. Außer in einer kurzen gemeinsamen Einführung werden beide Störungsbilder getrennt voneinander behandelt.
Die Autorinnen führen zunächst in modelltheoretische Grundlagen und die Symptomatik ein, bevor diagnostische Möglichkeiten beschrieben werden. Zur Ergänzung bestehender Tests bzw. aus Ermangelung geeigneter Materialien im Deutschen werden für beide Störungsbilder eigene Vorschläge zur klinischen Diagnostik gemacht. Übersichtliche Untersuchungsbögen findet der Leser im Anhang, die Untersuchungen können jedoch aufgrund fehlender psychometrischer Daten nur orientierend sein. Kritisch ist das Abprüfen von Einzellauten bei beiden Störungen: so sind isolierte Laute keine natürlichen sprechmotorischen Einheiten und zudem wird für die kindliche Sprechapraxie keine primäre Störung der Lautbildung postuliert (S. 98). Das Buch schließt in beiden Teilen jeweils mit einer Übersicht über mögliche Therapieverfahren ab. Dabei werden zu jedem Verfahren systematisch das zugrunde liegende Prinzip, das Vorgehen, die Materialauswahl sowie Nachweise für die Effektivität vorgestellt. Eine kritischere Bewertung der Therapieansätze durch die Autorinnen wäre jedoch an mehr Stellen wünschenswert gewesen. Insgesamt bilden die praxisrelevanten Bereiche der Diagnostik und Therapie den Schwerpunkt des Buches, das somit für Sprachtherapeuten durchaus empfohlen werden kann.
Enttäuschend ist der Umfang der Aktualisierungen in der 2., vollständig überarbeiteten Auflage von 2010. Neu ist die Berücksichtigung von ICF-orientierten Zielen für die Sprechapraxietherapie. Aber darüber hinaus ist das Ausmaß der Neuerungen eher dürftig – sie bleiben zudem primär auf das Störungsbild der erworbenen Sprechapraxie beschränkt. Das mehrfach als neu angekündigte „Modell zur Frequenz- und Strukturanalyse sprechapraktischer Fehler“ bleibt sogar gänzlich unverständlich. Unklar ist, warum es nur bei einem Verweis auf die Homepage der Autoren bleibt, obwohl aktuelle Publikationen vorhanden sind; im Übrigen handelt es sich um eine Auswertungsmethode und nicht wie angekündigt um ein neues theoretische Modell. Dagegen werden in den letzten Jahren publizierte, neue modelltheoretische Annahmen zur erworbenen Sprechapraxie leider nicht berücksichtigt. Angesichts einer vollständig aktualisierten Neuauflage wäre auch eine Beschreibung der inzwischen einflussreichen Leitlinien für die Sprechapraxietherapie bei Erwachsenen wünschenswert gewesen. Unter anderem fehlt auch die Vorstellung eines Therapieansatzes, für den – als einer der wenigen Ansätze bei erworbener Sprechapraxie – Effektivitätsnachweise vorliegen. Fazit für die 2. Auflage: Für diejenigen, die die Erstauflage bereits kennen, bietet die überarbeitete Version nur wenig Zugewinn.
Dr. Ingrid Aichert, München
2012, Ernst Reinhardt, München, 355 Seiten, 56 Abb., ca. 6 Tab, 39,90 €
ISBN 978-3497022885
Nach einem langen Prozess wurde 2009 ein flächendeckendes Neugeborenen-Hörscreening in Deutschland eingeführt. Damit wurde eine wesentliche Grundlage dafür geschaffen mögliche negative Auswirkungen einer Hörschädigung auf die Entwicklung des Kindes mit einer Hörschädigung möglichst zu verhindern bzw. einzuschränken. Dass die hierfür erforderlichen Maßnahmen so früh wie möglich, d. h. in den ersten Lebensmonaten zu ergreifen sind, ist zwischenzeitlich unstrittig. Mit dem vorliegenden Buch wurden das Wissen und die Erfahrungen der unterschiedlichen Fachgebiete zusammengeführt. Beiträge von 23 Autorinnen und Autoren aus den Bereichen Medizin, Neurophysiologie, Neuropsychologie, Pädaudiologie, HNO, Audiologie, Technik, Hörpädagogik und Psychologie liefern dazu Grundlagen. Die Beiträge werden unter folgenden 6 Kapiteln ausgeführt:
I Grundlagen des Hörens
Ziel ist es, die frühe Förderung von Kindern mit Hörschädigung nachhaltig den neuen Bedingungen anzupassen. Besonders die Ausführungen zu frühen Hörerfahrung und den sensiblen Phasen und die Darstellung der neuropsychologischen Aspekte des frühen Hörens gehen dabei auf die Chancen einer frühen Förderung ein. Sie bilden eine hervorragende theoretische Grundlage für die pädagogisch-therapeutisch Handelnden.
II Früherkennung und Frühversorgung
Ausführlich wird auf die strukturellen Rahmenbedingungen einer Diagnostik von Hörschädigungen bei Kindern und der technischen Versorgung mit Hörgeräten, Cochlea Implantat und einem Hirnstammimplantat berichtet.
III Frühe Hör- und Sprachentwicklung
Vor dem Hintergrund, dass frühes Hören neue Chancen einer natürlichen Hörsprachentwicklung eröffnet, würde man sich wünschen, dass neben einem Hör- und Sprachentwicklungsverlauf, der primär an systematisch strukturellen Aspekten aufgezeigt wird, der dynamische Aspekt des Hörenlernens stärker in den Blick genommen wird.
IV Frühförderung
Institutionell werden die Pädagogische Audiologie und das Cochlear-Implant Zentrum vorgestellt. Als Förderkonzepte werden im Schwerpunkt der natürliche hörgerichtete Ansatz die bilinguale Frühförderung und Aspekte der Elternberatung und Elternbegleitung erläutert.
V Krippe und Kindergarten/Vorschule
Mehr exemplarisch werden Auswahlkriterien für Krippe und Kindergarten, Möglichkeiten der Hör- Sprachförderung und die erforderlichen raumakustischen Grundlagen angesprochen. Nicht nur vor dem Hintergrund der Inklusionsdiskussion wäre es wünschenswert, dass auch die individuellen zusätzlichen Hörhilfen wie z. B. FM-Anlagen mit einbezogen werden.
VI Hörenlernen unter besonderen und/oder erschwerten Bedingungen
Besonders wichtig ist das letzte Kapitel. Man kann davon ausgehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Gesamtpopulation betroffen ist. Angesprochen werden Kinder mit Migrationshintergrund, Taubblinde/Hörsehbehinderte, Kinder mit zusätzlichem Förderbedarf im Bereich geistige Entwicklung und Kinder mit hörgeschädigten Eltern.
Die Vielfalt der angesprochenen Themen und deren Darstellung aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln kennzeichnen den Wert dieses Buches. Dabei geht es nicht allein um einen interdisziplinären Überblick, im Sinne eines Nachschlagewerkes, sondern es beinhaltet auch vertiefende Aspekte. Sowohl für die in der Praxis tätigen als auch für Lernende werden orientierende Hilfen gegeben. Das Buch ist sehr zu empfehlen.
Prof. Dr. Gottfried Diller, Heidelberg
2009, Median, Heidelberg, 102 Seiten, 22,80 €
ISBN 978-3-941146-06-8
Die Versorgung hochgradig schwerhöriger und gehörloser Kinder mit einem Cochlea- Implantat hat sich klinisch bewährt. Eine Hör-Sprachentwicklung ist möglich. Damit verbunden scheint auch eine Bildungsmöglichkeit, die die Chance der Integration in eine Berufswahl ermöglicht, die nicht primär bestimmt wird durch die Gehörlosigkeit. Diese Eckpunkte der Entwicklung treffen auf alle Fälle auf Kinder hörender Eltern zu. In der Vergangenheit schien eine Versorgung gehörloser Kinder gehörloser oder hochgradig schwerhöriger Eltern zumindest komplex, wenn nicht sogar unmöglich. Das vorliegende Buch bietet eine systematische Analyse der historischen Situation und eine Darstellung der veränderten, verbesserten Möglichkeiten. Aus der Entwicklung werden sowohl beratende als auch therapeutische Hinweise dem Leser angeboten.
Die Herausgeber stellen zunächst die Entwicklung und Teilergebnisse einer prospektiven Untersuchung mit sich verzahnenden Teilprojekten dar. Im Einzelnen werden die Entwicklungsschritte der Gehörlosen von der CI-Ablehnung zur vorsichtigen, teilweise systematischen Öffnung zum CI, der Untersuchung / Begleitung der besonderen Ergebnisse und der veränderten Vorgehensweise dargestellt. Im Mittelpunk aller Beiträge steht der Respekt vor der unterschiedlichen Erfahrung hörender und gehörloser Eltern. Die neue aber abgenommene Herausforderung gehörloser Eltern mit dem CI für ihre gehörlosen Kinder und der selbstverständlichen Annahme, dass ein CI die gebärdende Muttersprache mit der sich entwickelnden Lautsprache ergänzt, wird von verschiedenen Seiten beleuchtet. Sowohl die Erfahrungsberichte von gehörlosen Eltern, die Darstellung von spezifischem Informationsmaterial, HNO-ärztliche, chirurgische Aspekte wie aber auch die ausführliche Darstellung der therapeutisch strategischen und inhaltlichen Notwendigkeiten werden in dem Buch zusammengefasst.
Fazit: Das Buch stellt systematisch erstmals die Aspekte der CI-Versorgung gehörloser Kinder gehörloser Eltern zusammen. Das große Spektrum der CI-Versorgung und die weiterhin stete aktive Gesamtentwicklung machen es unmöglich, alle Details zu besprechen. Auch können bei den sehr individuellen Therapien keine spezifischen Therapiepläne angeboten werden. Aber die Handlungsprinzipien, die Grundgedanken des Umgangs, bieten betroffenen Eltern und Familien, Therapeuten (CI-Zentren und heimatnah), HNO-Ärzten aber auch den Selbsthilfegruppen gute Handlungsideen. Die Realisierung einer beratenden Buches und eines Flyers für gehörlose Eltern ist das produktive Resultat dieses Buchs.
Prof. Dr. med. Anke Lesinski-Schiedat, Hannover
2014, Natke, Neuss, 60 Seiten, 11,80 €
ISBN: 978-3936640212
Mit dem Jugendroman „Fliegende Worte“ ist es Anja Mannhard gelungen, die Erfahrungen stotternder Jugendlicher in eine spannende Geschichte zu transferieren. Der Roman richtet sich primär an Jugendliche, die, neben vielen anderen Herausforderungen in der Pubertät, stottern. Darüber hinaus eignet sich das Buch aber auch für Eltern, die – wie Enias‘ Mutter – unsicher im Umgang mit ihrem stotternden Kind sind und Stottern tabuisieren. Der Roman kann im Rahmen einer logopädischen Therapie gelesen und besprochen werden. Dadurch kann stotternden Jugendlichen Mut gemacht werden, ihre Ziele zu erreichen, ihren Gefühlen zu folgen und Herausforderungen anzunehmen sowie diese zu bewältigen.
Formal ist der Roman für Jugendliche ansprechend gestaltet, indem an sinnvollen Stellen farbliche Illustrationen integriert sind, die Jugendliche stilistisch ansprechen. Die sprachliche Gestaltung ist für Jugendliche authentisch gewählt, wodurch sich Herangewachsene angesprochen fühlen. Wie selbstverständlich werden neue Medien (Smartphones, Mails und Facebook), die den Alltag der Jugendlichen heutzutage mit prägen, in die Handlung aufgenommen. Die Länge der Geschichte ist ideal gewählt, so dass die Gefahr, dass das Buch bei Jugendlichen direkt in der hinteren Reihe des Bücherregals verschwindet, gedämmt wird.
Es werden zahlreichen Zitate integriert, die inhaltlich ideal passen. Jedoch muss man berücksichtigen, dass die poetische Ader, v.a. heranwachsenden Jungen in der Pubertät, erfahrungsgemäß relativ wenig ausgeprägt ist, weshalb das ein oder andere liebevoll ausgewählte Zitat von Jugendlichen durchaus überlesen werden kann.
Insgesamt leistet dieser Roman einen wichtigen Einblick in die Welt stotternder Jugendlicher.
Dorothee Bürkle, München
2007, hörgeschädigte kinder, Hamburg, 86 Seiten, 7,00 €
ISBN 978 -3- 924055-41-7
Vorgelegtes Büchlein ist eine Gebärdenfibel für jüngere, hörgeschädigte Kinder. Sie beschäftigt sich – im weitesten Sinne – mit dem Besuch beim Arzt. Die Fibel gliedert sich in die Kapitel „Unser Körper“, „Schmerzen“, „Beim Arzt“ und „Allgemeine Gebärden“. Die vier Kapitel sind farblich voneinander abgehoben, so dass dem Kind (den Eltern und ggf. dem Praxispersonal) eine rasche Orientierung möglich ist.
Die bildliche Darstellung der Gebärden ist anschaulich (klare Linienführung, ansprechende Zeichnungen). Bewegungen beim Gebärden werden durch eindeutige Symbole, die vor Beginn des 1. Kapitels erklärt werden, aufgezeigt. Die auf jeder Seite sich befindenden, die Darstellung der Gebärden ergänzenden Bilder, ermöglichen den Kindern und nicht gebärdensprachlich kompetenten Personen, ein rasches Verständnis und erleichtern den Kontextbezug. Ein Wörterverzeichnis mit allen in der Fibel aufgeführten Wörtern (Gebärden) rundet diese ab.
Was bringt das Buch Ärzten, Hörgeschädigtenpädagogen, Logopäden und weiterem Praxispersonal, also den Lesern von Sprache-Stimme-Gehör? Zweifelsfrei sind die Zielgruppe der Broschüre (hochgradig hörgeschädigte) Kinder – solche, die mit der Gebärdensprache als Erstsprache aufwachsen oder jene, die Gebärden ergänzend bzw. unterstützend zur Lautsprache benutzen, oder hörgeschädigte Kinder mit weiteren Behinderungen. Aber auch für hörgeschädigte Kinder (einschließlich CI-Träger), die ausschließlich über Lautsprache kommunizieren, dürfte das Buch interessant sein – sei es für die „Gespräche“ mit weniger lautsprachkompetenten Spielgefährten in den pädagogischen Einrichtungen, die sie gemeinsam besuchen, oder auch „nur“ zur Information, dass es weitere Ausdrucks- bzw. Kommunikationsmöglichkeiten gibt.
Durch die eingesetzten Zeichnungen und die zielgerichtete Auswahl der Gebärden bleibt das Buch übersichtlich und macht es gerade für jüngere Kinder so ansprechend. Den ärztlichen und logopädischen Praxen ist es zu empfehlen, wenn sie gehörlose kleine Patienten zu ihrer Klientel zählen – sei es zur eigenen Information, als Geste, dass man sich um Verständnis mit dem kleinen Patienten bemüht oder als nettes Geschenk für einen kleinen, gehörlosen Patienten!
Prof. Dr. Annette Leonhardt, München
1. Auflage 2010, Verlag hörgeschädigte Kinder, Hamburg, 94 Seiten, 8,00 €
ISBN 978-3-924055-46-2
Es handelt sich um ein Buch aus der Reihe „Gebärden aus der Gebärdenfibel“, hier mit Gebärden um die Themen Einkauf, Geburtstag, Feier, Urlaub. Kinder, die noch nicht lesen können, suchen durch Blättern einen Begriff als meist intuitiv erkennbare Strichzeichnung am oberen äußeren Seitenrand auf, z.B. eine „klassische“ runde Milchflasche („Tetra-Pack“ wäre vielleicht eine gängige Alternative gewesen, aber man kann es nicht allen recht machen). Dann sehen sie sich im Zentrum der Seite die Gebärde an, die durch Anna, ein Mädchen mit kurzen Zöpfen und winzigen Ohren oder durch Tim, ein Junge mit noch kürzeren Haaren und noch winzigeren Ohren, vorgemacht werden (die Ohrmuscheln sind für gebärdende Menschen nicht so wichtig, die Sache mit den Haaren ist dagegen eher egal).
Beispielsweise wird der Begriff „Milch“ durch Bewegungen wie beim Handmelken einer Kuh symbolisiert. Für Kinder, die schon lesen können, stehen die Begriffe in großer Druckschrift unter den Gebärden. Ich zähle 23 Begriffe im Umfeld des Einkaufens, einschließlich allgemein verwendbarer Begriffe wie „ja!“, „nein!“, „was?“, „mögen“. Eingekauft wird in dem Buch: Nudeln, Karotte, Salat, Brot, Brötchen, Marmelade, Käse, Wurst, Bonbon, Schokolade, Joghurt, Milch, Kakao, Saft, Wasser. Was ist mit Karamelbonbons (komme ich meiner Tochter mit anderen, gibt’s Stress), Quark, Eisbergsalat, Feldsalat, Gurke, Zucchini, Chips (ungesund, aber manchmal für Kinder lecker, ähnlich wie Bonbons)? Vergleiche mit dem Wortschatz von Vorschulkindern mit hochverstärkenden Hörgeräten, Cochlea Implantat und lautsprachlicher Frühförderung möchte ich an dieser Stelle nicht provozieren. Die dargestellten Gebärden sind ja auch nur eine Grundlage für mehr. In diesem Sinne eine sehr gute Idee: Typische Sätze, die die auf der Seite dargestellten Begriffe verwenden, wie „Möchtest Du Milch trinken?“, sind auf am unteren Seitenrand mit kleineren Zeichnungen ergänzt.
Für Kinder (und deren Familien), denen eine apparative und lautsprachliche Therapie überhaupt nicht oder nicht erfolgreich genug ermöglicht werden konnte, ist das Buch sicher eine gut lesbare und sehr zu empfehlende Hilfe, die Kommunikation zu verbessern. Für alle anderen (Leser der Zeitschrift „Sprache – Stimme – Gehör“ vielleicht auch?) ist das Buch ein Ansporn, Ursachen, Prävention, Diagnostik und Therapie angeborener Schwerhörigkeiten mit noch größerem Engagement zu erforschen.
Nun kommt‘s: Das Buch wurde durch Mittel des Bundesministeriums für Gesundheit und aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wie schön wäre endlich auch ein Beschluss des Deutschen Bundestages, das Neugeborenenhörscreening finanziell zu fördern, hilft es doch, die Gehörlosigkeit zu vermeiden und den „Gebärdenbedarf“ zu reduzieren? Wer im Deutschen Bundestag wissen möchte, warum das so wichtig ist, lese das Buch.
Prof. Dr. med. Rainer Schönweiler, Lübeck
2009, Thieme, Stuttgart, 102 Seiten, 39,95 €, 67,90 CHF
ISBN 978-3-13-145641-0
Das vorliegende Buch richtet sich an Logopäden und klinische Linguisten sowie Sprachtherapeuten. Es ist sicherlich auch hilfreich für Studierende der genannten Fachrichtungen.
Ohne Frage handelt es sich um ein sehr praxisorientiertes Werk. Für alle, die mit neurologischen Patienten in Gruppentherapien an Sprach-, Sprech- und Kommunikationsstörungen arbeiten möchten oder dies bereits tun, ist es ein längst überfälliges Buch, das den Stellenwert der Gruppentherapie ins rechte Licht rückt. Es wird auch und in besondere Weise den Leitlinien zur Rehabilitation neurogener Sprachstörungen gerecht, wie sie sich in den ICF-Richtlinien finden und die den Fokus verstärkt auf Alltagskompetenz und Partizipationsorientierung richten: Teilhabe der Patienten am sozialen Leben, wodurch die sprachtherapeutische Gruppentherapie zunehmend an Bedeutung gewinnt – und nicht nur einem ökonomischen Kalkül von geringen Kosten für hohe Therapiekontingente entspricht. Hier wird den Patienten ein geschützter Rahmen geboten, in dem sie das in der Einzeltherapie Erlernte mit wechselnden Gesprächspartnern alltagsnah erproben können.
Vibeke Masoud gibt zunächst einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und bietet eine beachtliche Zahl von Literaturangaben, die dem interessierten Leser die Möglichkeit eröffnen, sich intensiver in die historischen und aktuellen Entwicklungen der Gruppentherapien einzulesen. Im Anschluss daran umreißt sie strukturelle und psychologische Rahmenbedingungen, die für die Gruppentherapie wichtig sind. Den eigentlichen Kern des Buches bilden ihre jahrelangen Erfahrungen mit Gruppentherapien, deren Darstellung in ein von ihr entwickeltes 4-Stufen-Modell mündet. Der Ansatz ist bestechend einleuchtend: Patienten mit schwersten kommunikativen Beeinträchtigungen beginnen schon auf der präverbalen Ebene in Stufe 1 und wechseln je nach Fortschritt ihrer Leistungsfähigkeit in die jeweils nächste Stufe bis hin zur Gruppe mit nur wenigen (Rest-)Symptomen. Ob und wie dabei auch schwer beeinträchtigte Patienten ausreichend profitieren können, wäre zu diskutieren. Bei diesem Setting muss der Patientenpool relativ groß sein und es wird enorm viel Therapeutenkapazität gebunden. Frau Masoud hebt die Bedeutung hochfrequenter Therapie für die Effektivität des Sprachtherapie hervor, wodurch Gruppentherapie nicht nur ökonomisch bewertet wird. Die Beiträge der Co-Autoren, in denen Erfahrungen mit Vorgehensweisen in einzelnen Häusern berichtet werden, sind nicht alle in gleicher Weise überzeugend.
Insgesamt wird das Buch hinsichtlich der Anschaulichkeit und Plausibilität der Darstellungen sowie der inhaltlichen Ausrichtung und Zielsetzungen in der Kommunikationstherapie aktuellen Vorstellungen der Sprachtherapie gerecht. Es ist kenntnisreich und anschaulich geschrieben, enthält zum Abschluss eine Reihe nützlicher Tipps für die Gruppengestaltung und Materialauswahl und ist für die Klinik und Praxis der Sprachtherapie durchaus ein Gewinn.
Brita Krug, M.A., Dr. Ralf Glindemann, Bogenhausen
2009, BIS, Oldenburg, 129 Seiten, 14,- €
ISBN 978-3-8142-2189-2
In ihrem Buch Sprache Sprechen-Spielen-Lernen stellt Gertrud Meyer-Denkmann einen Sprachförderansatz vor, der auf der Überzeugung gründet, dass Sprache als etwas zu begreifen und zu vermitteln ist, das nicht nur grammatischen Regeln unterliegt, sondern Zweck und Selbstzweck zwischenmenschlicher Kommunikation und Interaktion ist. In diesem Sinne verfolgt der Ansatz das Ziel, Kinder und Jugendliche innerhalb des Schulunterrichts ihre Sprache auf unterschiedlichste sinnliche Weise wahrnehmen zu lassen, um so ein Bewusstsein für Sprache als kommunikativem Akt zu schaffen.
In mehreren aufeinander aufbauenden Schritten, die sich am kindlichen Sprachentwicklungsprozess orientieren, werden Absichten und Methodiken des Sprachförderansatzes dargelegt und Vorschläge für die praktische Umsetzung gegeben. Diese erstrecken sich über den Umgang mit Sprache mittels Gestik und Mimik, die Wahrnehmung der eigenen Sprechwerkzeuge, die Sensibilisierung für Sprachrhythmus und -gebärden, sowie den kreativen Umgang mit Sprache in Sprachspielen mittels Musik und alltäglicher Medien. Die ideenreichen Anregungen für die Praxis bedienen sich dabei sowohl zeitgemäßer Mittel aus der Kinder- und Jugendkultur wie Comics, Handy und HipHop als auch tradierten Kinderliedern und -reimen. Sie sind damit durchaus geeignet, reine Wissensinhalte innerhalb des Sprachunterrichts anschaulicher für Kinder zu gestalten. Ob allerdings die Autorin ihren Ansatz als Ergänzung zum konventionellen Sprachunterricht sieht oder ihn vielmehr als völligen Ersatz für diesen versteht, bleibt offen.
Die Stärke des Buches liegt darin, dass es versucht, sich Sprache wieder als etwas zu nähern, das von Kindern und Jugendlichen als lebendig, phantasievoll und fassbar verstanden werden kann. Der Sprachförderansatz, der sich hier vorrangig an Lehrerinnen und Erzieherinnen in der Schulpraxis richtet, erscheint jedoch nicht völlig neu, sondern erinnert – verstärkt durch seine Einbeziehung alter Kinderlieder oder Gedichte – häufig an die sprachlich-spielerische Interaktion zwischen Eltern und Kindern, die heutzutage aber zunehmend vernachlässigt wird. So wäre diese Arbeit damit nicht nur eine Bereicherung für den Schulunterricht, sondern auch Denkanstoß zu einem wieder lebendiger werdenden Eltern-Kind-Dialog.
Franziska Leischner, Ulrike Lüdtke, Hannover
2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1. Aufl.,
118 Seiten, 9 Abbildungen, kartoniert, 39,95 €
ISBN 978-3-13-145651-9
Haben Sie ein handfestes Beratungs- und Handlungskonzept für Hilfesuchende Eltern, mit sprachentwicklungsverzögernden Kindern im Alter von 2,0 bis 3,0 Jahren? – Wenn nicht, dann ist dieses Buch: „Frühe Sprachintervention mit Eltern. Schritte in den Dialog“ von Delia Möller und Maria Spreen-Rauscher die richtige Lektüre für Sie!
Basierend auf einem guten strukturierten und inhaltlichen Aufbau des Buches, verweisen die Autorinnen in einem theoretischen Teil auf die Möglichkeiten von frühen Interventionen und zeigen die Modelle und Formen der Elternarbeit auf. Der Theorie schließt sich die Praxis an, in der das von den Autorinnen eigens entwickelte Arbeitskonzept „Schritte in den Dialog“ beschrieben und praktische Handlungsanleitungen gegeben werden. Somit liefert das Buch ein theoretisch fundiertes Eltern-Kind-Programm für Logopäden und Sprachtherapeuten, die mit sprachentwicklungsverzögernden Kindern im Alter von 2,0 bis 3,0 Jahren arbeiten bzw. arbeiten möchten. Wer etwas tiefer in das vorliegende Konzept eintauchen möchte, sollte die gleichnamige Fortbildungsveranstaltung von Delia Möller besuchen.
Mara Wieck, Hannover
1. Auflage 2011, Schulz-Kirchner, Idstein, 252 Seiten, 41,99 €
ISBN 978-3-8248-0864-9
In Deutschland leiden schätzungsweise 7% [1, 2] der Bevölkerung an einer Dysphagie. Die Inzidenz in Akutkrankenhäusern und Pflegeheimen ist deutlich höher [2]. Es besteht deshalb ein hoher Diagnostik- und Therapiebedarf der Betroffenen sowie ein ausgeprägter Informations- und Beratungsbedarf der Angehörigen.
Teil 1 des vorliegenden Buches stellt die Anatomie, Neuroanatomie und Physiologie des Schluckvorgangs dar, geht auf unterschiedliche pathophysiologische Ursachen ein und beschreibt verschiedene Diagnostikmöglichkeiten. Im 2. Teil wird eine Studie zum Einsatz der Oberflächenelektromyografie zur Analyse des Schluckvorgangs vorgestellt, in der die schluckassoziierten EMG-Signale gesunder Kontrollpersonen für 3 Schluckbedingungen mit denen von Patienten mit neurogener Dysphagie (Z.n. zerebrovaskulärem Insult) verglichen und Normdaten erhoben werden. Es wird geschlussfolgert, dass eine Abgrenzung von dysphagischen und nicht-dysphagischen Schluckmustern mittels Oberflächen-EMG prinzipiell möglich ist.
Die Rahmenbedingungen der Studie scheinen klar gegliedert. In einer Vorstudie (Teil I: 60 Probanden und 10 Patienten, Teil II: 33 Probanden) wurden die Schluckmuster analysiert und die relevanten Auswertungsparameter und Einflussfaktoren auf das EMG-Signal bestimmt. Die Hauptstudie (161 Probanden und 11 Patienten) diente der weiteren Normwertbestimmung, besonders unter Berücksichtigung des zur EMG-Signalgröße korrelierenden Halsumfangs sowie dem Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe.
Die Autorin macht jedoch keine näheren Angaben zu der biometrischen Fallzahlberechnung, besonders im Hinblick auf die ermittelten Signifikanzen, oder dem Votum der Ethikkommission.
Aufgrund der detaillierten Darstellung und Untersuchung des speziellen Diagnostik-Verfahrens scheint sich das Buch besonders an in diesem Bereich tätige Ärzte und Therapeuten zu wenden. Die Normwertermittlung anhand der recht hohen Probandenzahl ist für den Einsatz und die Weiterentwicklung dieses Verfahrens sicher wertvoll, auch wenn sich die Werte einzelner Untergruppen bislang nur auf eine geringe Probandenzahl stützen.
Die Inhalte werden in gut strukturierten, in sich abgeschlossenen Kapiteln dargestellt. Die Tabellen und Abbildungen sind übersichtlich und helfen, die Thematik zu erläutern.
Simone Meyer, Hannover
2. Auflage 2014, Servus, Fuschl, 176 Seiten, 21,95 €
ISBN: 978-3710400018
Ich muss gestehen, dass ich zwar einerseits die Natur und insbesondere auch die verschiedenen Bäume sehr liebe, aber der Assoziation „Medizin und Bäume“ recht skeptisch gegenüberstand. Irgendwie drängte sich mir der anglo-amerikanischer Begriff „tree hugger“ auf. Nun, durch das jetzige Buch „Die sanfte Medizin der Bäume“ bin ich zu meiner nicht geringen Überraschung eines Besseren belehrt worden.
Die beiden Autoren schaffen es, in faszinierender Weise die Welt des Holzes und seiner Auswirkungen, die es auf uns im positiven Sinne haben kann, zu verdeutlichen. Sie bedienen sich dabei eines Trickes, der eigentlich kein Trick ist: Anstatt esoterischen, unbewiesenen Weisheiten zeigen sie, welche tatsächlich messbaren Effekte das Holz haben kann. So wird z.B., und dies ist dann durchaus für unser Gebiet nicht ganz unwichtig, gezeigt, welche positiven Auswirkungen ein mit Holz vertäfelter Klassenraum auf das Lernen haben kann.
Insgesamt liest sich das Buch auch für Tree-hugging-Skeptiker wie mich sehr gut und es ist in der Tat eine abwechselungsreiche Lektüre im täglichen Load der wissenschaftlichen Literatur, die man sonst zu lesen hat. Rundum also: Empfehlenswert.
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Martin Ptok, Hannover
2011, Reinhardt, München, 1. Aufl., 68 Seiten, 16 Abb.,17 Tab., mit Diagnostik-Software auf CD-ROM, Preis 69,90 €
ISBN 978-3-497-02236-6
Im logopädischen Alltag stellt sich bei jeder Sprachuntersuchung mehrsprachiger Kinder auch die Frage nach den Fähigkeiten in der Erstsprache. Ohne entsprechende Sprachkenntnisse ist eine Beurteilung nur mit Hilfe der Eltern bzw. anderer sprachkundiger Personen möglich. Die neue ESGRAF-MK stellt eine Lösung für dieses Problem in Aussicht – zumindest für die angebotenen Sprachen (Türkisch, Russisch, Polnisch, Italienisch, Griechisch).
Zielgruppe des Screenings sind 4-10-jährige bilinguale Kinder, die im Deutschen Sprachauffälligkeiten zeigen. Das Diagnostikverfahren soll es Praktikern ermöglichen, differenzialdiagnostisch zwischen 3 Gruppen zu unterscheiden: Kinder mit Auffälligkeiten in der Zweitsprache Deutsch, Kinder mit leichten Sprachauffälligkeiten in beiden Sprachen, die jedoch nicht unter den Begriff Sprachentwicklungsstörung fallen, sowie als 3. Gruppe Kinder mit einer SSES, die sich in beiden Sprachen zeigt. Nur die letzte Gruppe hat Anspruch auf eine von der Krankenkasse finanzierte Therapie. Motsch betont die Wichtigkeit einer solchen Differenzierung, um einerseits Kinder nicht fälschlicherweise als sprachgestört zu klassifizieren oder umgekehrt einem Kind mit einer SSES in beiden Sprachen die notwendigen Fördermaßnahmen nicht vorzuenthalten.
Der Autor des Screenings sieht bei monolingualen Kindern die grammatische Störung als Hauptmerkmal einer SSES an. Neuere Studien zeigten zudem, dass bei multilingualen Kindern der Wortschatz der Zweitsprache den Wortschatz der Erstsprache oft überhole und somit nicht mehr als Indikator für die Sprachkompetenz geeignet sei. Demgegenüber gelte es als belegt, dass Kinder in allen Sprachen die wichtigsten grammatischen Regeln in den ersten 3 Lebensjahren erwerben. Aus diesen Gründen wurde die Grammatikentwicklung als Prüfungsgegenstand ausgewählt.
An der Entwicklung des Screenings haben mehrere Muttersprachler mitgewirkt. Die Experimentalversion wurde an 77 bilingualen, im Deutschen spracherwerbsauffälligen Kindern erprobt und nach den Rückmeldungen der Diagnostiker überarbeitet.
Die Überprüfung besteht sprachabhängig aus 16-24 Items. Das Kind sieht am PC jeweils ein bzw. mehrere Fotos und wird durch Fragen bzw. Aufforderungen in seiner Erstsprache (von der Test-CD) zu einer Antwort animiert. Überprüft werden früh erworbene Fähigkeiten („Basics“) und später auftretende Fähigkeiten. Sprachabhängig gibt es Items zu verschiedenen Merkmalen, z.B. wird im Russischen das 6-teilige Kasussystem besonders berücksichtigt, nicht jedoch die Verbzweitstellung im Hauptsatz, die für das Russische nicht relevant ist. Die Merkmale der Zielantworten, auf die Untersucher achten sollen, sind im Manual unterstrichen (und nicht fett gedruckt, wie in der Beschreibung angekündigt). Als Durchführungszeit werden 10-20min angegeben.
Die Äußerungen werden mit „richtig“ oder „falsch“ bewertet. Falls dies z.B. aufgrund von Aussprachestörungen nicht möglich ist, „sollte konsequent die Taste „nicht auswertbar“ gedrückt werden“. Das Handbuch nennt bei Bewertungsproblemen die Möglichkeit, evtl. anwesende Eltern zu befragen, was das Kind gesagt hat oder ob es grammatisch korrekt geantwortet hat. Bei den Nebensätzen darf das Kind aufgefordert werden, den Satz mit der entsprechenden Konjunktion zu bilden.
Bei der automatischen Auswertung wird zwischen dem Gesamtprozentwert falscher Ergebnisse und dem Prozentwert falscher Ergebnisse für „späte Fähigkeiten“ unterschieden. Als Prozentsatz für einen auffälligen Grammatikerwerb wird eine Fehlerquote von 14-18% für die frühen Fähigkeiten angegeben, für die später erworbenen Fähigkeiten eine Quote von 12-16%. Regelverstöße unter 10% werden wie bei monolingualen deutschsprachigen Kindern als Normvariante akzeptiert. Das Manual gibt für jede Sprache an, ab welchem Alter die späten Fähigkeiten in die Bewertung einbezogen werden. Der ausgefüllte Testbogen mit dem Ergebnis liegt direkt nach Abschluss der Testung als PDF-Datei vor. Neben der quantitativen ist auch eine qualitative Auswertung möglich, die Aufschluss darüber gibt, welche morphologischen oder syntaktischen Regeln dem Kind Probleme bereiten.
Erste eigene Erfahrungen zeigen, dass die empfohlene Einarbeitung wie angekündigt relativ zeitaufwändig ist, auch wenn das Manual die grammatischen Regeln der Zweitsprachen sowie deren normalen und gestörten Erwerb sehr komprimiert und gut lesbar dargestellt. Bei der Anwendung fielen die ansprechenden und gut erkennbaren Fotos positiv auf. Das 5-jährige russischsprachige Testkind arbeitete motiviert mit und benannte alle Bilder problemlos. Trotz anfänglicher Skepsis gelang die Beurteilung der kindlichen Äußerungen auch ohne russische Sprachkenntnisse – von wenigen Ausnahmen abgesehen. Allerdings musste das Kind mehrere Items wiederholen. Die Mutter des Kindes war nicht anwesend und konnte nicht zur Klärung beitragen. Hilfreich war die Unterstützung eines zweiten Beurteilers.
Bei der ersten orientierenden Anwendung der Test-CD irritierte zunächst, dass die einzelnen Bilder keine Schaltflächen aufweisen und sich nur über die Tastatur steuern lassen. Wünschenswert wäre hier eine selbsterklärende Menüführung oder eine übersichtliche Kompaktanleitung, die bei der Testung als Orientierung dienen könnte. Dadurch wäre auch das Hin- und Herblättern zwischen Bedienungsanleitung und den jeweiligen Testitems zu vermeiden. Zur Beurteilung der kindlichen Lautäußerungen sind Kenntnisse der Lautzeichen nach der „International Phonetic Association (IPA)“ unbedingt erforderlich, was in der Durchführungsanweisung erwähnt werden sollte. Die Möglichkeit, einzelne Items anzusteuern und Hinweise auf die Systemvoraussetzungen auf dem Einband des Screenings oder in der Verlagsbeschreibung wären ebenfalls wünschenswert.
Unsicherheiten bei der Beurteilung der kindlichen Äußerungen können das Ergebnis des Screenings beeinflussen. War das Prüfkind mit einem Fehler und 4 nicht beurteilbaren Äußerungen zunächst altersgemäß entwickelt, lag das Ergebnis bei der Wertung dieser Äußerungen als falsche Antworten an der Grenze zum auffälligen Grammatikerwerb. Dies erscheint problematisch, weil sich dadurch möglicherweise andere therapeutische Konsequenzen für dieses Kind ergeben würden. Diese Beurteilungsunsicherheiten sollen jedoch mit zunehmendem „Einhören“ abnehmen.
Trotz einiger Kritikpunkte bietet die ESGRAF-MK erstmals eine praktikable Möglichkeit, sich schnell einen Überblick über die Erstsprachfähigkeiten mehrsprachiger Kinder zu verschaffen. Auch wenn die Auswertungsobjektivität verbessert werden kann, ergänzt die ESGRAF-MK die Sprachdiagnostik bei mehrsprachigen Kindern sinnvoll und kann die Entscheidungsfindung für eine angemessene Förderung unterstützen. Eine differenzialdiagnostische Zuweisung zu einer der 3 eingangs genannten Gruppen allein aufgrund der Screeningergebnisse erscheint fraglich, wie auch Beispiele im Manual zeigen. Nur wenn die Sprachbiografie des Kindes (Kontakt zur Erst-/Zweitsprache, Qualität des Sprachangebots) berücksichtigt wird, ergibt sich ein vollständiges Bild.
Motsch sieht die Einsatzmöglichkeiten des Screenings „ [...] in allen Übergangssituationen und Schnittstellen unseres Bildungssystems, sowohl bei Sprachstandserhebungen bei Vierjährigen als auch bei Schuleingangsuntersuchungen [...] “. Neben der diagnostischen Nutzung können die Informationen über sprachliche Besonderheiten bzw. Kompetenzen in der Erstsprache auch für die logopädische Therapieplanung bzw. Elternberatung nützlich sein. Da die ESGRAF-MK linguistische und phonetische Grundkenntnisse sowie Kenntnisse der kindlichen Sprachentwicklung voraussetzt, sollte sie ausschließlich von Fachleuten aus den Bereichen Sprachtherapie/Sprachförderung durchgeführt werden.
Heike Dzubiel, Norderstedt
2011, Thieme, Stuttgart, 4. Aufl., 192 Seiten, 157 Abb., kart., Preis 49,99 €
ISBN 978-3-131-18004-9
Das Werk, das sich als Anleitung für die praktische Hörprüfung versteht, liegt nun in 4., aktualisierter und erweiterter Auflage vor. Gegenüber der 3. Auflage wurden einige Verbesserungen und Ergänzungen vorgenommen. Insbesondere wurden die Kapitel „Akustisch evozierte Potenziale“ (z.B. Chirp-BERA), „Hörgeräte“ (z.B. implantierbare Mittelohrhörsysteme) und „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (z.B. Neuerungen im Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G20 „Lärm“) aktualisiert. Zudem wurde das Buch gegenüber der 3. Auflage farblich etwas belebt, auch wenn es bei den bekannten s/w-Abbildungen geblieben ist, die hier und da ergänzt bzw. überarbeitet wurden.
Die Gliederung des Buches ist für das sequentielle Durcharbeiten logisch aufgebaut, lässt aber auch modulares Lesen und punktuelles Nacharbeiten zu, wenn es dem Leser um ein Update ausgewählter Themenschwerpunkte geht. Nach einführenden Kapiteln (Hörorgan, Krankheiten des Gehörs, Akustische Grundlagen) folgt die Behandlung der einzelnen Hörprüfverfahren, wie Stimmgabel- und Hörweitenprüfung, Tonschwellenaudiometrie, Überhören und Vertäubung, Lautheitsausgleichstests, Verdeckbarkeit und Hörermüdung, Sprachaudiometrie, Aggravation und Simulation, Impedanzmessung, otoakustische Emissionen, akustisch evozierte Potenziale sowie die Verfahren der Kinderaudiometrie. Es folgen 3 weitere Schwerpunkte zu den Themen Hörgeräte, arbeitsmedizinische Gehörvorsorge und Begutachtung. Abgerundet wird das Buch durch eine Sammlung von Fallbeispielen, einer Übersicht der Verfahren im topodiagnostischen Kontext und einer Literaturliste, die sich sinnvollerweise auf die wichtigsten Quellen beschränkt. Ferner ist dem Buch eine CD-ROM beigelegt, die ein Audiometrie-Simulationsprogramm (AUDIOSIM) enthält, das auf allen IBM-kompatiblen Rechnern sowie Apple-Produkten lauffähig ist. Zudem enthält die CD Hörbeispiele, um Normalhörenden (Familienangehörigen, Begleitpersonen etc.) die Hörwahrnehmung von Schwerhörigen sowie die Wiedergabeeigenschaften von Cochlea-Implantaten in etwa demonstrieren zu können.
In dieser Form stellt das Buch eine ausgezeichnete Anleitung für das praktische Audiometrieren sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene dar und erfüllt damit seinen Zweck in hervorragender Weise. Dass Hintergrundwissen und angrenzende Felder insgesamt knapp gehalten oder auch ausgespart werden, ist sinnvoll und entspricht dem Charakter des Buches, das ja kein Audiologie-Lehrbuch sondern ein Leitfaden für das praktische Arbeiten am Audiometer sein will. Mögliche Einwände und Abstriche sind unbedeutender Natur: so mag man sich z. B. fragen, warum gerade ein Cymba-Hörgerät als nicht-repräsentative Bauform den Weg auf die Titelseite gefunden hat, oder warum in Zeiten der Digitaltechnik ein herkömmlicher Hörgeräteverstärker anstelle eines Signalprozessors auf Seite 116 dargestellt wird. Doch wie gesagt, tun derartige Marginalien der positiven Gesamtbewertung keinen Abbruch.
Das beiligende AUDIOSIM-Programm wird für zahlreiche Nutzer eine gute Hilfe sein, um das Audiometrieren und speziell das Vertäuben einzuüben. Selbstverständlich kann und will sich dieses mitgelieferte Programm nicht mit den komplexeren, professionellen Lernprogrammen zu diesem Thema messen, die als eigenständige Softwareprodukte angeboten werden. Schließlich sind diese in einem deutlich höheren Preissegment angesiedelt und erheben einen anderen Anspruch. Hilfreich für AUDIOSIM-Nutzer - insbesondere für Anfänger – wäre vielleicht der Hinweis, das Programm nicht im Vollbild-Modus zu betreiben, da dadurch ein nicht-normgerechtes Achsenverhältnis erzeugt wird, was wiederum einer adäquaten Ad-hoc-Beurteilung des Hörverlusts im Weg steht.
Fazit
Zusammenfassend darf man feststellen, dass auch die neue Auflage des Mrowinski/Scholz allen aktiv audiometrierenden Berufsgruppen uneingeschränkt als Anleitung zum praktischen Audiometrieren empfohlen werden kann. Aber auch denjenigen Berufsgruppen, die die Methodik lediglich kennen und verstanden haben müssen, sei dieses Standardwerk für praktisches Audiometrieren ans Herz gelegt. Angesichts dessen ist abzusehen, dass auch diese 4. Auflage breite Akzeptanz bei der Leserschaft finden und ähnliche Popularität erlangen wird wie schon die Vorgängerauflagen. Dafür spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass die 3 letzten Auflagen innerhalb von nur 9 Jahren erschienen sind.
Prof. Dr. Jürgen Kießling, Gießen
2009, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein, 8,40 €
ISBN 978-3-8248-0297-5
Das 64 Seiten umfassende Bändchen, geschrieben von einer Klinischen Neuropsychologin, ist ein Beitrag in der Reihe „Das Gesundheitsforum“ des Schulz-Kirchner Verlags. Es versteht sich als „Ratgeber für Angehörige, Betroffene und Fachleute“ und enthält neben 47 Seiten Text einen 8-seitigen Anhang mit Kontaktadressen von Verbänden im Bundesgebiet, weiterführender Literatur und Arbeitsmaterialien, einem alphabetischen Glossar sowie 4 Arbeitsblättern.
Die Begrifflichkeit „Exekutivfunktionen“ ist äußerst komplex. Die Autorin spricht daher von einem Regenschirmbegriff (S.13). Exekutivfunktionen umspannen Vigilanz, Aufmerksamkeit und Informationskoordination; die Planung, Antizipation, Initiierung (aber auch Hemmung) und Steuerung von Handlungen; Flexibilität; sprachlogisches Denken – also Funktionen, die bei Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma gestört sein können, aber auch bei solchen mit entzündlichen Hirnerkrankungen, Hirnblutungen, extrapyramidalen und psychiatrischen Erkrankungen. Dann spricht man von einem „Dysexekutiven Syndrom“ – einem breiten und uneinheitlichen Beschwerdekomplex. Betroffene Patienten können keine problemlösende Handlung(en) organisieren, was zu erheblichen Schwierigkeiten im Alltag bzw. bei alltagsrelevanten Aktivitäten führt. Neben diversen kognitiven Beeinträchtigungen gibt es Beeinträchtigungen auf Verhaltensebene, die wiederum sehr heterogen ausfallen können. Die resultierenden Defizite sind durch die jeweilig geschädigten Hirnstrukturen bestimmt.
Das Kompendium empfiehlt sich selbst als kurz gefasster Überblick, als ein Ratgeber für Angehörige, Betroffene und Fachleute. Neben Laien sollen vor allem Praktiker angesprochen werden. Einer solch umfassenden Zielklientel an Lesern mit einem einzigen Kompendium inhaltlich gerecht werden zu wollen, kann a priori nicht gelingen. Für die Fachleute ist der Text zu oberflächlich, insbesondere für Therapeuten zu undifferenziert, und somit für diese Zielgruppe nicht unbedingt empfehlenswert. Für Betroffene sind die Ausführungen möglicherweise zu kompakt. Die dennoch vorhandenen Redundanzen in den verschiedenen Kapiteln gehen zu Lasten der eigentlich trennscharf erfolgten Gliederung der Thematik (in Definition des Störungsbildes, Ätiologie, Diagnostik, Therapie und Angehörigenberatung – auch wenn die Kapitel nicht so getitelt, sondern jeweils mit einer Überschrift für Laien in Gestalt eines Satzes versehen sind). Das dämpft das Leseinteresse. Erfreulich dagegen die farblich unterlegte Merkboxen, die am Ende eines Kapitels den Text wiederholen, sowie tabellarische Textübersichten, die die Wissensorganisation erleichtern.
Prof. Dr. rer. nat. Christiane Kiese-Himmel, Göttingen
2010, Springer, Heidelberg, 164 Seiten, 69,95€
ISBN 978-3-6420-3811-2
Bei dem von V. Nas entwickelten Türkisch-Artikulations-Test (TAT) handelt es sich neben dem WIELAU-T [1] um das 2. deutschsprachige Material zur Überprüfung der Aussprache bei Kindern mit türkisch(-deutscher) Muttersprache. Ziel des Materials ist es, bei diesen Kindern die Aussprachekompetenzen auch im Türkischen überprüfen zu können. Um auch Therapeuten, die des Türkischen nicht mächtig sind, diese Überprüfung zu ermöglichen, sind alle Testitems im Protokollbogen sowohl mit der türkischen als auch mit der deutschen Bezeichnung aufgeführt, vor allem aber auch in phonetischer Lautschrift. Im Handbuch findet sich eine Einführung in die Phonetik des Türkischen. Zusätzlich liegt dem Material eine CD bei, wo für jedes Item 3 Sprecher zu hören sind, die das Item benennen, sodass man einen guten Klangeindruck der Hochlautung der Wörter erhalten kann. Außerdem ist unter jeder Itemabbildung das Zielwort noch einmal in phonetischer Lautschrift abgedruckt. Dies ist für den Untersucher hilfreich, kann aber zu Ergebnisverfälschungen bei Kindern, die bereits lesen können, führen. Dies ist durch die Klapptechnik des WIELAU-T besser gelöst.
Aus Testkonstruktionssicht ist folgendes anzumerken:
Testitems Die Testitems sind so ausgewählt, dass alle Phone des Türkischen in allen Wortpositionen überprüft werden, wobei nicht nach Silbenan- und -auslaut differenziert wird.
Bildmaterial Das Material ist eindeutig gezeichnet oder fotografiert. Es ist so ausgewählt, dass es auch dem Wortschatz kleiner Kinder entspricht.
Testobjektivität Der TAT ist objektiv durchführbar, eine klare Handanweisung besteht. Ob die Kinder allerdings einem Nicht-Muttersprachler auf Türkisch antworten, muss hinterfragt werden, denn dies ist aus Erfahrung nicht so. So werden die Kinder voraussichtlich trotz anders lautender Aufforderung auf Deutsch antworten und das Türkische vermeiden.
Auswertung Laut Autor ist es dem Untersucher möglich, den Sprechentwicklungsstandes eines Kindes zu bestimmen und neben einer Feststellung, ob dieser altersgemäß ist, auch darzulegen, welche Art von Aussprachestörung ein Kind aufweist, wenn eine nicht altersgemäße Entwicklung vorliegt. Hier kommen 3 große Probleme zum Tragen. 1. findet sich im Handbuch eine sehr wirre und vielseitige Nomenklatur. 2. wird angegeben, dass sich zum einen an „allgemein akzeptierte Parameter“ gehalten wird (die eine Mischung aus der Klassifikation nach Dodd [2], die nicht allgemein akzeptiert ist, und weiteren Diagnosen ist), andererseits, wird eine veraltete, rein segment-orientierte phonetische Auswertung vorgenommen, die eine derartige Differenzialdiagnose unmöglich macht. 3. werden im Text Bezugsdaten angegeben, die für monolingual- deutschsprachige Kinder gelten und im Protokollbogen sind Daten vermerkt, deren Herkunft unbekannt ist. Warum die Erwerbsdaten für das Türkische von Topbas [3] keine Erwähnung und Basis finden, ist unklar. Desweiteren ist es laut Nas möglich, Aussagen über weitere sprachliche Parameter wie Wortschatz und Grammatik zu machen. Dies ist meines Erachtens ein viel zu hoch gegriffenes Ziel und kann zu gefährlichen Fehldiagnosen führen. Die im Handbuch nicht deutlich herausgearbeitete, aber bedeutsame Trennung von mangelnder Sprachkompetenz im Türkischen, bzw. Deutschen und eine Sprachentwicklungsstörung kann hierdurch erneut verwischt werden.
Als Fazit ist zu sagen, dass mit dem Material eine schöne, linguistisch korrekte Basis geschaffen wurde, auf die leider eine völlig andere Art der Auswertung aufbauen müsste, damit wirklich ein sinnvolles Instrument für den Untersucher zur Verfügung steht.
Literatur
Prof. Annette Fox-Boyer, Hamburg
3. Auflage 2010, Schulz-Kirchner, Idstein, 136 Seiten, 18,95 €
ISBN 978-3-8248-0403-0
Das Buch „Frühförderung bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Fehlbildungen“ (LKGS) richtet sich nicht nur an Sprachheilpädagogen und Logopäden, sondern auch an die Eltern betroffener Kinder und gibt einen guten und umfangreichen Einblick in die Embryologie, die Erscheinungsformen, Folgebeeinträchtigungen und komplexe interdisziplinäre Betreuung von Kinder mit LKGS-Fehlbildungen. Dabei geht die Autorin nicht nur auf die kindzentrierte Förderung, sondern auch auf die psycho-soziale Beratung der Eltern und des Umfeldes ein. Sie vermittelt ausführliche allgemeine Grundkenntnisse über die LKGS-Fehlbildungen, die Möglichkeiten der medizinischen und therapeutischen Maßnahmen, sowie über die Prävention, um Folgebeeinträchtigungen zu reduzieren oder gar ganz zu vermeiden. Die gewählte Ausdrucksweise gewährleistet dabei, dass sich dieses Buch nicht nur als Nachschlagewerk für Logopäden und angehende Logopäden eignet, sondern auch betroffenen Familien und fachfremden Personen alle Informationen sicher und problemlos vermittelt.
Den Fokus auf der primären Prävention und der Betreuung und Unterstützung der Eltern zu legen, wirkt besonders sinnvoll. Die Autorin verdeutlicht in diesem Buch die Wichtigkeit der frühen Behandlung der LKGS-Kinder, sowie die wichtige interdisziplinäre Arbeit aller Fachkompetenzen, um die Entwicklung des Kindes so komplikationslos wie möglich zu gestalten. Gerade auch die Entwicklungstabellen und die Tabellen mit Hinweisen zur häuslichen Förderung, erachte ich als einen hilfreichen Bestandteil des Buches – sowohl für Eltern, als auch Sprachtherapeuten. Weiterhin stechen die Vordrucke der Antragsformulare, die Informationen über die Heilmittelrichtlinien und die finanzielle Hilfe, die den Familien ggf. zusteht, positiv heraus.
Zusammengefasst eignet sich dieses Buch für alle Personen, die in beruflicher oder privater Hinsicht mit betroffenen Kindern leben oder arbeiten – als Vorbereitung, Nachschlagewerk oder hilfreicher Leitfaden durch die gesamte Entwicklung des Kindes.
Carmen Rose, Hannover
2011, Reinhardt, München, 216 Seiten, Preis 89,90€
ISBN 978-3-497-02234-2
Dr. Sandra Neumann ist Sprachheilpädagogin und beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Fehlbildungen (LKGS-Fehlbildungen). Sie ist Autorin eines Frühförderbuches, eines Ratgebers und eines Internetportals (www.cleftnet.de) zum Thema. Sie hat für den deutschsprachigen Raum das erste Diagnostik- und Dokumentationsinventar „LKGSF komplex“ im Rahmen ihrer Dissertationsarbeit entwickelt.
„LKGSF komplex“ ist ein Buch und ein Manual, das Sprachtherapeuten (Logopäden) die erfahren oder Berufsanfänger sind, in der Untersuchung und Behandlung von Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Fehlbildung informiert, unterstützt, zum Nachdenken bringt, zu einer umfassenden Dokumentation anleitet und nicht zuletzt zu einer einheitlichen Terminologie führt. Das Buch ist auch eine Lektüre für alle Fachleute, die sich mit dem Thema befassen, da bekanntlich die Behandlung der Patienten mit LKGSF interdisziplinär erfolgen muss und eine interprofessionelle Kooperation notwendig ist. Die Fülle an sehr gut recherchierten, theoretischen Erklärungen untermauert die zahlreichen Parameter in der Diagnostik und Dokumentation. Das Buch zeigt die Komplexität des Themas und bedarf daher einer eingehenden Lektüre.
Die zum Buch begleitende CD-ROM beinhaltet 14 unterschiedliche, umfangreiche Dokumentationsbögen, die einzeln anwendbar an. Wünschenswert wäre hier eine papierlose Form der Dokumentation gewesen. Die Bögen enthalten eine Basisdokumentation und verschiedene Protokollen, die die Therapieplanung, die Behandlung, den Therapieverlauf, die Qualitätskontrolle, die Kommunikation zwischen Therapeuten und Ärzten und die klinische Studien durch einheitliche Dokumentation (Internationale Minimalstandards: Universelle Reporting Parameter für LKGS-Fehlbildungen) ermöglichen. Die Bögen für die Analyse der sprachlichen Aktivität und Partizipation (Teilhabe) bei Kindern – ASAP-K – und bei Erwachsenen – ASAP-E – orientieren sich an Komponenten und Kontextfaktoren der ICF/ICF-CY. Alle relevanten Personen aus der Umwelt des Kindes werden durch diese Fragebögen in die Informationsgewinnung mit einbezogen. Diese Bögen zeigen eine moderne und äußerst wichtige Betrachtung des betroffenen Patienten und seiner Zufriedenheit in Hinblick auf seine persönliche Weiterentwicklung.
Eine vereinfachte Form der Analyse der Diagnostik-Bögen wird durch Piktogramme (statt durch Farbampeln) unterstützt, so dass ein Überblick leichter gelingen sollte und die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen dadurch klar gekennzeichnet werden.
Die LKGSF-typischen artikulatorischen Auffälligkeiten (frühkindliche Sprechprozesse) werden gut beschrieben. Für die phonologisch-phonetische Analyse sind Kenntnisse und Materialien der üblichen Diagnostik-Verfahren (PLAKSS, AVAK, PDSS und PAP) notwendig. Das Kapitel „Orofaziale Diagnostik“ ist sehr umfangreich und unterstützt die anatomisch-funktionelle Betrachtungsweise Schritt für Schritt, inklusive der Nahrungsaufnahmesituation und der Hilfsmittel, die dazu notwendig sind. Allerdings hätten in diesem Kapitel die Bilder nicht so sparsam gehalten werden sollen, da bezüglich Indikation der Hilfsmittel und Herstellung der Mund-Nasen-Trennplatte (Gaumenplatte, Trinkplatte) in den verschiedenen Kliniken noch sehr große Unterschiede bestehen.
Das Buch ist ein Leitfaden für die evidenzbasierte Praxis bei LKGSF – eine lohnende Lektüre nicht nur für Interessierte am Thema LKGSF, ein Nachschlagewerk.
Bianca Specht-Moser, Salzburg
2012, Thieme, Stuttgart, 232 Seiten, 13 Abbildungen, mit Online-Materialien, 39,99 €
ISBN 978-3131479419
Das in der ersten Auflage erschienene Buch zur Diagnostik und Therapie der akuten Aphasie bietet einen anschaulichen, aktuellen, umfassenden und sehr gut fundierten Überblick über den Themenbereich. Nach einer Einführung in klinische Grundlagen und die Bedeutung der ICF in der Akutreha werden Prinzipien sowie diagnostische und therapeutische Verfahren vorgestellt. Dabei finden alle logopädisch relevanten Störungen sowie mögliche neuropsychologische Begleitstörungen ausreichend Berücksichtigung. Für genauere Informationen bezüglich spezieller Fragestellungen bietet ein umfangreiches Literaturverzeichnis viele Quellen zur Vertiefung. Fallbeispiele im Text erleichtern die Umsetzung der Theorie in die Praxis.
Im Anhang enthält das Buch den bereits 1991 von einem der Mitautoren, Rolf Biniek, veröffentlichten Aachener Aphasie-Bedside Test (AABT), einem psychometrisch gut abgesicherten Verfahren zur Erfassung von Kommunikationsfähigkeit, sprachlichen Symptomen und Leistungsverlauf in der frühen Phase nach akuter Hirnschädigung. Protokollbögen und Bildstimuli sind im Anhang abgedruckt sowie online abrufbar. Die Internetmaterialien umfassen darüber hinaus die früheren Normwerte und die Handanweisung des AABT. Zwar müssen bedeutsame Teile von Testdurchführung und -auswertung somit über das Internet herunter geladen werden, jedoch sind die entsprechenden Anleitungen im Rückumschlag und die Internetseite selbst gut verständlich.
Das Buch richtet sich an Personen aus den logopädischen/ sprachtherapeutischen Berufsfeldern, die auf einer Akutstation, in der Frührehabilitation oder in der weiterführenden Rehabilitation mit Menschen arbeiten, bei denen eine akute Aphasie vorliegt. Insgesamt ist das Buch für den intendierten Leserkreis sehr empfehlenswert.
Prof. Dr. Stefanie Abel, Aachen und Gera
2011, Thieme, Stuttgart, 212 Seiten, 34, Abb.,kartoniert, 39,95 €,
ISBN 978-3-131-31181-8
Unterstützte Kommunikation wird oft als Gesamtheit der pädagogischen und therapeutischen Maßnahmen bei Menschen mit schweren Kommunikationsbeeinträchtigungen definiert. Für Men-schen, die auf sie angewiesen sind, ist unterstützte Kommunikation und nichts anderes. In Anleh-nung an den Heilpädagogen Paul Moor (1899-1977) kann man unterstützte Kommunikation auch als Kommunikation unter erschwerten Bedingungen ansehen.
Beide Perspektiven sind im Buch „Unterstützte Kommunikation in der Logopädie“ von Kerstin Nonn erfasst. Frau Nonn gehört als Logopädin seit vielen Jahren auch zu den Experten in unterstützter Kommunikation und plädiert schon lange für eine enge Kooperation zwischen unterstützter Kom-munikation und Logopädie. Nun hat sie mit Kolleginnen ein Lehrbuch vorgelegt, das dieser Ziel-richtung dient.
Die Einleitung geht auf das Menschenbild und die Philosophie, die Zielgruppen, die Begriffsdefini-tionen und die theoretische Einbettungen ein. Dabei wird insbesondere die Internationale Klassifi-kation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ICF der WHO herangezogen. Weiter werden die rechtlichen Grundlagen für die Versorgung mit Hilfsmitteln dargestellt.
Die Sprachentwicklung bei Kindern ohne Behinderung wird der Sprachentwicklung bei unterstützt kommunizierenden Kinder vergleichend gegenübergestellt. So entsteht ein Bezugsrahmen, in den sich mögliche Interventionen bei Kindern einordnen lassen.
Die verschiedenen Kommunikationsmittel der unterstützten Kommunikation – körpereigene, nicht-technische und technische – werden ausführlich vorgestellt und auf ihre Anwendungsmöglichkei-ten hin diskutiert.
Die beiden folgenden Kapitel Diagnostik und logopädische Praxis übertragen die Möglichkeiten der unterstützten Kommunikation in die konkrete Arbeit. Unter Diagnostik wird ein Überblick gegeben über eine ganze Palette unterschiedlicher diagnostischer Verfahren, die sinnvoll eingesetzt werden können. Diese beziehen sich nicht nur auf Verständnis und Produktion von Lautsprache und alter-nativen Kommunikationsmitteln, sondern beziehen z.B. auch die für Interventionen ebenfalls wich-tigen sozialen Netzwerke mit ein.
Von der Diagnostik ausgehend werden Schritte zur Intervention und deren Evaluation entwickelt und in ein zyklisches Interventionsmodell eingebettet. Viele Beispiele aus der logopädischen Pra-xis illustrieren die Anwendung des zuvor entwickelten konzeptionellen Wissens im professionellen Alltag. Die Beispiele reichen von anathrischen Kindern über Menschen mit Autismusspektrumsstö-rungen bis hin zu Menschen mit Aphasie.
Der Anhang bietet umfangreiche Materialien für die Diagnostik, Interventionsplanung, Hilfsmittel-beantragung und weiteres. Für die Vertiefung zu einzelnen Themen bietet das Literaturverzeichnis eine geeignete Auswahl aktueller Veröffentlichungen.
Während in vielen Ländern, insbesondere den angelsächsischen und skandinavischen, die Unter-stützte Kommunikation in der Logopädie verwurzelt ist, nahm sie in Deutschland ihren Ursprung in der sogenannten Körperbehindertenpädagogik. Das mag erklären, warum teilweise ein vermeintli-cher Gegensatz von Logopädie in einer verengten Sicht als Lautsprachförderung und unterstützter Kommunikation in einer ebenfalls verengten Sicht als Einsatz alternativer Kommunikationsmittel konstruiert wurde. Kerstin Nonn gehört seit vielen Jahren zu denjenigen, die einen solchen Gegen-satz ablehnen. Mit ihrem Buch hat sie das Potenzial der unterstützten Kommunikation für die Lo-gopädie und auch umgekehrt deutlich gemacht.
„Unterstützte Kommunikation in der Logopädie“ ist ein hervorragendes Lehrbuch für die Ausbil-dung und das Studium in den Bereichen Logopädie, Sprachtherapie, Sprachheilpädagogik und Patholingustik. Gleiches kann für die Ergotherapie, die Physiotherapie und die Heil-, Sonder- sowie Rehabilitationspädagogik gelten. Es bietet damit eine wertvolle und aktuelle Ergänzung zu den bis-her vorliegenden Einführungen von Tetzchner und Martinsen (2000) und Kristen (2002) und sollte als Nachschlagewerk in keiner therapeutischen bzw. heilpädagogischen Praxisstelle fehlen.
Prof. Dr. Gregor Renner, Freiburg
2011, Schulz Kirchner, Idstein, Aufl., 64 Seiten, broschiert, Preis 8,40 €,
ISBN 978-3-8248-0865-6
Das vorliegende Buch ist als Ratgeber für Betroffene und (Sprach)Therapeuten konzipiert. Es soll einen Einblick geben und Mut machen, sich als Schwerhöriger mit dem Thema der Cochlea-Implantat-Versorgung (CI-Versorgung) zu beschäftigen. Als Buchrezension für die Fachzeitschrift Sprache – Stimme – Gehör muss auf die inhaltliche Qualität geachtet werden. Diese ist hier in vielen Passagen nicht befriedigend erreicht. Beginnend bei der historischen Entwicklung der CI-Versorgung im Vorwort wird beispielsweise falsch dargestellt, dass die CI-Versorgung bei Kindern den Weg auch für Erwachsene öffnete. Die tatsächliche historische Entwicklung, dass nämlich die ersten Implantationen bei Erwachsenen vorgenommen wurden, prägt immer noch die wissenschaftliche klinische Entwicklung der CI-Versorgung in den großen internationalen Kliniken. Zunächst werden Erfahrungen bei erwachsenen Patienten gesammelt, um mit deren Fähigkeit zur Mitarbeit den Fortschritt zu erreichen und potentielle Komplikationen rechtzeitig zu erkennen. Gerade diese Entwicklungsschritte schaffen sowohl Vertrauen bei Eltern als auch bei Erwachsenen. Denn dadurch ist auch bei Erwachsenen gewährleistet, dass immer ein sehr hoher Qualitätsanspruch gestellt ist.
Bei der Darstellung der Ursachen ist auf die große Gruppe der unbekannten Schwerhörigkeiten eingegangen, aber die im Detail gelisteten potentiellen weiteren (zum Teil extrem seltenen) Ursachen sind sicher nicht fachärztlich korrigiert worden.
Die Darstellung der Zielgruppen – und somit die Aufforderung an Patienten mit einem Gehör im Grenzbereich – ist gelungen und macht den Lesern Mut, sich um das Thema zu bemühen.
Fragwürdig wird die Empfehlung zur Therapiestrategie (Checkliste für die Wahl der Klinik). Für den Leser erschließt es sich nicht warum bei einer seltenen Erkrankung (nur 2 % sind davon betroffen), mit komplex dargestelltem komplexem Vorgehen andererseits an zentraler Stelle auf eine wohnortnahe Versorgung hingewiesen wird. Ein Hinweis auf die Leitlinien der AWMF wäre sicher wünschenswert – zumal eine Autorin daran mitgearbeitet hat.
Bedauernswert ist, dass abschließend bei der Auflistung der Kontraindikation die anatomischen Varianzen eingeschlossen sind. Der Hinweis auf andere Versorgungsmöglichkeiten wie das ABI gleicht dies nur zum Teil aus.
Fazit
Das Buch ist als Ratgeber für den Laien verwendbar. Für Therapeuten würden wir es auch als Einstieg in das Thema nicht empfehlen. Schön wäre eine Überarbeitung durch einen HNO-Facharzt mit ausgiebiger Erfahrung im Bereich der Hörsystemversorgung. Das Buch würde deutlich an Informationssicherheit gewinnen.
Prof. Dr. med. A. Lesinski-Schiedat, Hannover
2010, Beltz, Weinheim/ Basel, 284 Seiten, mit DVD, 79,95 €
ISBN 978-3-621-27785-3
Die Autoren legen ein Buch vor, das in wesentlichen Teilen von Peter in Zusammenarbeit mit Raith-Kaudelke, gehörlos, entwickelt wurde. Scheithauer hat die Arbeit fachlich unterstützt und begleitet.
Das Buch gliedert sich in 3 Teile mit 9 Kapiteln.
Teil I „Grundlagen“, umfasst die Einführung mit Informationen über Gehörlosigkeit, Kommunikationsformen Gehörloser und über die Gehörlosengemeinschaft und -kultur. Kapitel 2 und 3 setzen sich mit hörenden Kindern gehörloser Eltern und Gehörlosen als Eltern auseinander. Sie bilden inhaltlich und thematisch die Voraussetzungen für das im Kapitel 4 vorgestellte CODA (Children Of Deaf Adults) Trainingsprogramm. Dieses ist als präventive Interventionsmaßnahme für gehörlose Eltern mit hörenden Kindern entwickelt worden. Das Programm besteht aus 2 getrennten Kurskonzepten – einem Kinderkurs (für Kinder im Alter von 8-12 Jahren) und einem Elternkurs für die gehörlosen Eltern. Im Kinderkurs geht es schwerpunktmäßig um die Förderung der psychosozialen Entwicklung, im Elternkurs um die Förderung der elterlichen Erziehungskompetenz. Aufbau, Struktur, Schwerpunkte und Elemente der Kurse werden in den Teilkapiteln 4.3 (für den Kinderkurs) und 4.4 (für den Elternkurs) beschrieben. Der 1. Teil des Buches wird beendet mit der Vorstellung der Ergebnisse aus der Trainingsevaluation.
Teil II und III enthalten die Trainingsmanuale für den Kinder- und den Elternkurs (Kapitel 6 und 7) und die Materialien für die jeweiligen Kurse (Kapitel 8 und 9).
Teil I bildet damit die theoretische Hinführung zum Trainingsprogramm, die Teile II und III stellen die Kurse und die Materialien für die Durchführung und Umsetzung in der Praxis vor. Das Trainingsmanual und die Materialien werden anschaulich, gut strukturiert und verständlich dargeboten. Besonders gelungen sind die Materialien für die Kinderkurse. Sie dürften die Kinder ansprechen und zur Mitarbeit motivieren. Die zahlreichen Arbeitsblätter erleichtern eine Anwendung des Programms in der Praxis.
Das Trainingsprogramm eignet sich für Beratungsstellen, die mit gehörlosen Familien arbeiten. Es kann und sollte auch in Frühförderstellen für hörgeschädigte Kinder zur Verfügung stehen, da in diesen häufig auch mit hörenden Kindern gehörloser Eltern – als von Behinderung bedroht – gearbeitet wird. Das Trainingsprogramm ist klar beschrieben und enthält viele gute Ideen und Anregungen.
Mit fast 80 € ist das Buch nicht als kostengünstig anzusehen und wird – da für die praktisch Tätigen vor allem die Manuale und Materialien wichtig sind − zum Kopieren verleiten.
Prof. Dr. Annette Leonhardt, München
2010, Beltz, Weinheim/ Basel, 136 Seiten, mit DVD, 24,95 €
ISBN 978-3-621-27786-0
Seit Mitte/Ende der 90er Jahre ist das Thema CODA (Children Of Deaf Adults) verstärkt in das Interesse der Forschung gerückt (z.B. Funk 2004, Grüner 2004). Obwohl es auch schon früher punktuell immer wieder Veröffentlichungen zum Thema gab, wurde erst in jüngerer Zeit sowohl durch Betroffene selbst als auch durch die einschlägigen Wissenschaften das Augenmerk auf die hörenden Kinder gehörloser Eltern gerichtet. Diese Konstellation erscheint komplexer als jene von gehörlosen Kindern gehörloser Eltern, die allerdings ebenso wenig Beachtung fand.
Peter beschäftigt sich seit 2004 mit hörenden Kindern gehörloser Eltern. Raith-Kaudelke ist selbst gehörlose Mutter hörender Kinder. Scheithauer leitet den Arbeitsbereich Entwicklungswissenschaft und Angewandte Entwicklungspsychologie an der Freien Universität Berlin. Sie haben gemeinsam den Elternratgeber herausgegeben.
Das Buch besteht aus 8 Kapiteln und versucht, gehörlosen Eltern im Umgang mit ihren hörenden Kindern Rat, Tipps und Empfehlungen zu geben. Es werden viele für diese Familien typische Situationen aufgegriffen. Darin besteht der Wert des Buches.
Nach der Einleitung, die dem gehörlosen Leser einerseits einen Überblick über den Inhalt des Buches und andererseits über ihre besondere Situation (Leben in zwei Welten) gibt, folgen die Kapitel „Erziehungsziele“ (Kap. 2) und „Erziehungsstile“ (Kap. 3). Der Entwicklung des Kindes ist Kapitel 4 gewidmet. In diesem werden sehr unterschiedliche Aspekte, wie Persönlichkeit, motorische, kognitive und soziale Entwicklung und wie diese zu fördern sind, aufgegriffen. Der spezifischen Kommunikationssituation ist das nachfolgende Kapitel 5 gewidmet. Dieses dürfte für gehörlose Eltern besonders wichtig sein. Das Kapitel 6 erörtert Gefühle und Kapitel 7 Konflikte in der Familie. Der Elternrolle und dem Selbstwertgefühl ist das letzte Kapitel gewidmet.
Das Buch ist gut strukturiert und bringt zahlreiche Beispiele aus der Lebenswelt gehörloser Familien. Es werden typische Themen aufgegriffen (z.B. Kommunikationssituation innerhalb der Familie (s. S. 64f), Schamgefühl der Kinder, mit ihren Eltern in der Öffentlichkeit zu gebärden (s. S. 97) oder hörende Verwandte (s. S. 119).
Obwohl die Veröffentlichung gut gegliedert und anschaulich ist, habe ich Bedenken, dass die Mehrheit der gehörlosen Eltern, an die der Ratgeber gerichtet ist, die Texte versteht: Gehörlose mit Hochschulabschluss brauchen keine angepassten/adaptierten Texte. Für die anderen sind die Texte des vorliegenden Buches sehr komplex und anspruchsvoll formuliert. Viele Sätze sind umfangreich (lang), manche enthalten mehrere Nebensätze, zudem kommen nicht wenige Fremdwörter vor. Die Herausgeber gehen davon aus, dass die Leser entweder ein hohes Leseniveau haben oder kompetent in der Deutschen Gebärdensprache sind (s. dem Buch beiliegende CD). Beides ist nicht unbedingt bei allen gehörlosen Familien sichergestellt. Es erscheint unwahrscheinlich, dass der Text vor Veröffentlichung an der Zielgruppe evaluiert wurde. Gehörlose wünschen sich Bücher mit „wenig Text, einfachen Sätzen und vielen (veranschaulichenden) Bildern“. Damit wird der Ratgeber nur einen begrenzten Leserkreis unter den Gehörlosen finden.
Genutzt werden wird das Buch aber sicher von all denjenigen, die mit gehörlosen Familien arbeiten (Familientherapeuten, Beratungsstellen…), da es viele Themen aufgreift, die diese Familie betreffen.
Prof. Dr. Annette Leonhardt, München
2010, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein, 168 Seiten, 22 Abbildungen, 25,95 €
ISBN 978-3-8248-0844-1
In der Therapie mit jugendlichen und erwachsenen Stotternden fehlte bisher eine ausführliche Materialiensammlung, um Laute und Lautgruppen in der Modifikationsphase des Non-avoidance-Ansatzes oder in der Übungsphase eines Fluency-Shaping-Ansatzes gezielt zu üben. Diese Lücke schließt nun das Buch „Peter punktet bei Pauline“ der Lehrlogopädin Antje Platt.
Nach der beispielhaften Vorstellung verschiedener Modifikationstechniken liegt der Schwerpunkt dieses Werks in der Darstellung einer lautspezifisch orientierten Materialzusammenstellung. Die alphabetisch aufgebaute Sammlung gliedert sich in Listen mit Lauten und Silben, Worten, Sätzen und Texten zu 23 Lauten der deutschen Sprache. Zu jedem Laut gibt es Abbildungen eines Sagittalschnitts, Mundbilder und Informationen zur Lautbildung. In den Listen der Wortebene werden Ein-, Zwei-, Mehrsilber, Reimwörter, eine Liste mit Namen der deutschen Bundespräsidenten und Bundeskanzler ab 1949, Bundesländer und Landeshauptstädte sowie Mitgliedstaaten der EU aufgeführt. Auf Satz- und Textebene gibt es teilweise sehr humorvolle Übungsblätter, in denen der entsprechende Laut in Initialposition gehäuft auftritt.
Zu jeder Ebene beschreibt die Autorin einige Übungsideen, um mit dem vorgelegten Material mehr als nur Vorlese- und Nachsprechübungen gestalten zu können.
Fazit: Das Buch ist eine hilfreiche Unterstützung in der Therapie mit stotternden Jugendlichen und Erwachsenen, besonders, um bei Patienten mit Lautängsten lautspezifisch Modifikations- oder Sprechtechniken trainieren zu können. Aber auch in anderen Störungsgebieten, in denen lautspezifisch gearbeitet wird, ist dieses Übungsinventar eine Bereicherung für die Therapie.
Birte Ripken, Hannover
2012, Schulz-Kirchner, Idstein, 168 Seiten, 28,99 €
ISBN 978-3-8248-0896-0
Dies ist ein wichtiges Buch. Es ist das erste, das die Belastungen von nahen Angehörigen durch die Aphasie des Partners in allgemeinverständlicher Form und für ein breites Publikum darstellt. Die Themen des Buches sind in der wissenschaftlichen Literatur seit den 80er Jahren bekannt: Veränderung des Rollengefüges in der Familie, soziale Isolation, Ängste und psychosoziale Belastungen des gesunden Partners. In 5 Falldarstellungen wird die weitere Entwicklung von Menschen mit initial schwerer (globaler) Aphasie, die nach Rehabilitation noch schwer behindert in ihre Familie bzw. Partnerschaft zurückkehrten, und die Entwicklung ihrer nahen Angehörigen im Verlauf von Jahren dargestellt. Die Verläufe sind naturgemäß verschieden, von weitgehender Wiederherstellung der kommunikativen und Alltagsfunktionen bis hin zu bleibender Schwerstbehinderung. Alle Angehörigen schildern eigene schwere Belastung, Entfremdung in der Partnerschaft, Abwendung von Freunden und Bekannten, Alleingelassenwerden, fehlende therapeutische Unterstützung und fehlendes Kümmern durch Ärzte und Therapeuten. Diese Erkrankungsfolgen sind wissenschaftlich bekannt, Pullwitt gibt ihnen jedoch ein Gesicht. Schilderungen der Angehörigen über den Umgang mit ihnen und über die ihnen im Akutkrankenhaus und vielfach auch in der Rehabilitation übermittelten Informationen machen betroffen, gerade auch vor dem Hintergrund der z.T. positiven Langzeitverläufe.
Das Buch kann betroffenen Angehörigen (z.B. nach Dekompressionsoperation) einerseits Mut machen und sie andererseits auch auf anstehende gravierende Veränderungen vorbereiten. Es sollte aber auch von Ärzten in der Schlaganfallversorgung und Rehabilitation sowie von Therapeuten und Hauärzten gelesen werden. Pullwitt fordert eine gesellschaftliche Wahrnehmung der Belastungen und Nöte der Angehörigen von Menschen mit schwerer Aphasie ein. Leider verschließen sich die Medien einer breiten Aufklärung, dafür sind schwere chronische Aphasien dann doch (glücklicherweise) nicht allgegenwärtig genug. Jedem, der konfrontiert ist, der mit einer Familie mit einem schwer aphasischen Angehörigen professionell oder ehrenamtlich zu tun hat, kann das Buch nachdrücklich empfohlen werden.
Das Buch wird ergänzt durch Beiträge von Andreas Winneken zum Störungsbild Aphasie, zur Beziehung zwischen Sprache und Denken und zu (oft fehlenden) Hilfsangeboten.
Prof. Dr. med. Claus Werner Wallesch, Elzach
2012, Schulz-Kirchner, Idstein, 1. Aufl., Buch 60 Seiten, DVD 38 Minuten, 29,99 €
ISBN: 978-3824808892
Die Logopäden Werner Rauschan und Claus Welsch präsentieren in dem vorliegenden Werk ihre vielfach erprobte Vorgehensweise in der Therapie mit stotternden Jugendlichen und Erwachsenen.
Dem erklärten Ziel der Autoren, das eigene Konzept für Betroffene und Therapeuten anschaulich darzustellen, wird das Buch mehr als gerecht – nicht zuletzt durch viele Patientenbeispiele auf der zugehörigen DVD.
Grundlage der vorgestellten Therapie ist der Nicht-Vermeidungsansatz nach Van Riper, wobei die Verfasser explizit die „aktive Konfrontation“ mit dem Stottern postulieren und auch (einzelne) Unterschiede zum Van-Riper-Konzept erläutern.
Der Aufbau der Buches (1. Darstellung und Begründung der Grundregeln, 2. Beschreibung des Therapieaufbaus, 3. Darstellung eines möglichen Therapieablaufs und Aufzeigen beispielhafter Strategien zur Problemlösung) ermöglicht dem Leser einen guten Einblick in das strukturierte, flexibel und individuell anwendbare Therapiemodell.
Jede der 3 Phasen des Therapiekonzepts wird ausführlich mit ihren Zielen, der Vorgehensweise, Übungsbeispielen für die Therapie und Ideen für die Eigenarbeit des Patienten erläutert. Zusätzlich kann der Leser auf der DVD 50 (!) Patientenbeispiele zu den unterschiedlichen Phasen der Therapie anschauen.
Am Ende des Buches finden sich verschiedene Vordrucke für Befund und Evaluation von Leidensdruck, Vermeidensverhalten, Symptomintensität und Kommunikationsbereitschaft. Eine originelle Ergänzung ist das kompakte Informationsblatt, das in der Art eines medikamentösen „Beipackzettels“ formuliert ist.
Eine praxisnahe und umfangreiche Publikation, die hoffentlich viele Betroffene von dieser Therapieform überzeugt und Stottertherapeuten Anregungen für die eigene Arbeit vermittelt.
Birte Ripken, Hannover
Erzählungen aus dem Leben stotternder Menschen
1. Aufl. 2012, Demosthenes, Köln, 222 Seiten, 14,80 €
ISBN 978-3-921897-67-6
Wie der Buchtitel verspricht geht es um zahlreiche Geschichten von prominenten und weniger bekannten Stotternden.
Spannende Porträts bekannter Persönlichkeiten wie King George, Marc Chagall, Marilyn Monroe, Ludwig Wittgenstein, der Schriftstellerin Maxie Wander und des Bundestagsabgeordneten Malte Spitz wechseln sich ab mit vielen Kurzgeschichten, Erfahrungsberichten, Interviews und Kommentaren anderer stotternder Menschen.
In den Erzählungen geht es um den ganz persönlichen Kampf, um Rückschläge, aber auch um persönliche Siege und Wege im Umgang mit dem Stottern. Es geht um Themen wie Kindheitserinnerungen, Erlebnisse aus der Schulzeit, Liebe, Therapieerfahrungen, Berufswahl und den Umgang mit (beruflichen) Herausforderungen.
Aufgelockert wird das Werk durch eine Vielzahl fotografischer Porträts.
Gerd Riese, der sich selbst als „geübten Stotterer“ bezeichnet, beschreibt abwechslungsreich, authentisch und teilweise berührend verschiedene Wege der Auseinandersetzung mit dem Stottern.
Ein Buch nicht nur für Menschen, die stottern, sondern ganz sicher für alle, die „sich immer wieder der Herausforderung einer Balance zwischen Akzeptanz und Widerstand stellen“, wie es der Autor in seinem Vorwort empfiehlt.
Birte Ripken, Hannover
2008, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 3. vollst. überarb. Aufl., 222 Seiten, 13 Abbildungen, 22 Tabellen, 39,95 €
ISBN 978-3-131-18453-5
„Stottern im Kindesalter“ von Patricia Sandrieser und Peter Schneider erschien 2008 in der 3. und vollständig überarbeiteten Auflage in der Reihe „Forum Logopädie“. Das 2001 eingeführte Standardwerk zum kindlichen Stottern ist in erster Linie für Logopäden, Sprachtherapeuten, Ärzte sowie Eltern betroffener Kinder geschrieben. Fundiert präsentiert es theoretische Grundlagen, diagnostische Verfahren und therapeutische Ansätze beim Stottern im Kindesalter.
Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung. Vorangestellt ist eine breite Darstellung der theoretischen Grundlagen von Stottern, seiner Symptomatik, von Theorien des flüssigen und unflüssigen Sprechens und Modellen der Entstehung von Stottern und von Faktoren, die Einfluss auf Beginn und Verlauf von Stottern nehmen. Möglichkeiten der Prävention und die Bedeutung der frühen Intervention werden aufgezeigt. In einem 2. Kapitel werden ausführlich Diagnostikverfahren und ihre Auswertung dargelegt.
Auf einer grundlegenden Darstellung therapeutischer Prinzipien und Methoden aufbauend liegt der Schwerpunkt in der Darstellung des Therapiekonzeptes von KIDS – KInder Dürfen Stottern. Der Anwendung bei Kleinkindern (MINI-KIDS) folgt eine neu verfasste Darstellung der Anwendung bei Kindern im Grundschul- und Jugendalter (Schul-KIDS). Wert wird auf eine gut nachvollziehbare, anschauliche und praxisnahe Beschreibung gelegt, die durch Beispiele verdeutlicht wird. Die Elternarbeit als wesentlicher Therapiebestandteil kommt dabei nicht zu kurz.
Neben den zahlreichen Beispielen wird dem Leser der Zugang durch eine Überarbeitung der Buchgestaltung über Zusammenfassungen und Hervorhebungen von Definitionen und zentralen Aussagen erleichtert. Ein ausführlicher Anhang mit Eltern- und Anamnesefragebögen und diagnostischen Verfahren ergänzt das Buch, dem eine weiterhin große Verbreitung zu wünschen ist.
Prof. Dr. med. Peter Kummer, München
2008, Schulz-Kirchner-Verlag, Idstein, 1. Aufl., 184 Seiten, spiralgebunden, 32,95 €
ISBN 978-3-8248-0286-9
In diesem Lehr- und Therapiebuch wird zunächst in einer kurzen Übersicht der theoretische Hintergrund des Erzählens erläutert. So werden sowohl der strukturelle Aufbau einer Geschichte (Kohärenz), als auch unterschiedliche Kohäsionsmittel beschrieben. Im weiteren Verlauf werden dann die kognitiven Voraussetzungen für die kindlichen Erzählfähigkeiten, sowie Möglichkeiten zur Diagnostik und Förderung bzw. Therapie aufgezeigt.
Das beschriebene diagnostische Verfahren gliedert sich in die Überprüfung der mündlichen und schriftlichen Erzählfähigkeiten des Kindes, welche informell nach unterschiedlichen Gesichtspunkten analysiert werden. So wird z. B. überprüft, ob das Kind den Zuhörer/Leser ausreichend informiert und ob es Kohäsionsmittel adäquat einsetzen kann. Ideen und Materialien zur anschliessenden Förderung der kindlichen Erzählfähigkeit in den jeweiligen Bereichen stellen den Haupteil des Buches dar.
Das Buch ist anschaulich und klar strukturiert. Es bietet eine vielfältige Sammlung von Spielanleitungen und Geschichten (Kopiervorlagen), die im Schweregrad variiert werden können. Darüber hinaus gibt es zahlreiche praktische Beispiele, die bei der Auswahl weiterer Therapiematerialien hilfreich sind. Damit stellt es eine Bereicherung für alle sprachtherapeutischen Fachkräfte dar, die überwiegend mit Kindern im Vorschul- und Grundschulalter arbeiten.
Melanie Stich, Toronto
Eine randomisierte und kontrollierte Studie zur Effektivität eines direkten und kindzentrierten Konzeptes
2009, Schulz-Kirchner, Idstein, 336 Seiten, 38,– €
ISBN: 978-3824806430
Das Buch von Claudia Schlesiger beruht auf der Dissertation der Autorin und wird höchst unterschiedlichen — nämlich theoretischen, empirischen und klinisch-praktischen — Ansprüchen gerecht: es bietet einen wissenschaftlich fundierten Hintergrund zum Thema Late Talkers (im folgenden LT), es präsentiert eine methodisch saubere Studie zur Effektivität von Frühintervention und es ist gleichzeitig von hoher praktischer Relevanz in Bezug auf die immer noch drängenden Fragen nach dem Ob, Wann und Wie von Sprachtherapie. Kurz vorweggenommen: Claudia Schlesiger hat ein umfassendes Konzept einer direkten sprachtherapeutischen Frühintervention für LT im Deutschen entwickelt, dieses empirisch evaluiert und gezeigt, dass sich durch eine Therapie im 3. Lebensjahr positive Effekte für die Sprachentwicklung erzielen lassen.
Das umfangreiche Werk (277 Seiten) besteht aus einem theoretischen Teil (Kapitel 1 bis 5) und einem empirischen Teil (Kapitel 5 bis 7), in dem die eigene Studie vorgestellt wird. Der einführende theoretische Teil beginnt mit dem frühen Wortschatzerwerb. Die Autorin entwickelt auf der Basis aktueller Forschungsergebnisse ein Erwerbsmodell, das produktive und rezeptive Sprachfähigkeiten mit kommunikativen und kognitiven Entwicklungsschritten verbindet und als Grundlage für das Interventionskonzept dient. Das zentrale 3. Kapitel gibt einen sehr umfassenden, gut verständlichen und sorgfältigen Überblick über das Forschungsgebiet „Late Talkers“. Kinder, die als LT bezeichnet werden, zeigen mit 2;0 Jahren weniger als 50 produktiv gebrauchte Wörter bzw. einen unterdurchschnittlichen aktiven Wortschatz und keine Wortkombinationen, ohne dass erkennbare Primärbeeinträchtigungen vorliegen. Aktuelle Angaben zu Definition, Prävalenz und Risikofaktoren werden aufgeführt und die sprachrezeptiven, sprachproduktiven, kommunikativen und symbolischen Fähigkeiten bei 2-jähriger LT eingehend beschrieben. Anschließend verfolgt die Autorin anhand verfügbarer Studien die Entwicklungsverläufe der LT bis zu 3 Jahren und darüber hinaus. Die mittlerweile angewachsene Forschungslage wird durch tabellarische Überblicke gut nachvollziehbar. Es lässt sich festhalten, dass der anfänglich geringe produktive Wortschatzumfang von den meisten, jedoch nicht von allen LT aufgeholt wird. Dies trifft jedoch nicht auf andere sprachliche Ebenen zu: LT zeigen im Vorschulalter vor allem in den Bereichen Grammatik und Erzählfähigkeiten deutliche Defizite.
Kapitel 4 ist dem Thema Frühintervention gewidmet, wobei zunächst Grundbegriffe zu Interventionsansätzen (übungszentriert/gesteuert vs. naturalistisch/nondirektiv), Interventionsformen (kind- vs. elternzentriert) und Interventionsmethoden (sprachunspezifisch vs. sprachsystematisch) erläutert werden. Der dann folgende systematische Review über Effektivitätsstudien muss als besonderer wissenschaftlicher Ertrag der Arbeit hervorgehoben werden. Eingangs werden Qualitätskriterien definiert, die die Auswahl der berücksichtigten Studien leiten. Daraufhin werden relevante nationale und internationale Studien gesichtet, die die Effektivität von Frühintervention überprüfen. Die Autorin folgert aus dem Forschungsstand klar: „Sprachtherapeutische Frühintervention für Late Talker ist effektiv“ (S. 132). Starke Evidenz dafür liegt insbesondere in Bezug auf Elterngruppentrainings vor. Offen bleibt jedoch, ob Frühintervention auch langfristig wirksam ist, welche Effekte eine direkte kindzentrierte Interventionsform hat und ob sich die Effektivität auch für Kinder mit zusätzlichen rezeptiven Problemen nachweisen lässt. Hier setzt die eigene empirische Studie an, die als konsequente Weiterführung der bisherigen Effektivitätsforschung anzusehen ist und damit eine Lücke füllt.
Die Fragen, die Claudia Schlesiger mit ihrer Studie zu beantworten sucht, sind: Hat eine direkte, kindzentrierte sprachtherapeutische Frühintervention einen positiven Effekt auf die Sprachentwicklung von LT? Ist dieser Effekt auch längerfristig wirksam? Kann die Ausbildung einer SSES verhindert werden? Profitieren auch Late Talker mit rezeptiven Schwierigkeiten? Die Therapiestudie wurde randomisiert, kontrolliert und verblindet angelegt und erfüllt damit die Qualitätskriterien, die an Evaluationsstudien gestellt werden. Die Studie umfasst 34 Kinder, die mit ca. 2 Jahren über einen Wortschatz unter 50 Wörtern verfügten und keine Anzeichen für sonstige Primärbeeinträchtigungen zeigten. Die Kinder wurden dann randomisiert in 2 Gruppen eingeteilt; die Therapiegruppe (15 Kinder) durchlief eine Frühintervention, die Kontrollgruppe (KG, 19 Kinder) nicht. Bei diesem klassischen „treatment – no treatment“– Design muss berücksichtigt werden, dass mögliche Effekte nicht nachweisbar als spezifische Therapieeffekte gewertet werden dürfen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Effekt auf allgemeine, unspezifische Zuwendung in der therapeutischen Situation zurückzuführen ist. Um einen spezifischen Effekt der gewählten Interventionsform nachzuweisen, hätte eine Kontrollgruppe mit einer unspezifischen oder einer alternativen Therapieform behandelt werden müssen. 3 Untersuchungszeitpunkte wurden herangezogen: Der Prätest (T1) zur Anamnese und Diagnostik (mittels ELFRA 2, SETK 2, Beobachtungsbögen und Spontansprachanalyse), gefolgt von der Therapie- bzw. Wartephase. 6 Monate später (T2) wurde der SETK 2 wiederholt. Nach wiederum 6 Monaten ohne Intervention wurde zu T3 der SETK 3-5 durchgeführt, um die Nachhaltigkeit zu überprüfen. Die Therapiegruppe nahm 1× wöchentlich für 45min an einer Einzeltherapie teil, bis das Kind die 2-Wortphase erreicht hatte, was im Schnitt zwischen 8 und 25 Wochen dauerte.
Für Sprachtherapeuten ist sicherlich das Interventionskonzept von Interesse, das auf knapp 20 Seiten beschrieben wird. Die Autorin ordnet sich einer integrativen Position der Sprachheilpädagogik zu und bezeichnet ihr Konzept als entwicklungsorientiert und entwicklungsaktivierend, d.h. Ziel ist die Aktivierung eigendynamischer Spracherwerbsprozesse. Die Therapie erfolgt direkt, also in einer Einzelsituation zwischen Therapeutin und Kind. Das Vorgehen ist flexibel und wird individuell gestaltet. Als Ausgangsbasis dient der Aufmerksamkeitsfokus des Kindes, dem sich die Therapeutin anpasst. Die therapeutische Arbeit ist phasenspezifisch: je nach Entwicklungsphase, in der sich das Kind befindet (Protowort-, Einwort-, Zweiwortphase) werden spezifische Ziele gesetzt, die zum Erreichen des generellen Ziels führen sollen, nämlich zum Wortschatzaufbau bis zum Erreichen einer kritischen lexikalischen Masse und zum Produzieren von Wortkombinationen. Konzeptuelle, kommunikative und symbolische Kompetenzen (z.B. gemeinsame Aufmerksamkeit, Dialog, Intentionalität) werden individuell berücksichtigt. Methodische Grundlage der Therapie sind Spielsituationen/Skripts als Rahmenhandlung, zu denen passende Wörter aus verschiedenen Wortarten ausgewählt werden. Mögliche Rahmenhandlungen und damit verbundene Wörter werden im Detail aufgelistet. Je nach Phase kommen dann gezielt sprachspezifische oder sprachunspezifische Methoden zum Einsatz: Symbolfähigkeiten werden durch Funktions- und Symbolspiel angeregt; Wortlernen wird durch fokussiertes Benennen, Modellierungstechniken und Fragen befördert. Außerdem erfolgt rezeptive Arbeit durch Aufforderungen mit Verständnissicherung. Beispiele und kleine Therapiesequenzen veranschaulichen die Methoden.
Die Ergebnisse werden dann statistisch überprüft, grafisch illustriert und eingehend erläutert. In Bezug auf die kurzfristige Effektivität (Zeitpunkt T2) stellte sich heraus, dass LT, die an der Frühintervention teilnahmen, nach einem halben Jahr größere sprachliche Entwicklungsfortschritte auf der produktiven (nicht auf der rezeptiven!) lexikalischen sowie auf der rezeptiven und produktiven grammatischen Ebene zeigten als LT, die keine sprachtherapeutische Frühintervention erhalten hatten. Auch langfristig blieben Effekte bestehen: therapierte LT zeigten ein Jahr nach dem Prätest größere sprachliche Entwicklungsfortschritte auf der rezeptiven und produktiven grammatischen Ebene als die Kinder der Wartegruppe. Ein genauer Blick auf die Ergebnisse macht deutlich, dass sich keineswegs in allen überprüften Bereichen Gruppenunterschiede zeigten, die auf generell größere Fortschritte der Therapiekinder hinweisen könnten. So sind die Effekte für rezeptive Sprachleistungen sehr gering, es gab keine langfristigen lexikalischen Effekte und keine Gruppenunterschiede in den Bereichen semantische Relationen und phonologisches Arbeitsgedächtnis. Im Bereich der Grammatik gab es oft keine generell besseren Grammatikleistungen, aber individuell gesehen größere Veränderungen bei den Therapiekindern. Neben dem Abschneiden der Kinder in einzelnen Subtests ist vor allem wichtig, welcher Anteil von Kindern im Verlauf der Sprachentwicklung aufholt bzw. eine SSES entwickelt. Mit 3 Jahren zeigen 60% der Therapiegruppe und 73% der KG eine SSES, die therapierten LT jedoch mit geringerem Schweregrad. In einer explorativen Subgruppenanalyse konnte überdies belegt werden, dass gerade für Kinder mit rezeptiven Einschränkungen eine Frühintervention förderlich ist. Die Therapiekinder der rezeptiv-expressiven Subgruppe zeigten direkt nach der Intervention und auch längerfristig bessere lexikalische und grammatische Fähigkeiten als die Kontrollkinder. Alle rezeptiv auffälligen Kinder waren zwar auch nach der Therapie noch auffällig, aber weniger schwerwiegend als die Kontrollen. Claudia Schlesiger folgert aus den Ergebnissen ihrer Studie, dass eine direkte sprachtherapeutische Frühintervention nach ihrem Late-Talker-Therapiekonzept kurzfristig und langfristig effektiv ist. Die Entstehung einer SSES kann durch frühe Intervention zwar nicht verhindert, aber der Schweregrad von umschriebenen Sprachentwicklungsstörungen kann bedeutend vermindert werden. Dies impliziert, dass für viele LT auch nach der Frühintervention noch Therapiebedarf besteht. Durch die Abmilderung der Symptomatik ist jedoch ein besserer Ausgangspunkt für die notwendige weitere Therapie gegeben.
Die Autorin zieht aus ihrer Studie folgende Empfehlungen für die Praxis: ein Wortschatzrückstand mit 2 Jahren ist als Warnzeichen anzusehen, das eine genaue Abklärung und ggf. entsprechende medizinische Maßnahmen erfordert. Eine detaillierte Sprachdiagnostik ist unbedingt angezeigt. Vor allem bei LT mit rezeptiven Einschränkungen wird unmittelbar eine direkte Therapie empfohlen. Für LT mit rein expressiven Rückständen wird eine Beobachtung bis 2;6 angeraten, die ohne Anzeichen für ein Aufholen ab 2;6 durch Elterntraining oder Therapie fortgeführt werden sollte.
Die Ergebnisse stimmen optimistisch, da sie belegen, dass sich LT mit früher Intervention sprachlich besser weiterentwickeln als ohne. Mit diesem Nachweis ist es für den deutschsprachigen Raum erstmals gelungen, die Wirksamkeit einer direkten, kindzentrierten Therapie mit einer kontrollierten Studie nachzuweisen. Das dabei umgesetzte Konzept regt in kindgerechter Form zur Aktivierung des Spracherwerbs an und bietet damit eine Ergänzung zu Elterntrainings, deren Wirksamkeit bereits belegt wurde [Arch Dis Child 2009;94:110-116]. Dabei bleibt offen, ob sich die positiven Effekte spezifisch auf den gewählten Ansatz zurückführen lassen. Um dieser Frage nachzugehen, wären methodenvergleichende Interventionsstudien interessant, die z.B. Schlesigers eher nondirektiven Ansatz im Vergleich zu einer eher gelenkten sprachspezifischen Interventionsform evaluieren.
Das Buch ist unbedingt empfehlenswert für alle, die sich mit den Entwicklungsverläufen von Late Talker-Kindern beschäftigen und im Bereich der sprachlichen Frühintervention arbeiten. Neben umfassendem und aktuellem Hintergrundwissen vermittelt es außerdem wichtige Informationen zur Methodik von Therapiestudien. Wer sich vorrangig für die praktische Umsetzung interessiert, sei auf praxisnähere Publikationen der Autorin verwiesen (z.B. [L.O.G.O.S. interdisziplinär 2007; 15: 119-128]).
Prof. Christina Kauschke, Marburg
2011, Schulz-Kirchner-Verlag, Idstein, 64 Seiten, 12 Abb., 8,40 €
ISBN 978-3-8248-0859-5
Das vorliegende Buch ergänzt das aktuelle Ratgeberangebot zum Thema kindliche Sprachstörungen um ein wichtiges Kapitel. Es möchte auf wissenschaftlicher Grundlage verständlich und praxisorientiert über die frühe Sprachentwicklung und den späten Sprechbeginn bei Kindern informieren. In erster Linie wendet es sich an betroffene Eltern aber auch an Fachleute aus den Bereichen Pädagogik, Sprachtherapie und Medizin.
Zunächst wird die Sprachentwicklung in den ersten 3 Lebensjahren sehr anschaulich mit vielen Beispielen dargestellt. Der Begriff „Late Talker“ wird definiert und mögliche Entwicklungsverläufe bei Late-Talker-Kindern vorgestellt. Die Autorinnen gehen auch auf langfristige Folgen von Sprachentwicklungsstörungen, beispielsweise Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten ein, und betonen die Notwendigkeit eines rechtzeitigen Eingreifens. Gleichzeitig entlasten sie betroffene Eltern von Schuldgefühlen, indem sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass ein falsches Sprachvorbild oder Erziehungsverhalten nicht die Ursache für eine Sprachentwicklungsstörung sein kann. Die Hinweise auf sprachförderliches Verhalten bilden den Schwerpunkt des Ratgebers: Wie lässt sich beim Sprechen die gemeinsame Aufmerksamkeit herstellen? Worauf sollte beim Benennen geachtet werden? Wie können Alltagsroutinen sprachlich genutzt werden? Dazu gibt es Tipps zur Bilderbuchbetrachtung. Ausgehend vom Dortmunder Konzept zur Diagnostik und Beratung für Familien mit Late Talkern (Hecking & Schlesiger, 2010) werden verschiedene Frühinterventionsmöglichkeiten vorgestellt, beispielsweise das „Watchful Waiting“, Elterntrainingsprogramme, kindbasierte Therapieansätze und die Sprachförderung im Kindergarten. Eine Liste mit Adressen, Links und Literatur rundet das Thema ab.
Den Autorinnen ist es gelungen, die vielen neuen Erkenntnisse der letzten Jahre zum Thema „Late Talker“ umfassend und praxisbezogen darzustellen sowie alle Zielgruppen anzusprechen. Eltern profitieren sicherlich besonders von den Kapiteln Spracherwerb und sprachförderliches Verhalten, da sie dort Handlungstipps oder Hinweise erhalten, die sie im Alltag umsetzen können. Aufgrund des anspruchsvollen Sprachniveaus und der Informationsfülle erscheinen einzelne Kapitel (z.B. sprachtherapeutische Frühintervention) nicht uneingeschränkt zur Selbstlektüre für betroffene Eltern geeignet bzw. sollten unbedingt durch Beratungsgespräche ergänzt werden. Logopäden und Fachleute aus den Bereichen Pädagogik und Medizin können sich mit Hilfe des kompakten Werkes einen Überblick über den aktuellen Stand der Fachdiskussion verschaffen und das Buch als Beratungsgrundlage nutzen.
Heike Dzubiel, Hannover
2009, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein, 51,95€
ISBN 978-3-8248-0637-9
Das neu erschienene Material „Kombis – Kombinierte Sprachförderung“ von Schmidt und Binz ist eine gut strukturierte Sammlung an Spielen und Materialien, die zur Sprachförderung dienen. Es handelt sich dabei um ein 80-stündiges Förderprogramm, in dem alle sprachlichen Ebenen wie Syntax-Morphologie, Wortschatz und phonologische Bewusstheit angesprochen werden. Das Programm soll in Kindergärten bei Kindern im Vorschulalter zum Einsatz kommen und möglichst 2-mal wöchentlich für jeweils ca. 60 Minuten durchgeführt werden. Auch wenn die Zielgruppe nicht genau definiert wird, sollen sowohl einsprachige als auch mehrsprachige Regelkinder ohne spezifische Sprachauffälligkeiten an dem Training teilnehmen. Ob dies nur für ausgewählte Kinder oder die Gesamtgruppe der Vorschulkinder gilt, ist nicht explizit dargestellt.
In einer kurzen theoretischen Einführung werden die im Programm enthalten Förderbausteine und ihre Hierarchie beschrieben. Leider verzichten die Autorinnen gänzlich darauf, ihre Quellen für die Bausteine, deren Hierarchie und Bedeutung zu geben. Auch ist eine Anzahl von nicht-sprachlichen Übungen enthalten, deren Bedeutsamkeit für die Sprachförderung anzuzweifeln ist.
Das Material an sich ist sehr sorgsam ausgearbeitet. Jede Stunde ist inklusive Material genau geplant vorgegeben und zusätzlich sind Nachbereitungsbögen vorhanden, in denen der Erfolg jeder Trainingseinheit festgehalten werden kann. Die mitgegebenen Materialien sind ansprechend gestaltet.
Wie damit umgegangen werden soll, wenn es zeitlich oder logistisch nicht möglich sein sollte, das Programm nach den Vorgaben durchzuführen, und ob eine Abwandlung/Kürzung möglich oder sinnvoll ist, ist leider nicht beschrieben. In wie weit das Material effektiv die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder fördert, muss noch überprüft werden.
Insgesamt halte ich das Material aber für eine hilfreiche Grundlage für Therapeuten, die Sprachförderung in Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen durchführen. Besonders sinnvoll finde ich die strukturierte Durchführung und vor allem auch Protokollierung des Erfolgs.
Prof. Annette Fox-Boyer, Hamburg
2014, München, Reinhardt Verlag, 188 Seiten, 18 Abbildungen, 19 Tabellen, 29,90 €
ISBN: 978-3-497-02446-9
Das Buch ist in der Reihe: „Praxis der Sprachtherapie und Sprachheilpädagogik“ erschienen, die von Prof. Dr. M. Grohnfeldt (Ludwig-Maximilian-Universität, München)
herausgegeben wird.
Tenho muito respeito! J'ai beaucoup de respect! Mam szacunek! Я показываю уважение! Ben saygı göstermek!
Damit möchte ich in allen hier vertretenen Sprachen zum Ausdruck bringen, dass die von Marc Schmidt zusammengestellten Informationen zu dieser großen Auswahl von Sprachanregungen und Sprachtherapievorschlägen auf portugiesisch, französisch, russisch, polnisch und türkisch meinen großen Respekt verdienen.
Inzwischen ist wohl allgemein anerkannt, dass es von großem Vorteil ist, wenn mehrsprachige Kinder in all ihren Sprachen gefördert werden und dass selbst Kinder mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen vom mehrsprachigen Aufwachsen profitieren.
Schmidt zitiert Tracy, die bereits 2008 bei ihren Studien herausfand, dass sich selbst bei SSES-Kindern die Mehrsprachigkeit nicht als Nachteil, sondern durch den Interlanguage-Effekt als Vorteil erweisen kann. Die ehemals verteufelten Transferstrategien wurden neu und positiv gewichtet, auch wenn konstatiert wird, dass sie bei der Übertragung grammatischer Regeln zu Interferenzfehlern führen können, die sich negativ auswirken. Es ist daher sehr spannend zu beobachten, wie es gelingen kann, bestehende Kontraste zu nutzen.
Als ich 2011 die Rezension zur Dissertation von Marcus Bär verfasste, habe ich mich mit den Vorzügen sprachvergleichenden Unterrichts bei älteren Schülern vertraut gemacht und die Chancen des sprachübergreifenden Lernens erkannt.
In dem hier vorgestellten Buch handelt es sich jedoch um die Sprachtherapie mehrsprachiger Kinder, bei denen noch nicht von den notwendigen kognitiven Voraussetzungen ausgegangen werden kann.
Die Aussicht auf einen positiven Effekt einer mehrsprachigen Therapie besteht m. E. vor allem in der Wertschätzung, die der Primärsprache der Kinder entgegengebracht wird. Zwischengelagerte Sequenzen können als Trigger die Erstsprachen der Kinder in den Vordergrund stellen. Hier gibt es hilfreiche Hinweise auf mehrsprachige Bilderbücher auf der beiliegenden CD.
Die umfänglichen Sprachbeispiele in den Primärsprachen der Kinder ermöglichen auch Therapeuten, die der Sprache nicht mächtig sind, diese in beiden Sprachen anzusprechen.
Die Verschriftlichung in IPA sollte für logopädisch Tätige eine Hilfe zur Aussprache sein. Allerdings hätte ich mir hier Betonungszeichen gewünscht. Auf die Ansicht, dass die Kinder selbst die Aussprache der Therapeutin korrigierten, wollte ich mich nicht verlassen. Hier gibt es inzwischen genügend Sprachausgaben im Internet. Zu den mehrsprachigen Textbeispielen möchte ich beispielhaft nur etwas zum Polnischen bemerken.
Das Polnische ist eine Pro-Drop-Sprache und kommt wegen der starken und eindeutigen Flexion, ähnlich dem Lateinischen, ohne Pronomen aus, auf das “ja“ in “ich habe“ (S. 38)
hätte man also getrost verzichten können, es sei denn, es wäre ein Kontrast gebildet worden.
Die Genuszuordnung im Polnischen ist im übrigen vergleichbar dem Russischen weitgehend phonetisch bestimmt.
Was den Ansatz von Mark Schmidt erfolgsversprechend erscheinen lässt, ist die Kombination des sprachvergleichenden Ansatzes mit der Methode der Kontextoptimierung, die ja bereits Margit Berg in Heidelberg erfolgreich bei mehrsprachigen Kindern angewendet hat.
Die beiliegende CD bietet 13 bebilderte Spielformate. Außerdem erachte ich die Gegenüberstellung der hier behandelten Sprachstrukturen als einen wichtigen Impuls mit dem verdeutlicht werden kann, welche großen sprachlichen Leistung Kinder erbringen, die mehrsprachig aufwachsen. Vielleicht spornt es den einen oder anderen therapeutisch Tätigen an, es ihnen gleich zu tun.
Ich erachte das Buch als einen innovativen Ansatz zur Förderung und zur Therapie mehrsprachiger Kinder. Die CD stellt einen profunden Schatz für die konkrete Umsetzung dar. Besonders erfreut mich die Wertschätzung der Primärsprachen der Kinder und ihres familiären Hintergrundes.
Dr. Rita Zellerhoff, Düsseldorf
2011, Reinhardt, München, 1. Aufl., 206 Seiten, kartoniert, Preis 26,90 €,
ISBN 978-3-497-02237-3
Das Buch beschreibt die praktische Umsetzung des von Hans-Joachim Motsch entwickelten und an den vorhandenen Sprachressourcen eines Kindes orientierten, multimodal ausgerichteten Konzepts „Kontextoptimierung“. Das Konzept stellt die Bedeutung des Sprachinputs für die Sprach- und Kommunikationsentwicklung, aber insbesondere – im Falle des sprachentwicklungsgestörten Kindes – für die Sprachtherapie heraus. Interventionsstudien belegten signifikante Lernfortschritte für spracherwerbsgestörte Kinder in der Kleingruppentherapie sowie in unterrichtsintegrierten Therapiephasen. Kontextoptimierung greift die Stärken bekannter Therapiekonzepte auf, modifiziert und integriert sie.
Das Buch ist in 2 Teile untergliedert: Der 1. Teil („Grundlagen“) umfasst 3 Kapitel, der wesentlich größere Teil „Praxiseinheiten“ enthält 85 Therapieeinheiten zum Erwerb zentraler grammatischer Regeln. In Kapitel 1 des Grundlagenteils werden kompakt Informationen zum lexikalisch-semantischen und grammatikalischen Spracherwerb (in Anlehnung an das Phasenmodell von Clahsen) und zu Besonderheiten des Zweitspracherwerbs gegeben; das Thema wird nicht in der angemessenen Tiefe und Breite ausgeführt. Kapitel 2 greift die Auswahl des geeigneten Therapieansatzes für Spracherwerbsstörungen auf, wofür als erstes Auswahlkriterium der Effektivitätsnachweis leitend sein soll. Ebenso verdichtet, die Informationen aneinanderreihend, werden Voraussetzungen für Einzel- vs. Gruppentherapie, die Frage der Therapieintensität sowie die Förderung mehrsprachiger Kinder, für die die Effektivität von Kontextoptimierung hinsichtlich ausgewählter Ziele in der Zweitsprache nachgewiesen wurde, abgehandelt. Es folgt die Darstellung des Konzepts „Kontextoptimierung“, das mit 20 Seiten umfangreichste (dritte) Kapitel, wenngleich Vorgehen und Vorteile des Konzepts in den beiden ersten Kapiteln am Rande einfließen.
Der 2. Teil des Buchs (Kapitel 4) stellt die Praxiseinheiten vor. Der Therapieaufbau umfasst 3 Schwerpunkte:
(1) den Erwerb der Subjekt-Verb-Kontroll-Regel und Verbzweitstellungsregel (Einheiten 1-41),
(2) den Erwerb der Verbendstellungsregel in subordinierten Nebensätzen (Einheiten 42-52) sowie
(3) den Erwerb des Kasussystems (Einheiten 53-85).
Die Umsetzung der grundlegenden Prinzipien von „Kontextoptimierung“ (Orientierung an den Ursachen der Spracherwerbsstörung [etwa Schwäche in der phonologischen Diskrimination oder Speicherung], Orientierung an den Ressourcen eines Kindes; Modalitätenwechsel [meint Wechsel zwischen implizitem und explizitem Lernen]) wird für die jeweiligen Sprachziele erläutert. Jeder Therapieeinheit sind stichwortartig Rahmenthema, Format, Sprachmaterial, Material und Setting vorangestellt. ´
Das Buch setzt einen Leser mit Vorinformation voraus, es richtet sich also weniger an Eltern. Am Ende jeden Kapitels bzw. Unterkapitels wird eine optisch akzentuierte Zusammenfassung (schattierte Blöcke) angeboten und Merksätze im Text heben besonders wichtige Informationen hervor. Der 2. Teil (85 Therapieeinheiten, die sich in der Praxis bewährt haben sollen) ist eindeutig die Stärke des Bandes. Das Buch mit seinen zahlreichen Beispielen, visualisierten Grammatikregeln und Übungen ist für Praktiker nützlich und daher in erster Linie Therapeuten für die Sprachbehandlung von Klein-, Vorschul- und jungen Grundschulkindern zu empfehlen. Am Ende findet sich ein knappes Sachregister.
Prof. Christiane Kiese-Himmel, Göttingen
Ratgeber für Eltern und alle, die mit stotternden Kindern zu tun haben
1. Aufl. 2013, Natke Verlag, Neuss, 116 Seiten, 30 Illustrationen, 12,80 €
ISBN 978-3-936640-18-2
Der neue Ratgeber für Eltern (und andere Bezugspersonen) stotternder Kinder ist ebenso einfühlsam wie ausführlich. In jedem Kapitel des Buches merkt man die langjährige und leidenschaftliche Auseinandersetzung des Autors Peter Schneider mit dem Thema kindliches Stottern.
Der Leser erhält grundlegendes Wissen über Stottern und wird informiert über einen angemessenen Umgang mit der Störung und über Wissenswertes im Zusammenhang mit Stottern (Nachteilsausgleich, Umgang mit Mobbing etc). Auf über 25 Seiten gibt der Verfasser wertvolle Informationen über verschiedene Therapierichtungen und -ansätze. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage „Woran erkenne ich eine gute Stottertherapie“ erörtert.
Das Buch ist auch für Laien gut verständlich geschrieben. Schlagwörter neben dem Text ermöglichen einen schnellen Überblick oder ein späteres erneutes Nachschlagen zu einer bestimmten Fragestellung. Nach jedem Kapitel steht eine kurze Zusammenfassung unter der Überschrift „Das Wichtigste in Kürze“.
Viele Illustrationen von Bernd Natke (bekannt durch die Benni-Comics aus dem Demosthenes- Verlag) unterstützen und veranschaulichen auf eine fröhliche und unkonventionelle Art das Geschriebene.
Durch zahlreiche Zitate und Beispiele von Stotternden und ihren Eltern können sich Betroffene sicher sehr gut wiederfinden und identifizieren.
Ein Ratgeber, den man jedem, der mit stotternden Kindern zu tun hat, nur wärmstens empfehlen kann!
Birte Ripken, Hannover
Reihe: Praxiswissen Logopädie
5. Aufl. 2012, Springer, Berlin, 296 Seiten, 17 Abb., 28 Tab., 29,95 €
ISBN 978-3-642-20723-5
Dieses Fachbuch wurde mit gleichlautendem Titel erstmals 2001 von M. Wehmeier und H. Grötzbach vorgelegt. Seitdem bietet es in seinen wiederholt aktualisierten Auflagen einen umfassenden, fundierten und zeitgemäßen Überblick über Praxis und Theorie der Aphasiediagnostik und -therapie, und zwar für beginnende und erfahrene Sprachtherapeuten gleichermaßen.
In der überarbeiteten 5. Neuauflage wurde eine reichhaltige Erweiterung des Lehrbuches durch B. Schneider vorgenommen. Der kognitiv-linguistische Ansatz wird nun durch eine vertiefte Darstellung der zugrundeliegenden Sprachverarbeitungsmodelle ergänzt und der kommunikativ-pragmatische Ansatz durch explizite Bezüge zur ICF-Klassifikation verstärkt berücksichtigt. Zudem können Materialien aus dem Internet herunter geladen werden.
Erstmals werden zwei weitere Themenfelder kurz umrissen, die das Buch abrunden: Verarbeitungs- und Rückbildungsprozesse des Gehirns, die aufgrund bildgebender Verfahren zunehmend besser verstanden werden, und Sprachstörungen bei degenerativen Erkrankungen, deren Behandlung wohl zukünftig ein bedeutsames Tätigkeitsfeld für Logopädinnen sein wird. Eine ausführlichere Darstellung dieser beiden Themenfelder hätte sicherlich den Rahmen des Buches gesprengt, daher ist zur vertiefenden Lektüre weitere Literatur heranzuziehen.
Insgesamt ist die Literaturlage aktuell und sehr ausgewogen. Das Lehrbuch ist mit seinen 28 Abbildungen und 43 Tabellen anschaulich und ausgesprochen gut lesbar. Es ist ohne Einschränkung als theoretische Einführung und praktischer Leitfaden für Sprachtherapeuten zu empfehlen.
PD Dr. Stefanie Abel, Aachen
2008, Thieme, Stuttgart, 171 Seiten, 51 Abb., 34,95 €
ISBN 978-3-13-138221-4
Mit der vorliegenden Publikation „Phonologische Bewusstheit und Schriftspracherwerb“ von C. Schnitzler wird ein Fachbuch bereitgestellt, das sich mit den derzeit in der Wissenschaft diskutierten Konstruktvorstellungen zur phonologischen Bewusstheit umfassend auseinandersetzt. Daneben werden die Zusammenhänge zwischen der phonologischen Bewusstheit als Teilaspekt der phonologischen Informationsverarbeitung und den Schriftsprachfähigkeiten von der Vorschule bis ins Erwachsenenalter detailliert aufgezeigt.
Im einführenden Kapitel werden zunächst grundlegende theoretische Aspekte zum regelrechten und gestörten Schriftspracherwerb sowie relevante linguistische Grundbegriffe erläutert. Im Kapitel 2 findet der Leser eine ausführliche Definition der phonologischen Bewusstheit und den entsprechenden existierenden Konstruktvorstellungen. Die einzelnen Dimensionen, sowohl bezogen auf die Größe der phonologischen Einheiten als auch auf die Explizitheit der durchzuführenden Operationen, werden prägnant und verständlich dargestellt. Die Ergänzungen durch Abbildungen und Übersichtstabellen erleichtern das Verständnis um die Zusammenhänge zwischen den theoretischen Dimensionen und den entsprechenden Aufgabentypen in der Therapie von phonologischen Defiziten.
In den Kapiteln 3 und 4 werden die Entwicklungsstufen der phonologischen Bewusstheit und die Zusammenhänge mit den Schriftsprachfähigkeiten zunächst theoretisch aufgezeigt und mit aktuellen Ergebnissen aus der Forschung unterlegt. Dies geschieht jedoch immer vor dem Hintergrund sprachtherapeutischer Fragestellungen, sodass der Bezug zur Praxis nicht verloren geht.
Die folgenden Kapitel 5 und 6 sind den praxisrelevanten Bereichen der Diagnostik und Therapie bei Defiziten der phonologischen Bewusstheit gewidmet. In diesen Kapiteln findet sich neben der Darstellung verschiedener diagnostischer und therapeutischer Verfahren auch ein Fallbeispiel, welches das systematische therapeutische Vorgehen von der Diagnostik bis zum Abschluss der Therapie illustriert.
Erwähnenswert sind darüber hinaus die Kopiervorlagen für die therapeutische Praxis, die im Anhang zusammengestellt wurden. Diese liefern dem Therapeuten neben Kopiervorlagen zur Diagnostik und Therapieplanung Items zu den entsprechenden Aufgabentypen. Darüber hinaus findet sich im Anhang eine umfassende Zusammenstellung von derzeit auf dem Markt erhältlichen Materialien.
Zusammenfassend ist das Buch eine Bereicherung für alle, die sich mit dem Zusammenhang phonologischer Fähigkeiten und dem Schriftspracherwerb auseinandersetzen. Theorie und Praxis werden gelungen miteinander verknüpft. Es gelingt der Autorin, eine theoretisch fundierte Basis und einen umfassenden Forschungsüberblick zum Thema zu liefern und gleichzeitig die praxisrelevanten Aspekte strukturiert darzustellen. Somit ist das Buch für Sprachtherapeuten, aber auch für Studierende, Lehrende und Fachleute verwandter Gebiete wie beispielsweise der Pädiatrie, Pädaudiologie oder Psychologie gleichermaßen empfehlenswert.
Dr. phil. Marion Wittler, Hannover
2008, Thieme, Stuttgart, 171 Seiten, 51 Abb., 34,95 €
ISBN 978-3-13-138221-4
Mit der vorliegenden Publikation „Phonologische Bewusstheit und Schriftspracherwerb“ von C. Schnitzler wird ein Fachbuch bereitgestellt, das sich mit den derzeit in der Wissenschaft diskutierten Konstruktvorstellungen zur phonologischen Bewusstheit umfassend auseinandersetzt. Daneben werden die Zusammenhänge zwischen der phonologischen Bewusstheit als Teilaspekt der phonologischen Informationsverarbeitung und den Schriftsprachfähigkeiten von der Vorschule bis ins Erwachsenenalter detailliert aufgezeigt.
Im einführenden Kapitel werden zunächst grundlegende theoretische Aspekte zum regelrechten und gestörten Schriftspracherwerb sowie relevante linguistische Grundbegriffe erläutert. Im Kapitel 2 findet der Leser eine ausführliche Definition der phonologischen Bewusstheit und den entsprechenden existierenden Konstruktvorstellungen. Die einzelnen Dimensionen, sowohl bezogen auf die Größe der phonologischen Einheiten als auch auf die Explizitheit der durchzuführenden Operationen, werden prägnant und verständlich dargestellt. Die Ergänzungen durch Abbildungen und Übersichtstabellen erleichtern das Verständnis um die Zusammenhänge zwischen den theoretischen Dimensionen und den entsprechenden Aufgabentypen in der Therapie von phonologischen Defiziten.
In den Kapiteln 3 und 4 werden die Entwicklungsstufen der phonologischen Bewusstheit und die Zusammenhänge mit den Schriftsprachfähigkeiten zunächst theoretisch aufgezeigt und mit aktuellen Ergebnissen aus der Forschung unterlegt. Dies geschieht jedoch immer vor dem Hintergrund sprachtherapeutischer Fragestellungen, sodass der Bezug zur Praxis nicht verloren geht.
Die folgenden Kapitel 5 und 6 sind den praxisrelevanten Bereichen der Diagnostik und Therapie bei Defiziten der phonologischen Bewusstheit gewidmet. In diesen Kapiteln findet sich neben der Darstellung verschiedener diagnostischer und therapeutischer Verfahren auch ein Fallbeispiel, welches das systematische therapeutische Vorgehen von der Diagnostik bis zum Abschluss der Therapie illustriert.
Erwähnenswert sind darüber hinaus die Kopiervorlagen für die therapeutische Praxis, die im Anhang zusammengestellt wurden. Diese liefern dem Therapeuten neben Kopiervorlagen zur Diagnostik und Therapieplanung Items zu den entsprechenden Aufgabentypen. Darüber hinaus findet sich im Anhang eine umfassende Zusammenstellung von derzeit auf dem Markt erhältlichen Materialien.
Zusammenfassend ist das Buch eine Bereicherung für alle, die sich mit dem Zusammenhang phonologischer Fähigkeiten und dem Schriftspracherwerb auseinandersetzen. Theorie und Praxis werden gelungen miteinander verknüpft. Es gelingt der Autorin, eine theoretisch fundierte Basis und einen umfassenden Forschungsüberblick zum Thema zu liefern und gleichzeitig die praxisrelevanten Aspekte strukturiert darzustellen. Somit ist das Buch für Sprachtherapeuten, aber auch für Studierende, Lehrende und Fachleute verwandter Gebiete wie beispielsweise der Pädiatrie, Pädaudiologie oder Psychologie gleichermaßen empfehlenswert.
Dr. phil. Marion Wittler, Hannover
2010, Schulz-Kirchner, Idstein, 340 Seiten, 32,95 €
ISBN 978-3-8248-0659-1
Bei dieser Materialsammlung handelt es sich um eine Zusammenstellung von Sprachübungen für die Aphasietherapie, die nach Modalitäten (rezeptiv/expressiv) und nach linguistischen Kriterien (Wort-, Satz-, Textebene) gegliedert ist. Zahlreiche Themenfelder (z.B. Sport, Familie, Beruf, Ge-sundheit, Urlaub, Wetter) werden angeboten und unterschiedliche Wortarten (Nomen, Verben, Adjektive) geübt. Dem sprachsystematischen Üben schließen sich Fragen an, die zu Gesprächen mit dem Patienten über das jeweilige Thema anregen und weiterführend seine individuellen Inte-ressen aufgreifen.
Die bunte Vielfalt an Übungen soll die Motivation und Sprechfreude des Patienten steigern und der Therapeutin zu neuen Ideen in der Therapie verhelfen. Die Art der Übungen ist dabei nicht neu, doch kann die Fülle an alltagsbezogenen Themenfeldern und die unterschiedliche Aufbereitung der Themen den Ideenschatz einer Logopädin für die Aphasietherapie durchaus bereichern.
Ein wesentlicher Schwachpunkt der Materialsammlung liegt jedoch darin, dass sie nicht nach Schwierigkeitsgrad, Störungsbild oder vor allem nicht bei spezifischen Problemen der Sprachver-arbeitung unterscheidet. Auch ist die Aufteilung in „rezeptive“ und „expressive“ Übungen nicht im-mer plausibel und es kommen mitunter divergente Anforderungen innerhalb einer Übung vor. Das Material eignet sich daher weniger für ein gezieltes Üben bei bestimmten Sprachproblemen, son-dern kann vielmehr als Ideenfundus für „möglichst viele Patienten“ dienen. Das Material kann direkt als Kopiervorlage verwendet werden. Nachteilig ist die Ringbindung, die das Buch angesichts des Umfangs der Sammlung unhandlich macht.
Insgesamt findet man in Lingozin sprachliche Ideen und Anregungen für die Aphasietherapie, die in einer kommunikativ gestalteten Übungssituation und fachkundigem Einsatz gewinnbringend ange-wendet werden können.
Stefanie Keppler, Hannover
2009, Knaur, München, aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe, 299 Seiten, 8,95€
ISBN 978-3-426-79833-1
Der Autor ist Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Ludwigs-Maximilians-Universität München. Bekannt ist er u.a. als Experte für Legasthenie. G. Schulte-Körne hat bereits mehrere Bücher zu diesem Thema veröffentlicht. Hier besprochen wurde bereits sein Elternratgeber aus früheren Jahren, der im gleichen Verlag erschienen ist.
Das jetzige Buch ist eine aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe, in der jüngste Forschungsergebnisse dargestellt werden. Der Aufbau ist im Wesentlichen gleich geblieben.
Letztlich gilt für die Neuauflage das Gleiche, was auch schon zu dem vorangegangenen Elternratgeber gesagt wurde: Hier liegt ein sehr gut fundiertes Kompendium vor, das in relativ leicht verständlicher Sprache den betroffenen Eltern ein wirklich guter Leitfaden sein kann.
Hinzufügen möchte ich, dass mir die bisherige Aufmachung mit mehrfarbigem Druck und deutlich ansprechenderer Haptik besser gefallen hat, aber es wird sicherlich Gründe gegeben haben, dass der Verlag das eher nüchterne Taschenbuchformat gewählt hat. Nachdrücklich empfehlen kann man auch die Neuauflage allemal.
Prof. Dr. med. Martin Ptok, Hannover
2009, Schulz-Kirchner-Verlag, Idstein, 1. Aufl., 328 Seiten, 45,95 €
ISBN 978-3-8248-0293-7
Bücher über Dysphagien gibt es schon viele und es ist schwer, ein besseres als die bisher schon bekannten zu publizieren. Unter diesen Büchern erkennt man oft Schwerpunkte: Es gibt welche, die sich mehr um Diagnostik kümmern und therapeutische Prinzipien nur erwähnen, und welche, die speziell für Therapeuten geschrieben wurden und den Schwerpunkt auf Übungen im Detail legen. Zu letzteren gehört das Werk von Seidel und Stanschus. Es enthält Beiträge von 16 Autoren verschiedener Berufsgruppen (Ärzte, Sprachbehindertenpädagogen, klinische Linguisten und Logopäden) und Inhalte aus Anatomie, Physiologie, Neurologie sowie zu klinischen Untersuchungsmöglichkeiten und Therapieformen. Dabei gehen die Autoren besonders auf onkologische und neurogene Dysphagien ein. Besonders positiv hervorzuheben sind die Kapitel über das Kanülenmanagement und das ambulante Dysphagiemanagement, etwas, das man sonst in ähnlichen Büchern vermisst.
Das Buch ist gut strukturiert und übersichtlich, die Kapitel bauen größtenteils aufeinander auf, teilweise aber auch nicht. Etwas störend sind die verschiedenen Schreibstile und die nicht ganz konsistente Nomenklatur – bedingt durch die Zahl der Autoren mit verschiedenem beruflichem Hintergrund. Im üppigen Literaturverzeichnis findet der Leser eine Fülle von sicher relevanten Arbeiten, deren Wichtigkeit allerdings selbst erschlossen werden muss. Für den Vorinformierten ist dies alles kein Problem, doch wer in das Thema einsteigt, muss den roten Faden erst finden.
Fazit: Das Buch ist – bei vorhandenem Vorwissen – für die Auffrischung und Aktualisierung bestens geeignet und daher sehr zu empfehlen.
Anne Zachmann, Lübeck
2009, Mauer Verlag Wilfried Kriese, Rottenburg, 80 Seiten, 12,80€
ISBN 978-3-86812-159-9
„Der hier schreibt, schreibt um sein Leben. Und weiß doch, dass er es verlieren wird. Christian Sighisorean erfuhr 2006 von seiner Krankheit ALS, die binnen weniger Jahre zum Tode führt. Und schrieb dieses Gedicht: „Das Schönste / an der Diagnose / Amyotrophe Lateralsklerose / kommt zum Schluss / die Rose“. Ein Text am Abgrund und doch von großer Leichtigkeit und Gelassenheit. Diese Balance zwischen Todesnähe und Sprachfreude prägt viele Texte dieses Bandes.“
... So beginnt der Klappentext zu einem Lyrik-Band, von dem ich denke, dass er von großem Interesse für alle Fachkräfte ist, die Menschen mit ALS behandeln. Es handelt sich um sprachlich-literarisch hochspannende, brilliante Gedichte eines Betroffenen, der das Schreiben als Möglichkeit entdeckt hat, sich mit seiner Situation auseinanderzusetzen. Wie verkrafte ich den fortschreitenden Verlust meiner Muskelkraft? Wie vermittele ich meinen Kindern, was mit mir geschieht? Was bedeutet für mich Leben angesichts des stetigen Verlustes der körperlichen Funktionen? Wie stelle ich mich dem auf mich zukommenden Sterben? Mit heimlichem Ernst nähert er sich diesen Fragen, nimmt sein Gegenüber mit in eine Welt der Assoziationen, des spielerischen Umgangs mit der Mehrdeutigkeit von Sprache, zerbricht Wörter und Sätze, fügt sie verwegen neu zusammen, und unerwartet blitzt Erkenntnis einer tieferen Dimension auf.
Ähnlich wie in dem Buch "Schmetterling und Taucherbrille" des französischen Journalisten J.-D. Bauby, verbindet Christian Sighisorean eine schonungslose Schilderung der Realität seiner Erkrankung mit sprachlicher Präzision und einem der Not abgerungenen Humor. Seine Gedichte sind verdichtete Mitteilung, die berührt, verstört, zum Weiterdenken anregt...
Herzergreifend der kurze Text „Papa, warum“, ein Dialog zwischen dem Vater und seinen Kindern. Die Kinder stellen Fragen nach der für sie unerklärlich fortschreitenden Krankheit. Und geben immer neue Ratschläge: „Aber Papa, ... ich zeige es Dir, erst mit dem einen Fuß ... dann mit dem andern, das ist doch babyig“. Konfrontierend das Gedicht „Den ersten Tag mit dem Rollator habe ich überlebt...“, das in der Form einer Litanei das Fortschreiten der Abhängigkeit von Unterstützung und Hilfsmitteln beschreibt, bitter-frech das Gedicht „Gesundheit“.
Als politisch hellwacher Mensch schreibt er auch gesellschaftskritische Texte. Christian Sighisorean, der Deutsche aus Rumänien, provoziert mit bissigem Sprachwitz und stellt unerbittliche Fragen, ungemütlich, aber zugleich höchst anregend.
Ich finde, diese Gedichte sollten wir – LogopädInnen, aber auch ÄrztInnen, Ergo- und PhysiotherapeutInnen –, als Geschenk betrachten, sie lesen, weitergeben, sie als Einladung annehmen, diese Krankheit auch mit dem Herzen zu verstehen, und dieses tiefere Verstehen in unsere Professionalität zu integrieren.
Zum Autor: Christian Sighisorean, 1968 in Hermannstadt, Rumänien geboren, seit 1989 in Deutschland, Bauingenieur, verheiratet, zwei Töchter, 2006 Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), fast vollständig gelähmt, schreibt er von seinem Rollstuhl aus Buchstabe für Buchstabe mit dem Joy-Stick auf der Bildschirmtastatur.
Verena Quiel, Reutlingen
2., vollständig überarbeitete Auflage 2014, Thieme, Stuttgart, 240 Seiten, 49,99 €
ISBN: 978-3131312129
Poltern ist als ein vergleichsweise seltenes logopädisches Störungsbild bekannt, dem in Literatur und Forschung relativ wenig Beachtung geschenkt wird. Deshalb ist die 2. Auflage des Lehrbuches zum Störungsbild Poltern von Ulrike Sick – 10 Jahre nach der Erstauflage – sowohl für praktisch tätige Therapeuten als auch für Ausbildung, Studium und Lehre äußerst relevant. Ziel des Lehrbuches ist es, neben der Vermittlung des aktuellen Wissens- und Forschungsstandes auch das umfangreich überarbeitete und erweiterte Diagnostikmaterial sowie zahlreiche, teilweise neue praktische Übungen und Übungsideen zur praktischen Verwendung zur Verfügung zu stellen. Dieses Ziel wurde mit Bravour erreicht.
Die umfangreiche Überarbeitung des Diagnostikmaterials ermöglicht nun eine präzisere Diagnostik von Poltern. Hilfreich für die Durchführung sind die ausführliche Beschreibung der Instrumente im Theorieteil und die Kopiervorlagen für Anamnese und Diagnostik. Der Anhang zeichnet sich außerdem durch ein Informationsblatt zu dieser Redeflussstörung aus, das als Kopiervorlage in der Informationsphase der Therapie sowohl an Patienten und Bezugspersonen als auch an die Schule oder Arbeitsstelle ausgehändigt werden kann. Dadurch wird zusätzlich zu der dringend nötigen öffentlichen Aufklärung über Poltern beigetragen.
Durch viele, an sinnvollen Stellen integrierte Überblicks-, Merke-, Fazit- und Definitionskästen wird das kurze Nachschlagen erleichtert. Diverse Tabellen und Abbildungen unterstützen das inhaltliche Verständnis.
Der gesamte Anhang sowie zusätzliche Instrumente (z.B. DAF-Software oder PEVOS-Material) sind in den Online-Extras enthalten, wofür ein persönlicher Code in jedem Buchexemplar zu finden ist. Die detaillierten Beispiele für praktische Übungen im Therapieteil stellen eine große Hilfestellung für die Therapieplanung dar. Übungen, die auch mit jüngeren Kindern durchführbar sind, sind gekennzeichnet.
Ulrike Sick ist es mit diesem umfassenden Lehrbuch gelungen, aktuelle theoretische Grundlagen mit Informationen zu Anamnese, Diagnostik und Therapie - sowohl für Kinder als auch für Jugendliche und Erwachsene - zu verknüpfen. Hierdurch ist ein wichtiges, aktuelles, in Deutschland einzigartiges Grundlagenwerk zum Störungsbild Poltern entstanden. Insgesamt handelt es sich um ein gut strukturiertes Handbuch, das die Planung und Durchführung einer individuellen, auf den polternden Patienten ausgerichteten logopädischen Befundung und Intervention unterstützt. Gleichzeitig ist diese 2. Auflage ebenso ein lauter Ruf nach mehr Forschung zum Störungsbild Poltern.
Dorothee Bürkle, Aachen
2009, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein, 1. Aufl., 116 Seiten, Taschenbuch, 19,95 €
ISBN 978-3-8248-0315-6
Mit dem Buch „Fast Mapping: Störung und Diagnostik. Eine Studie mit SSES-Kindern“ veröffentlicht die Logopädin und Diplom-Patholinguistin Antje Skerra ihre Diplomarbeit, die 2008 mit dem dbl-Forschungspreis ausgezeichnet wurde. In ihrer Studie untersucht Skerra die Fast Mapping-Leistungen von 7 spezifisch sprachentwicklungsgestörten (SSES-) Kindern und vergleicht diese mit einer Kontrollgruppe bestehend aus 7 Gleichaltrigen. Mit Fast Mapping wird ein lexikalisches Entwicklungsprinzip bezeichnet, das es dem Kind im Spracherwerb erlaubt, neue phonologische Wortformen mit ersten rudimentären semantischen, syntaktischen und konzeptuellen Informationen zu verknüpfen und diese ersten Repräsentationen im Lexikon zu speichern.
Im Buch gibt Skerra zunächst einen kurzen Überblick über die semantisch-lexikalische Entwicklung im Spracherwerb und geht dann auf die möglichen Störungen dieser Entwicklung ein. Sie definiert den Begriff der SSES im Zusammenhang mit ihrer Untersuchung und skizziert die uneindeutige Datenlage zur Vergleichsforschung von sprachgesunden und SSES-Kindern auf dem Gebiet der lexikalischen Prinzipien, den so genannten „constraints“. Bezüglich der Leistungsdifferenzen von sprachunauffälligen Kindern und SSES-Kindern liefern die Untersuchungen widersprüchliche Daten. Der oberflächliche Eindruck vielfacher Evidenzen für einen Leistungsunterschied zugunsten der sprachgesunden Kinder muss bei genauerer Betrachtung laut Skerra revidiert werden. Obwohl diese Leistungsunterschiede bei bestimmten Aufgaben erscheinen, zeigen sich in den meisten Studien auch Bereiche, in denen die SSES-Kinder keine Leistungsdifferenz aufweisen. Skerra betrachtet die Datenlage daher als uneindeutig und führt dies auch auf die Unterschiede in der methodischen Vorgehensweise der einzelnen Studien zurück. Mit ihrer Untersuchung versucht die Autorin daher, die wesentlichen methodischen Überlegungen, die aus der Vielzahl an Studien resultieren, aufzugreifen und die Datenlage somit um eindeutige Evidenzen zu bereichern. Um dies zu gewährleisten, erläutert sie ihre Vorgehensweise detailliert aber prägnant. Sie geht davon aus, dass die SSES-Kinder ihrer Untersuchung schlechtere Fast Mapping-Leistungen erbringen als die sprachgesunden Kontrollkinder und kann dies auch bestätigen. SSES-Kinder erstellen laut Skerra beim Fast Mapping eine „ärmere Erstrepräsentation […] als sprachunauffällige Kinder“. Diese Hauptaussage ihrer Studie unterstützt Annahmen aus der Forschung zu lexikalischen Entwicklungsprinzipien. Des Weiteren überprüft sie einen möglichen Wortarteneffekt und analysiert die Zusammenhänge zwischen Wortschatz und Fast Mapping sowie zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und Fast Mapping.
Um eine Brücke zwischen der Forschung und Praxis zu schlagen, stellt Skerra drei Einzelfälle vor und diskutiert die therapeutische Implikation ihrer Diagnostikergebnisse. Dies macht die Praxisrelevanz ihrer Untersuchung deutlich und ermöglicht die Ableitung eines geeigneten Therapieverfahrens. Darüber hinaus wird die Möglichkeit eines Fast Mapping-Screenings für den klinischen Alltag durch die Anwendung der vorgestellten Fast Mapping-Methodik beschrieben. Das Buch empfiehlt sich sowohl für den wissenschaftlichen als auch praktischen Gebrauch. Wer sich mit den lexikalischen Constraints bereits befasst und ein Vorwissen darüber aufgebaut hat, der kann sowohl theoretisch als auch praktisch einen Nutzen daraus ziehen. Sprachtherapeuten/innen, die jedoch noch keine Erfahrung auf dem Gebiet der lexikalischen Entwicklungsprinzipien gesammelt haben, sollten sich vorher in diese Sprachentwicklungstheorie einlesen, da ein Vorwissen über die angenommenen lexikalischen Entwicklungsprinzipien bei der Lektüre des Buches von Vorteil ist.
Britta Grabherr, Hannover
2013, Schulz-Kirchner-Verlag, Idstein, 152 Seiten, 26,99 €
ISBN 978-3-8248-0999-8
Im Buch setzt sich die Autorin praxisorientiert und kenntnisreich mit Sprachauffälligkeiten bei autistischen Störungen auseinander. Einleitend werden Autismus-Spektrum-Störungen beschrieben und Theorien zur Ätiologie und Pathogenese darstellt. Anschließend werden in Gegenüberstellung zur altergerechten Entwicklung Theorien zu Spracherwerbsprozessen bei autistischen Kindern aufgeführt. Auch werden Besonderheiten bei mehrsprachigem Aufwachsen und beim Schriftspracherwerb geschildert. Ein weiteres Kapitel erläutert das Vorgehen in der Sprachdiagnostik und schildert anhand von Praxisbeispielen Probleme, die bei autistischen Kindern die diagnostische Abklärung erschweren. Die zweite Hälfte des Buches widmet sich der Therapie. Übersichtlich und klar strukturiert wird über einzelne Verfahren zur verbalen Sprachanbahnung, zur unterstützten Kommunikation und zur Therapie einzelner Symptome, wie z. B. einer Echolalie, berichtet. Vor- und Nachteile der verschiedenen Therapieprogramme werden benannt und zu jedem Verfahren wird abschließend eine kritische Bewertung vorgenommen. Im Anhang wird eine Kopiervorlage zur Anamnese bereitgestellt sowie Literaturempfehlungen gegeben.
Die Darlegungen stützen sich auf ausführliche Literaturrecherchen. Deutlich wird herausgearbeitet, was weitgehend gesichertes Wissen ist, bei welchen Fragen die Befundlage widersprüchlich ist und welche Probleme völlig ungeklärt sind. Der Leser erhält damit einen fundierten Überblick über den aktuellen Kenntnisstand und kann sein Vorgehen in der Praxis auf eine solide Wissensbasis stellen. Zahlreiche Praxisbeispiele veranschaulichen spezifische Symptome und das konkrete Vorgehen in der Diagnostik und Therapie.
Insgesamt informiert das Buch in hervorragender Weise über Sprachprobleme bei Autismus-Spektrum-Störungen, über theoretische Modelle zu deren Erklärung sowie über Möglichkeiten und Grenzen in der Diagnostik und Therapie. Für Sprachtherapeuten, die autistische Kinder betreuen, ist dieses Buch unverzichtbar. Aber auch alle Anderen, die sich mit Fragen des Autismus auseinandersetzen, werden es mit großem Gewinn lesen.
Prof. Dr. med. Waldemar von Suchodoletz, München
2011, Schattauer, Stuttgart, 416 Seiten, 126 Abb., 16 Tab., 79,00 €
ISBN 978-3-7945-2634-5
Die Musikermedizin versteht sich als transdiziplinäres Schwerpunktgebiet innerhalb verschiedener medizinischer Fachrichtungen, das sich mit der Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Erkrankungen beschäftigt, die das Musizieren negativ beeinflussen oder die durch das Musizieren entstanden sind. Die 3 Herausgeber haben es sich gemeinsam mit 10 weiteren Autoren zum Ziel gesetzt, ein evidenzbasiertes, aktuelles, deutschsprachiges Lehrbuch für die medizinische Betreuung von professionellen als auch von Freizeitmusikern zu verfassen, das zugleich ihre therapeutischen Erfahrungen widerspiegelt.
Das Buch gliedert sich in 2 Teile: eine fächerübergreifende Darstellung der Grundlagen (inkl. Epidemiologie, gemeinsame diagnostische und therapeutische Zugangswege, Prävention, rechtliche Aspekte) und eine spezifische Abhandlung von Musikererkrankungen in allen relevanten medizinischen Fachgebieten. Durch ein umfassendes und praktikables Sachverzeichnis kann es sowohl als Nachschlagewerk als auch als fortlaufendes Textbuch genutzt werden. Eine weitere Finesse sind zahlreiche Fallbeispiele, die typische klinische Konstellationen prägnant im musikerspezifischen Kontext präsentieren. Das dürfte insbesondere den mit der musikermedizinischen Materie nicht so vertrauten Medizinern helfen, konkrete Handlungshinweise abzuleiten. Auch wenn die repräsentativ ausgewählten Fälle natürlich keine allgemeingültigen „Rezepturen“ darstellen, gelingt mit der konsequenten Einflechtung praktischer Beispiele der Spagat zwischen umfassender Darstellung des weit gefächerten Gebietes und zahlreichen konkreten Empfehlungen für die Betreuung dieser besonderen Patientengruppe. Nicht zuletzt enthält das Werk zahlreiche Anregungen für eine transdisziplinäre Betrachtungs- und Denkweise, die sich in den diagnostischen und therapeutischen Ansätzen widerspiegelt und die die konkreten körperlichen, räumlichen und organisatorischen Bedingungen des Musizierens und Singens einbezieht. Besonders erwähnenswert ist auch die Beachtung der spezifischen Probleme besonders junger und alter Musiker und Sänger.
Um in der musikalischen Terminologie zu bleiben: Es ist sicherlich Beckmesserei anzumerken, dass das internistische Kapitel im Vergleich zu den anderen Fachgebieten eher kurz abgehandelt ist und hier ausführlichere Informationen gerade zu den Krankheitsbildern wünschenswert wären, die im klinischen Alltag häufiger einer konsequenten fachärztlichen Abklärung und Therapie zugeführt werden sollten (z.B. gastroösophagealer Reflux, Dyspepsien).
Insbesondere die Herausgeber verkörpern das fächerübergreifende Konzept der Musikermedizin in authentischer Weise: Als Fachärzte für psychosomatische Medizin, HNO-Heilkunde und Phoniatrie/Pädaudiologie sowie für Neurologie decken sie nicht nur ein breites Feld innerhalb der Musikermedizin ab, sie sind zugleich diplomierte und bis heute aktive Musiker bzw. Sänger. Ihnen ist ein Standardwerk gelungen, das im deutschsprachigen Raum zu Recht als „tonangebend“ bezeichnet werden darf. Wer Musiker und Sänger regelmäßig als Patienten betreut oder wer sich dem Thema verstärkt zuwenden will, hat mit diesem Werk einen umfassenden, aktuellen, praxisrelevanten Leitfaden in der Hand, der zudem für ein medizinisches Lehrbuch außergewöhnlich spannend sein kann. Es rückt auch ins Bewusstsein, dass Musikermedizin hochgradig individuelle, ressourcenintensive Medizin ist, die zurzeit insbesondere in entsprechenden Zentren repräsentiert werden kann.
Michael Fuchs, Leipzig
2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2014, Thieme, Stuttgart, 328 Seiten, 69,99 €
ISBN: 978-3131031624
Die Logopädin und Gesangspädagogin Marianne Spiecker-Henke legt mit der 2. Auflage der lange vergriffenen Erstausgabe ein völlig neues Buch vor. In „Leitlinien der Stimmtherapie“ (Leitlinien im Sinne von Prinzipien, nicht zu verwechseln mit den Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften) erläutert die Autorin in 23 Kapiteln alles Wissenswerte zum Thema Stimmstörungen und Stimmtherapie. Die ersten Kapitel widmen sich der Bedeutung der Stimme für die Menschheit im Allgemeinen und den einzelnen Menschen im Besonderen, sowie dem Krankheitsverständnis der gestörten Stimme in einer bio-psycho-sozialen Sichtweise. Die Autorin fundiert diese Kapitel mit naturwissenschaftlichen, kommunikationswissenschaftlichen und psychologischen Erkenntnissen.
Es folgt das aus der Erstausgabe übernommene Kapitel mit Co-Autorin Dagmar Tuschy-Nitsch „Der Patient und sein Therapeut“, in dem grundlegende Mechanismen des Therapieprozesses in Analogie zur Psychotherapie aufgezeigt und anhand von Fallbeispielen erläutert werden. Dass dieses Kapitel der medizinischen Einteilung der Stimmstörungen und anatomisch-physiologischen Grundlagen vorangestellt wird, spricht für sich. Das Herzstück des Buches stellt die eigentliche Stimmtherapie dar, die integrativ, störungsspezifisch und interaktional angelegt sein soll. Im Mittelpunkt steht der individuelle Klient mit seiner individuell erlebten Stimmerkrankung. Daraus resultiert ein patientenzentriertes stimmtherapeutisches Vorgehen im Sinne einer „maßgeschneiderten“ Therapie für jeden Klienten. Die Autorin ist eine Verfechterin eines methodenintegrierenden Vorgehens in der Stimmtherapie. Es gelingt ihr, funktionsorientierte Prinzipien der Stimmtherapie herauszuarbeiten und diesen – methodenübergreifend – Übungen zuzuordnen. Zusätzlich wurde ein Kapitel zum Einfluss des Kiefergelenkes und der oberen Wirbelsäule auf die Stimmfunktion einschließlich der Möglichkeiten der Funktionsprüfung aufgenommen (Co-Autor: der Osteopath Manfred Hülse). Anamnese- und Befundbögen – bei Erwerb des Buches auch im Download auf der Verlagshomepage – runden das Werk ab. Der Schreibstil ist anspruchsvoll und setzt stellenweise (stimm-)therapeutisches Grundwissen voraus.
Fazit: Ein gutes und wichtiges Buch. Mir boten sich vielerorts „Aha-Erlebnisse“ beim Lesen, die ich nicht missen möchte. Für Stimmprofis ist das Werk ein „Muss“, aber auch Anfänger der Stimmtherapie werden vom langjährigen therapeutischen Erfahrungsschatz der Autorin profitieren.
Prof. Dr. Ulla Beushausen, Hildesheim
2013, Reinhardt, München, 128 Seiten, 19,90 €
ISBN: 978-3497023448
„Meine Stimme entdecken“ wirkt auf den ersten Blick nicht wie ein Buch über Sprechtraining, da auf dem Titelbild drei Elefanten, von denen einer auf einem Hocker sitzt, abgebildet sind. Die Autorin trägt zusammen, was ihr in den letzten Jahren an Stimmtrainings und -coachings begegnet ist. Dabei werden fachliche Erklärungen, Aussagen anderer Stimmcoaching-Teilnehmer und Übungsbeschreibungen bunt gemischt und ab und zu von einer Figur, die einer Stimmgabel ähnelt, untermalt. So scheint der Aufbau des Buches eher dem Übungsschatz der Autorin entsprungen zu sein als einer eindeutigen Systematik.
Nach der Einführung in die Stimmfunktion und Stimmhygiene widmet sich der Hauptteil des Buches dem Stimmverhalten in ausgewählten Sprechsituationen. Das Thema Stimme und Stress wird auf 5 Seiten abgehandelt, das Kapitel Stimme am Telefon umfasst im Gegensatz dazu 14 Seiten. Zum Thema Mitarbeitergespräche ist zu lesen: „Die Toilette ist ein wunderbarer Ort, um zu sich zu kommen“. Wer reitet, kann dabei mehr Resonanz erreichen und zum Thema Schwimmen erfahren wir, dass man beim Schnorcheln leider nicht abspannen kann. Wer die Grundlagenwerke zur atemrhythmisch angepassten Phonation bereits kennt, stößt bei den Übungen auf Bekanntes wie beispielsweise das Korkensprechen, das Bogenspannen oder die Impedanzprobe. So mag diese Übungssammlung für einen Einstieg in das Thema nützlich sein. Wer sich etwas besser auskennt, entdeckt viel neuen Wein in alten Schläuchen bzw. Rüsseln. Außer einem Dank an die inspirierenden Beteiligten gibt es kein abschließendes Ende und damit ist auch die letzte Gelegenheit verpasst, mehr über die drei Elefanten auf dem Titelbild zu erfahren.
Peter Gramann, Hannover
Jürgen Steiner im Gespräch mit Helga Rohra und Richard Taylor
2013, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, Zürich, DVD, 45min, 19,99 €
Dem etwas irritierenden Titel – er widerspricht herkömmlichen Erwartungen – ist es gelungen, mich für die 2013 produzierte DVD „Demenz und Esprit“ zu interessieren. Und darüber bin ich sehr froh. Denn während insgesamt 45 Minuten verfolgte ich teils fasziniert, teils zweifelnd 2 äußerst lebendige Dialoge, bei denen jeweils ein Gesprächspartner offenbar schon lange mit der Diagnose Demenz lebt. Da mir sowohl der mittlerweile 71-jährige Richard Taylor und die 61-jährige Helga Rohrer bislang nicht visuell und akustisch begegnet sind, wäre ich ohne die Vorinformation nicht auf die Idee gekommen, hier 2 schon länger von Demenz Betroffene in Aktion zu erleben. Allein schon dieses Hoffnung vermittelnde Erlebnis macht die DVD empfehlenswert. Sie führt vor Augen, dass Demenz keineswegs nur ein zu erduldendes und allenfalls medikamentös zu bremsendes Schicksal ist; in Einzelfällen können – wie die DVD vor Augen führt – zum Beispiel sprachliche Fähigkeiten durch entsprechendes Üben lange aufrecht erhalten werden. Hierzu kann, wie Helga Rohra aus eigener Erfahrung mit Beispielen berichtet, Logopädie einen wesentlichen Beitrag leisten. Fairerweise gilt es einzuräumen, dass beide Protagonisten der DVD schon vor Einsetzen der Demenz ganz offensichtlich über beeindruckende sprachliche Kompetenzen verfügten (Taylor arbeitete als Psychologieprofessor, Rohra war Dolmetscherin). Man vermutet ja, dass solche intellektuellen „Reserven“ die Manifestation einer sich anbahnenden Demenz verzögern können. Ermutigend ist auch die Tatsache, dass Taylor und Rohra trotz ihrer Grunderkrankung (Taylor spricht von „Behinderung“) weiterhin ein aktives und sozial engagiertes Leben führen, was zugleich die kognitiven Fähigkeiten trainiert und erhält. Durch ihre offenen und authentischen Selbstoffenbarungen dürfte es den beiden mit Hilfe der DVD gelingen, das Umfeld von Demenzbetroffenen zu einem natürlichen und unbeschwerten Umgang mit den Kranken einzuladen. Jeder von ihnen betont, wie wichtig es ist, dass Bezugspersonen durch ihr Umfeld aktiv „befähigt“ werden. Beide Protagonisten versprühen durch ihr Auftreten und die teilweise beeindruckende Brillanz mancher Gedanken zweifelsfrei „Esprit“, also „Geist“ und stellen damit den oft abwertenden Begriff „De-Mens“ (ohne Geist) durch ihr eigenes Beispiel in Frage.
Gesprächspartner der beiden getrennt geführten Interviews ist Prof. Dr. Jürgen Steiner, der an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Logopädie lehrt. Während Steiner in dem auf Englisch geführten Gespräch eher zurückhaltend seinem Gegenüber Raum gewährt und nur da und dort ein wenig in Richtung auf sein eigenes Fachgebiet zu lenken versucht, ist er im Gespräch mit Helga Rohra deutlich direktiver. Als Zuschauer stellte ich mir die Frage, ob das direktivere Vorgehen im zweiten Fall der Demenz geschuldet ist (Vorsicht: Vorurteil!) oder ob mehr das thematische Interesse von Prof. Steiner für sein aktiveres Verhalten bestimmend war. Im Vergleich der beiden Interviews erwischte ich mich auch bei der Frage, ob der durch Fragen eher weniger geforderte Richard Taylor ungehindert auf ein eintrainiertes Repertoire zurückgreifen konnte. Die kluge Art, wie Taylor auf Fragen einging und auch Humor zeigte, ließ meine Zweifel jedoch rasch schwinden.
Leider wird das mit Richard Taylor in Englisch geführte Interview nur extrem spärlich von deutschen Untertexten begleitet, die zudem auch nicht immer zu dem aktuellen Wortlaut passen. Richtig genießen kann diesen Teil der DVD daher nur, wer ausreichend Englisch versteht. Eine wertvoller Ergänzung der DVD ist das kleine 8-seitige Beiheft, das alle Beteiligten ausführlich vorstellt.
Dr. Dr. med. Herbert Mück, Köln
Stotternde Menschen erzählen aus dem Arbeitsleben
2015, Demosthenes, Köln, 196 Seiten, 14,50€
ISBN: 978-3-921897-77-5
Vierzehn stotternde Männer und Frauen erzählen über ihre Erfahrungen mit dem Stottern, insbesondere im Arbeitsleben. Zu Beginn jedes Interviews werden die einzelnen Personen von Marion Stelter sehr anschaulich beschrieben, so dass man während des Lesens der einzelnen Gespräche fast das Gefühl hat, als stiller Beobachter der Unterredung beizuwohnen.
Jedes individuell geführte Gespräch beinhaltet Fragen zum Einfluss des Stotterns auf die Berufswahl, auf das Arbeitsleben und auf den beruflichen Werdegang. Die Autorin fragt außerdem nach dem Stottern in der Schulzeit, nach Wünschen im Umgang mit dem Stottern und nach Therapieerfahrungen etc.
Es sind spannende Unterhaltungen, die einen aufschlussreichen Einblick in das (Berufs-) Leben ganz unterschiedlicher stotternder Menschen aus verschiedenen Berufen geben. So kommen unter anderem ein Physiker, eine Lehrerin, ein Stadtplaner oder eine Zahnärztin zu Wort. Neben manchen leidvollen Erfahrungen wird auch eine bewundernswerte Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit in den einzelnen Biografien deutlich.
Ein Buch, das hoffentlich viele junge stotternde Menschen ermutigt, bei der Wahl des Berufes vor allem auf die eigenen Fähigkeiten und Bedürfnisse zu schauen!
Lesenswert ist es sicherlich nicht nur für junge Menschen, die ihren beruflichen Lebensweg noch vor sich haben, sondern für alle, die stottern oder mit stotternden Personen zu tun haben.
Birte Ripken, Hannover
Ein Ratgeber für Lehrerinnen und Lehrer
2011, Demosthenes Verlag / Bv Stotterer-Selbsthilfe, Köln, 1. Aufl. 100 Seiten, 9,50 €
ISBN 978-3-921897-66-9
Mehr als 1% aller Kinder stottern, so dass es rein theoretisch an jeder Schule stotternde Schüler geben müsste. Warum Stottern für Lehrer aber häufig gar nicht eindeutig zu identifizieren ist, erklärt dieser neue Schulratgeber von Georg Thum.
Nach einem allgemeinen Überblick über Stottersymptome sowie Epidemiologie und Ätiologie zeigt der erfahrene Stottertherapeut auf, wie sich Stottern äußert, bzw. versteckt. Auf vielen Seiten erhält der Leser – unterlegt mit vielen Fallbeispielen – zahlreiche Anregungen, um einen stotternden Schüler in der Schule zu unterstützen: Es werden Möglichkeiten zur Thematisierung des Stotterns, zu Änderungen des Lernumfeldes und zur Reduzierung belastender Anforderungen dargestellt, um dem stotternden Schüler eine gute Teilhabe zu ermöglichen.
Zusätzlich werden in diesem Buch für die Schule relevante Themen wie Nachteilsausgleich, Inklusion und Schulform erörtert und unterschiedliche Therapiemethoden dargestellt. Jedes Kapitel wird sowohl „kurz und knapp“ abgehandelt als auch „ausführlich“ erläutert, so dass der Leser sich wahlweise einen kurzen Überblick verschaffen oder detaillierter in das Thema einsteigen kann.
Durch zahlreiche Falldarstellungen, Wiedergabe in wörtlicher Rede und durch viele Alternativvorschläge zu im Schulalltag üblichen Praktiken gelingt es dem Autor das Thema sehr anschaulich und praxisnah zu vermitteln.
Dieser Ratgeber sollte in keiner Schulbibliothek fehlen!
Birte Ripken, Hannover
3. Auflage 2010, Schulz-Kirchner, Idstein, 188 Seiten, 41,99 €
ISBN 978-3-8248-0428-3
Die ursprünglich von dem Phonetiker Svend Smith entwickelte Akzentmethode wurde bereits im Jahr 1967 in Zusammenarbeit mit Kirsten Thyme-Frøkjær weitergeführt. Die Hauptprinzipien beruhen auf rhythmisierten Übungen in Kombination mit einer kontrollierten Atmung und einer Fokussierung auf normale und gesunde Bedingungen für die Stimme und Sprechweise. Zusätzlich zum Einsatz als Stimmtherapiemethode wird die Anwendung bei der Behandlung des Stotterns beschrieben. In der 3. Auflage neu hinzugekommen ist ein Kapitel von Karl-Heinz Stier, in welchem die Ergebnisse von 8 Studien zur Effizienz der Akzentmethode beschrieben werden.
In der 1. Hälfte des Buches werden Anatomie und Physiologie des Stimm- und Sprechapparates beschrieben. Der übungstechnische Teil gliedert sich in Atem-, Entspannungs-, Stimm-, Trommel- und Sprechübungen. Die Trommelübungen sind rhythmisch notiert und liegen als Hörbeispiele vor. Abgesehen davon, dass man sich die Übungen anhand der Aufnahmen besser vorstellen kann, helfen sie auch, die verwendeten Tempi zu erfassen. Die als Largo, Andante und Allegro benannten Tempi beziehen sich nämlich nicht auf musikalische Normierung, sondern bewegen sich alle im Bereich von Tempo 70 (Adagio). Durch die differenzierten Anleitungen und die erläuternden Grafiken erhält der Leser einen guten Eindruck über die Funktionsweise der Akzentmethode. Die Autoren raten dennoch dringend dazu, zusätzlich zum vorliegenden Lehrbuch an einem Kurs der Akzentmethode teilzunehmen. Die neue Auflage empfiehlt sich daher für diejenigen, die ihre Kenntnisse der Akzentmethode vertiefen möchten oder als Lehrmaterial für einen bevorstehenden Kurs.
Besitzer der vorherigen beiden Ausgaben können diese getrost weiterverwenden, da der Übungsteil sich nicht verändert hat. Mit der Ergänzung der neuen Ausgabe über die Evidenz der Akzentmethode wird die aktuelle Forderung nach der Wirksamkeitsforschung genüge getan.
Peter Gramann, Hannover
Empowerment und Ressourcenorientierung aus der Sicht von Eltern hörgeschädigter Kinder und von erwachsenen Menschen mit Hörschädigung
2010, Median Verlag, Heidelberg, 160 Seiten, 26,00 €
ISBN 978-3-941146-08-2
Bereits 2008 erschien „Empowerment und Ressourcenorientierung in der Zusammenarbeit mit hörgeschädigten Menschen“ von den gleichen Herausgebern. Das nun vorgelegte Buch umfasst die Schilderungen von 7 Elternteilen und 4 jungen hörgeschädigten Erwachsenen, wie sie mit der Herausforderung, Eltern eines hörgeschädigten Kindes zu sein, umgegangen sind bzw. wie sie mit einer Hörschädigung das eigene Leben gestalten. Die Stimmen Betroffener abzubilden ist nicht neu und hat seit langem – insbesondere in der fachlichen Diskussion der Hörgeschädigtenpädagogik – Eingang insbesondere in Zeitschriften, (z. B. „hörgeschädigte kinder“, „Schnecke“ oder früher auch „Spektrum Hören“) oder in die Fachliteratur (umfassend beispielsweise bereits Krug 1949 oder Leonhardt 2001, 2009, aber ganz besonders in zahlreichen Veröffentlichungen der früheren Bundesgemeinschaft der Eltern und Freunde hörgeschädigter Kinder e.V.) gefunden. Während bisherige Darstellungen jedoch zumeist unkommentiert „im Raum“ blieben (nicht jedoch bei Krug, s.o.) – der Leser sozusagen den eigenen Gedanken und Überlegungen nachging – findet dies im vorliegenden Buch durch Tsirigotis und Hintermair unter dem Gedanken des Empowerments und der Ressourcenorientierung statt. Dem einen oder anderen Leser wird das hilfreich sein und zum intensiveren Nachdenken anregen.
Dass bei der Auswahl der Autoren (hier also der Eltern hörgeschädigter Kinder und der jungen erwachsenen Hörgeschädigten) wiederholt auf jene zurückgegriffen wurde, die bereits z.T. mehrfach an anderer Stelle ihr Leben, ihre Auseinandersetzung und ihre Gedanken beschrieben (z. B. Keßler, Kutrowatz, Stangl), irritiert. Der Kenner der Fachliteratur liest so Variante X, während neue/andere Autoren möglicherweise neue/andere Impulse geboten hätten. Aber: Nicht jeder liest jedes Buch oder jede Zeitschrift, so dass die Ausführungen für den einen oder anderen neu sind. Und: Welcher Herausgeber kennt es nicht, wie schwierig es sein kann, schreibwillige Autoren zu finden?
Die Vor- und Nachbereitung der Beiträge durch die Herausgeber kann für die Leser nützlich sein und wird zugleich Gedankenanstöße vermitteln, insbesondere für Personen, die sich erstmalig mit Empowerment und Ressourcenorientierung beschäftigen. Zu empfehlen ist das Buch auch Betroffenen, die durch die Darstellungen Kraft schöpfen werden, und Studierenden der Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik. Das Buch trägt zu einem besseren Verständnis der Eltern hörgeschädigter Kinder und der Betroffenen bei.
Prof. Dr. Annette Leonhardt, München
2010, Demosthenes Verlag / Bv Stotterer-Selbsthilfe, Köln, ca. 57 Min. (Vorträge), 63 Min. (Übungen) + Begleitbuch, 62 Seiten, ca. 29,99 Euro
ISBN 978-3-921897-59-1
Die 2-stündige DVD und das ausführliche Begleitheft sind gefüllt mit vielen praktischen Tipps und Übungsanregungen zur Selbsthilfe. In einem kurzweiligen, anschaulichen und humorvollen Vortrag stellt Berthold Wauligmann im 1. Teil der DVD seine Erkenntnisse zum Thema Stottern und seine gezielten Sprechmusterveränderungen dar. Zahlreiche Übungsanregungen zu den Bereichen Reduzierung des Sprechtempos, Atmung, gebundenes Sprechen, Betonung, lockere Mundmuskulatur und positive Gedankensteuerung( z.B. „um sich nicht mehr selbst zu mobben“) werden im 2. Teil der DVD vermittelt. 2 Mitglieder der Stotterer-Selbsthilfegruppe Münster demonstrieren eingängig die unterschiedlichen Übungsbereiche. Dem Stotternden wird eine Möglichkeit zu handeln vermittelt. Im Begleitheft finden sich weitere Übungsvorschläge, um die neue Sprechweise gut vorbereitet und mit guter Zuversicht in den Alltag zu übertragen.
Berthold Wauligmann überzeugt durch sein Auftreten und der konsequenten Anwendung seiner Sprechweise. Der Film vermag keine gute Therapie zu ersetzen, dennoch können jugendliche und erwachsene Betroffene sicher von seinen zahlreichen Anregungen profitieren. Auch angehende und erfahrene StottertherapeutInnen bekommen neue Impulse für die eigene Arbeit.
Birte Ripken, Hannover
2009, Stuttgart: Thieme Verlag, 2., vollst. überarb. Aufl. , 184 S., 46 Abb., kart., 39,95 €
ISBN: 978-3-1312-4112-2
Das Buch von Irina Weigl und Marianne Reddemann-Tschaikner zum handlungsorientierten Therapieansatz (HOT) ist 2009 in einer neuen, überarbeiteten Auflage erschienen. Zielgruppe des Buches sind vor allem Sprachtherapeuten, weiterhin Kinderärzte, Psychologen, Pädagogen und Eltern.
Gegenüber der Erstveröffentlichung aus dem Jahre 2001 wurde die Neuauflage neu strukturiert, fachwissenschaftlich aktualisiert und um neue Kapitel ergänzt. Im ausführlichen theoretischen Teil (Kapitel 2 und 3) erläutert die Psychologin Irina Weigl sehr klar die theoretischen und methodischen Grundlagen, aus denen sich der HOT ableitet. Diese umfassen Basiswissen zu den Bereichen Handlungstheorie, Spracherwerb und Gedächtnis. Durch die Rubrik „praxisrelevante Verknüpfungen“ werden bereits im Theorieteil klare Bezüge zur sprachtherapeutischen Praxis hergestellt. Anschließend werden Grundlagen zu Sprachentwicklungsstörungen dargestellt, wobei nicht nur spezifische Sprachentwicklungsstörungen, sondern in der 2. Auflage auch Sprachstörungen bei geistiger Behinderung, insbesondere beim Down-Syndrom thematisiert werden. Erstaunlicherweise findet sich im Buch kaum eine Auseinandersetzung mit anderen Therapieansätzen; Gemeinsamkeiten oder Unterschiede werden nicht gesehen, es wird keine Einordnung des HOT in die Bandbreite bestehender Therapieverfahren vorgenommen.
Im Praxisteil beschreibt die Lehrlogopädin Marianne Reddemann-Tschaikner die Diagnostik, Zielsetzung und methodische Umsetzung des HOT. Bei den Ausführungen zur Diagnostik verwundert, dass keine aktuellen Diagnostikverfahren genannt werden und die Beschreibung der logopädischen Diagnostik (S. 88f.) damit in der 2. Auflage auf einem veralteten Stand verbleibt. Das methodische Vorgehen nach dem HOT wird detailliert beschrieben; die praktische Umsetzbarkeit wird sehr eingängig verdeutlicht, z.B. durch die kindgerechte Darstellung der Handlungsschritte („was brauchen wir, was haben wir gemacht?“). Die beiden Fallbeispiele im 5. Kapitel zeigen sehr anschaulich und konkret die kreativen Aspekte der Therapie nach dem HOT und die guten und fruchtbaren Möglichkeiten der Einbeziehung der Eltern in die Therapie. Die Fallbeispiele belegen anhand von Transkripten, Therapeutenurteilen und Einschätzungen der Eltern positive Effekte der Therapie nach dem HOT. Es fehlt jedoch eine quantifizierbare Evaluation der Leistungen vor und nach der Therapie. So wird die Verbesserung der Wortfindung oder die Abnahme der Formulierungsschwäche als subjektiver Eindruck beschrieben, aber nicht statistisch belegt. Für die Zukunft wäre es wünschenswert, evidenzbasierte Verfahren zur Evaluation der Wirksamkeit des HOT einzusetzen.
Im neu hinzugekommenen 6. Kapitel wird aufgezeigt, wie sich der HOT mit einigen Modifikationen auch bei Gruppen mit behinderten Kindern sinnvoll einsetzen lässt. Die multidimensionalen Ziele reichen hier weit über eine Verbesserung der Sprachfähigkeiten hinaus und umfassen Aspekte wie Neugier wecken, Ideen entwickeln, Probleme lösen, Feinmotorik verbessern, Gefahren erkennen oder Kenntnisse über Nahrung erwerben.
Für Sprachtherapeutinnen, die nach dem handlungsorientierten Ansatz arbeiten, bietet das vorliegende Buch eine informative, gut verständliche, theoretisch begründete und praktische ausgearbeitete Grundlage.
Prof. Dr. Christina Kauschke, Marburg
2011, Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V., Köln, 44 Seiten, 8,50 €
ISBN 978-3921897614
Die 44-seitige Broschüre mit DVD richtet sich an Jugendliche, die selbst stottern. Sie beginnt mit der Aufklärung darüber, was Stottern ist, streift die für Jugendliche relevanten Lebensbereiche (Schule, Ausbildung, Beruf) und führt über die rechtliche Situation, die Therapiemöglichkeiten und die Selbsthilfe zu abschließenden Themen (Eltern, Freunde, Migration). Auf die Angebote der BVSS (Bundesvereinigung Stotter-Selbsthilfe e.V., Zülpicherstr. 58, 50674 Köln) wird mehrfach verwiesen.
Die Leser werden per „Du“ angesprochen, die Publikation ist auf „jugendlich“ getrimmt. Das Layout ist in der Form von Pinnwand-Schnipseln gestaltet, die auf dem Hintergrund grober Rasterfotos platziert sind. Teilweise soll ein Comic aus der bekannten Benni-Reihe (Benni 1 bis 4, B. Natke, Demosthenes-Institut der BVSS, Köln) den kleingedruckten Text auflockern. Die Schrift ist mal orange auf schwarz, mal weiß auf orange, dann wieder schwarz auf weiß und stellt einige Anforderungen an die visuelle Kompetenz des Lesers. Ob diese Gestaltung die Attraktivität für jugendliche Leser wirklich erhöht, muss bezweifelt werden.
Sprachlich sollte der Text in einer späteren Auflage noch überarbeitet werden. Wenn man wie in einem Arbeitsbuch solche Fragen stellt: „Geht es Dir auch so?“ oder „Kennst Du das auch?“, dann sollten sie nicht ins Leere laufen. Es muss auch nicht sein, dass sich Angaben wiederholen wie die zur 1%-Häufigkeit des Stotterns (S. 6 und S. 9). Auf einige Passagen könnten die jugendlichen Leser wohl verzichten: „Jugendliche verbringen viel Zeit in der Schule ...“ oder „Mit guten Freunden verbringt man die Freizeit ...“. An anderer Stelle wird es wieder anspruchsvoll, indem man statt der Jugendlichen-Sprache eine eher therapeutisch orientierte Begrifflichkeit benutzt („Symptome“ oder „Migration“). Es passt alles nicht so ganz zusammen.
Das Menü der DVD ist so aufgebaut, dass einzelne Interviews angesteuert werden können. Die persönlichen Einschränkungen durch das Stottern werden in den Videobeispielen gut erfahrbar. Dabei dürfte es für Jugendliche besonders spannend sein, wenn Erwachsene rückblickend über ihre Erlebnisse und Empfindungen als Schüler und Berufsanfänger berichten. Die Auswahl der Interviews soll Mut machen, dass trotz Stottern Teilhabe und beruflicher Erfolg möglich sind. Im Text und in den Videobeispielen wird deutlich, dass ein junger Mensch die Wahl seines Berufs nicht von seiner Behinderung abhängig machen sollte.
Die ressourcenorientierte und zielorientierte Sicht der Broschüre ist ihr eigentlicher Wert. Der rote Faden ist die Intention, den Leser anzuregen, aktiv zu werden und gegen das Stottern etwas zu unternehmen. Die Erfahrungsberichte vermitteln eindrücklich, wie schwer es ist, Angst und Scham zu überwinden und sich mit seinem Stottern zu zeigen. Sie bieten dann aber gute Modelle dafür, die Auseinandersetzung mit dem eigenen Stottern als Errungenschaft und neue Stärke zu sehen und bei eventuell neu auftretendem Stottern nicht den Mut zu verlieren.
Sicher kann dieses Heft auch als Ratgeber für Interessierte angesehen werden. Man kann es alleine lesen und verarbeiten. Als Diskussionsgrundlage in einer Gruppe ist sein Nutzen aber weit höher. Besonders gut dürfte es sich als Anregung und Quelle für gemeinsame Gespräche in einem Workshop der BVSS oder einer Therapiegruppe eignen.
Horst M. Oertle, Bad Salzdetfurth
2011, Springer, Berlin Heidelberg, 4. überarb. Aufl., 201 Seiten, 32,95 €
ISBN 978-3642200274
Im Sommer 2011 ist die 4., überarbeitete Auflage des Buchs „Phonetische und phonologische Störungen bei Kindern“ von Weinrich und Zehmer erschienen. Dieses Grundlagenwerk hat in seiner neuen Form sehr stark an Übersichtlichkeit gewonnen. Der Umfang an theoretischen Grundlagen, die jetzt mehr Hintergrundinformationen über die verschiedenen Problematiken von Kindern mit Aussprachestörungen bieten, ist sichtlich erweitert worden. Im Bereich Diagnostik wurde die ICF als orientierender Meilenstein eingefügt und die damit verbundenen Aspekte verdeutlicht. Die Darstellung verschiedener Therapieansätze ist sehr übersichtlich gelungen. Vorangegangene Auflagen haben versucht, Ansätze im Vergleich parallel zu beschreiben, was für den Leser nicht einfach war. Jetzt kann der Leser den Ausführungen gut folgen und die Unterschiede deutlich besser nachvollziehen. Hervorzuheben ist, dass dieses Buch weiterhin das einzige Buch ist, das sich dem Ansatz der Lautunterstützenden Bewegungen widmet. Beduernswerterweise wurde auf einen Nachweis der Evidenzen der verschiedenen Ansätze verzichtet, ebenso auf eine kritische Diskussion über mögliche Schwierigkeiten bei der Durchführung.
Leider weist das Buch ein zentrales Problem auf, welches auf den verwendeten Termini beruht. So wird definiert, dass ein Kind eine phonetische Störung hat, wenn es einen Laut isoliert nicht produzieren kann, eine phonologische Störung aber, wenn das Kind einen produzierbaren Laut nicht korrekt einsetzt. Es ist allerdings nicht einfach nachzuweisen, ob ein Kind, das einen Laut nicht imitieren kann, diesen auch wirklich korrekt wahrnimmt und nicht eine sekundäre statt primäre Unfähigkeit der korrekten Realisation zeigt. Damit wäre das zugrunde liegende Problem ein phonologisches mit einem sekundären phonetischen. Aufgrund der im Buch verwendeten Definitionen ergeben sich für den Therapeuten Probleme bei der Wahl des korrekten Ansatzes. Plosiviert ein Kind Frikative, so ist dies eigentlich ein phonologisches Problem, für das gezeigt werden konnte, dass ein phonetischer Ansatz nicht sinnvoll ist (z.B. Teutsch und Fox, 2004). Hier wäre aber laut Weinrich und Zehner (2011) ein phonetischer Ansatz indiziert, wenn das Kind die Frikative isoliert nicht bilden kann. Die daraus resultierenden Fragen spiegelt das Kapitel „Therapiebausteine“ wieder, welches hier keine klaren Unterscheidungen mehr vornimmt. Die zuvor getrennt voneinander dargestellten Therapieansätze werden nun in allen Kombinationsmöglichkeiten auch mit weiteren therapeutischen Bausteinen wie der der phonologischen Bewusstheit beschrieben. Leider wird in diesem Kapitel völlig auf Literatur zum Nachweis der Wirksamkeit der einzelnen Therapiebausteine oder weitere Quellen verzichtet. Es werden stattdessen an vielen Stellen Traditionen weitergegeben (z.B. im Bereich Mund- und Zungenmotorik). Der ungeübte Leser kann dazu verführt werden, in einer Behandlung die Bausteine aller Ansätze nach Belieben zu kombinieren.
Für Therapeuten allerdings sehr gelungen ist die Vielzahl an praktischen Hinweisen zur Umsetzung, z.B. im großzügigen Downloadbereich.
Prof. Annette Fox-Boyer, Hamburg
2010, Demosthenes, Köln, 240 Seiten, 34,50 €
ISBN: 978-3-921897-57-7
Dieses Praxishandbuch umfasst 5 Teile mit insgesamt 18 Kapiteln. Es sollen explizit nicht theoretische Grundlagen und diagnostische Konzepte, sondern „wesentliche Leitlinien“ für die Praxis von Stottertherapien vorgestellt werden, die logopädische und psychologisch-psychotherapeutische Behandlungsverfahren miteinander verknüpfen. Nach einer kurzen Einführung (Teil 1) zur ganzheitlichen, integrativen, personenbezogenen Stottertherapie werden im 2. Teil 9 Arbeitsbereiche vorgestellt. Zu jedem wird ein umfassender Überblick gegeben, Begriffe werden erklärt, Zielsetzungen formuliert und daraus Therapiemethoden abgeleitet. Im 3. Buchteil geht es um ausgewählte Behandlungsmaßnahmen und deren Kombinationsmöglichkeiten sowie die Struktur von Therapiesitzungen und Behandlungsabläufen. Im 4. Teil werden praxisbezogen Rahmenbedingungen für die Therapie und Selbsttherapie genannt und Aspekte der therapeutischen Nachsorge sowie der in-vivo-Arbeit beleuchtet. Einige Schlussgedanken aus der Sicht Betroffener runden das Werk ab. Im Anhang befinden sich 25 Arbeitsbögen für stotternde Erwachsene, Literaturnachweise und ein hilfreiches Sachregister.
Das Buch basiert auf einem langjährig erprobten Konzept. Es ist verständlich geschrieben, vermittelt einen guten Überblick über die Vielfalt der Behandlungsmethoden und kann als Lektüre Betroffenen ebenso wie Stottertherapeuten aller Fachrichtungen, aber auch Studierenden dieser Fachrichtungen empfohlen werden.
Prof. Dr. med. Sibylle Brosch, Ulm
6., aktualisierte Auflage 2011, Thieme, Stuttgart, 199 Seiten, 39,95 €
ISBN 978-3-13-778506-4
Von Sprachentwicklungsstörungen im Kindesalter sind in Deutschland mehr als 10% aller Kinder betroffen. Es besteht deshalb ein hoher Therapiebedarf bei betroffenen Kindern und ein ausgeprägter Informations- und Beratungsbedarf für die Eltern.
Das vorliegende Buch stellt den Ablauf der Sprachentwicklung dar, geht auf die unterschiedlichen Sprachentwicklungsstörungen ein und gibt Hinweise zur Therapie. Zusätzlich wird auf den Spracherwerb bei Bilingualität eingegangen, es werden Hinweise zu Fachleuten und Beratungseinrichtungen gegeben und es sind für Fachleute ergänzende Übungsmaterialien zur Gruppenarbeit enthalten.
Die 6. Auflage enthält neue Materialien zu den Voraussetzungen für den Spracherwerb, zum zeitlichen Ablauf bis zum 6. Lebensjahr und zu myofunktionellen Störungen. Zielgruppen sind nach Angaben des Autors Eltern betroffener Kinder, interessierte Laien und Erzieher. Aber auch Sprachtherapeuten, Sprachwissenschaftlern und Ärzten sollen die Angaben und Materialien in der Beratungstätigkeit hilfreich sein.
Die Inhalte werden in kurzen, gut strukturierten, in sich abgeschlossenen Kapiteln dargestellt, die Tabellen und Abbildungen sind übersichtlich und helfen, die Thematik zu erläutern. Fachbegriffe werden verständlich erklärt, so dass der Text zügig lesbar und auch für den nicht vorgebildeten Leser gut verständlich ist. Wegen des gesetzten Umfangs kann verständlicherweise keine tiefgehende Diskussion erfolgen, sondern nur ein Überblick über die Sprachentwicklung und dabei auftretende Störungen gegeben werden. Einige Ungenauigkeiten wie z.B. im Kapitel des Neugeborenenhörscreenings werden in der kommenden Auflage sicher korrigiert werden.
Dem Anspruch, den Informationsaustausch zwischen Laien und Experten zu erleichtern, wird das Buch vollkommen gerecht und ist sowohl für ein besseres Verständnis von Sprachentwicklungsstörungen als auch für die anschauliche Vermittelung der Problematik hilfreich. Der Buchpreis erscheint angemessen.
Michael Jungheim, Hannover
2012, G. Storch, Stockach, 150 Seiten, zahlr. Abb., 34,90 €
ISBN 978-3-934361-24-9
Im neu erschienenen Therapieband des bekannten Autorenpaars I. Weng und G. Storch stehen dieses Mal Verben und Handlungen im Mittelpunkt des therapeutischen Interesses. Es werden 15 alltagsbezogene Themenbereiche angeboten, in welche das jeweilige Übungsgeschehen eingebettet ist. In den einzelnen Kapiteln werden zunächst die für den jeweiligen Alltagsbereich relevanten Verben und dazu gehörende Objekte eingeführt, welche anschließend abwechslungsreich und mit variierendem Anforderungscharakter in einfachen Satzmustern eingeübt werden. Das jeweilige Handlungsgeschehen ist neu aufgemacht und ansprechend gestaltet, dabei sind die Übungen mit zahlreichen aktuellen, z.T. farbigen Fotos unterlegt. Erweitert werden die Satzübungen durch typische Handlungsabfolgen aus dem Alltag und durch Anwendung derselben Verben in unterschiedlichen Kontexten. Kurze, aber vom Schwierigkeitsgrad her etwas angehobene Texte fügen sich in das Übungsprogramm ein. Außerdem werden einige Anregungen zu spontansprachlichen Äußerungen gegeben, welche auf den individuellen Kontext des Patienten abheben.
Die an den Anfang gestellte theoretische Einführung in das Übungsprogramm fällt sehr knapp aus und erklärt vor allem die zentrale Rolle des Verbs und dessen ordnungsbildende Kraft für die Satzbildung. Insgesamt ist das Übungsprogram stark praxisbezogen und wenig theoretisch begleitet. Es ist dem kombinierten Therapieansatz zuzuordnen, der funktionales Üben mit der kommunikativen Anwendung der Satzmuster in alltagsrelevanten Kontexten verbindet.
Positiv hervorzuheben ist vor allem die optisch ansprechende und kommunikativ anregende Gestaltung der Übungen, in denen die Verben als handlungstragende Kraft und als wesentliches Element für die sprachliche Kommunikation im Zentrum stehen. Nachteilig ist, dass die Fotos z.T. sehr klein geraten und dazu mit vielen Details versehen sind. Eine ausführlichere Darstellung des Theoriebezugs im Hinblick auf die Förderung der sprachlichen Handlungen im Alltag wäre wünschenswert gewesen.
Stefanie Keppler, Hannover
2011, Reinhardt, München, 160 Seiten, 24,90 €
ISBN 978-3497022397
„Die Autorin stellt spezifische Therapieansätze bei phonetischen, phonologischen, semantisch-lexikalischen, syntaktischen und morphologischen Störungen in 20 verschiedenen Modulen vor. Eine CD-ROM mit über 90 Arbeitsblättern als PDF-Vorlage ermöglicht die problemlose Übernahme der Therapievorschläge in den Praxisalltag.“
Bereits die Beschreibung auf dem Buchrücken lässt erkennen, dass dieses Buch für die Praktiker in der Logopädie geschrieben wurde und somit ein großer Leserkreis angesprochen werden soll.
Im 1. Kapitel wird zunächst der ungestörte Spracherwerb auf den verschiedenen sprachlichen Ebenen beschrieben. Es werden alle wesentlichen sprachwissenschaftlichen Theorien und die wichtigsten Autoren vorgestellt. Ebenso erfolgt dies im Kapitel „Störungen der kindlichen Sprachentwicklung“. Leider kann man trotz der Nennung verschiedener wissenschaftlicher Studien im weiteren Verlauf keine stimmige und fundierte Ableitung von den genannten Theorien zur Therapieableitung erkennen.
Kritisch zu sehen sind die Verwendung veralteter Begriffe wie zum Beispiel Kappazismus/ Gammazismus und das Eingehen auf das aus der heutigen Sicht der Spracherwerbsforschung veraltete Modell „Schwerpunkte der Therapie von Sprachentwicklungsstörungen“ (S. 46), welches die semantisch-lexikalische Therapie ab einem Alter von 6 Jahren vorsieht.
Im Kapitel „Allgemeine Überlegungen zur Therapie von Sprachentwicklungsstörungen“ erhält der Leser einen Überblick zu wichtigen didaktischen Vorgehensweisen in der logopädischen Therapie. Gerade für Berufseinsteiger eignet sich dieses Kapitel gut, um sich Wissen anzueignen, was in der Sprachtherapie beachtet werden muss. So findet sich z.B. ein ausführlicher Abschnitt über verschiedene Betrachtungsweisen zum kindlichen Spiel, in dem alle wesentlichen Aspekte zu diesem Thema dargestellt werden.
Im Kapitel „Konkret-praktische Vorgehensweise in der Therapie von spezifischen Sprachentwicklungsstörungen“ werden die einzelnen Übungsmodule nach sprachlichen Ebenen unterteilt. In jedem Modul finden sich Querverweise auf die jeweiligen – auf der beiliegenden CD zu findenden – Arbeitsblättern.
Alle beschriebenen Therapiemethoden sind rezeptive und produktive Übungen. Eine Erklärung, weshalb ein bestimmtes Vorgehen in einem Modul empfohlen wird, erfolgt allerdings nicht.
Schon im Vorwort wird darauf hingewiesen, dass das Buch „Therapie von kindlichen Sprachentwicklungsstörungen“ nicht den Anspruch hat, die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie darzustellen. Das „Funktionieren“ der Methoden basiere vielmehr auf der Erfahrung der Autorin.
Für in der Praxis tätige Therapeuten ist es sicherlich von großem Wert zu erfahren, welche Methoden sich bei einer erfahrenen Praktikerin bewährt haben. Trotzdem muss kritisch angemerkt werden, dass wohl keine der beschriebenen Therapiemethoden wissenschaftlich fundiert oder theoretisch abgeleitet ist. Dies ist insofern bedauerlich, da in letzter Zeit durchaus gut evaluierte Therapieansätze beschrieben worden sind.
Dr. phil. Julia Siegmüller, Charleen Neumann, Rostock
2010, Median, Heidelberg, 183 Seiten, 33,50 €
ISBN 978-3-941146-05-1
Schwerhörigkeit an sich und die Versorgung mit Hörsystemen wird in aller Regel als ein größeres Defizit wahrgenommen als die Versorgung einer Sehbehinderung. Der Ausgleich der gestörten Innenohrzellen ist schwieriger als der Ausgleich einer Visusminderung. Aufgrund des weiter defizitären Hörens auch mit Hörgeräten ist die Gesamtsituation mit einer negativen Stigmatisierung verbunden. Dieser Zusammenhang der qualitativen und quantitativen Analyse steht im Mittelpunkt des Buches.
Der Autor (Psychologe) ist seit Jahren an einer der meist nachgefragten Rehabilitationskliniken für Hörgeschädigte beschäftigt und hat somit Einblick in ein breites Patientenspektrum.
Im vorliegenden Buch sollen die Sekundärsymptome von Schwerhörigkeit untersucht werden.
Das Buch wird zunächst von der sehr ausführlichen Darstellung der organischen Defizite bestimmt. Außerdem werden die Möglichkeiten der Sekundärsymptome sehr ausführlich beschrieben (50 Seiten). Die Ausführlichkeit ist sicher adäquat und muss zur Vollständigkeit der Darstellung gerechnet werden. Dem Leser muss bewusst sein, dass diese theoretischen Aspekte und deren Verständnis Grundlage für das weitere Nachvollziehen des methodischen Kapitels und der Interpretation ist.
Die Ergebnisse werden knapp und übersichtlich dargestellt. Wie die Gruppengröße von 29 Patienten vermuten lässt, kann kein exaktes Bild der Sekundärsymptome aufgezeigt werden. Eine Bezug zu bereits vorhandene Untersuchungen kann in Teilen hergestellt werden. Die Hypothese, wonach es einen Zusammenhang zwischen Hörschäden und posttraumatischen Belastungsstörungen geben könnte, wurde nicht ganz eindeutig geklärt.
Fazit: Das Buch stellt systematisch die möglichen Methoden zur Untersuchung der Sekundärsymptomen bei Schwerhörigkeit dar. Es bildet eine Grundlage, um methodische Zusammenhänge zu erfahren. Die Ergebnisse und Diskussion stellen einen Ausblick für notwendige weitere Untersuchungen dar.
Prof. Dr. med. Anke Lesinski-Schiedat, Hannover
2013, Peter Lang, Frankfurt/ Main, 225 Seiten, 42,00 €
ISBN: 978-3-631-62983-3 (Print), 978-3-653-03789-0 (eBook)
Bereits zu Beginn des ersten Kapitels fragt die Autorin, was sprachliche Bildung überhaupt heißt und was es mit diesem Begriff auf sich hat? Hiermit gibt sie bereits einen Hinweis auf die Richtung, in die man als Leser geführt werden soll. Das Buch richtet sich primär an Lehrerinnen und Lehrer, die im Grundschul- und/oder Sonderschulbereich tätig sind. Als Kollegin mit langjähriger Berufserfahrung als Grund- und Hauptschullehrerin, ebenso als Lehrerin für Sonderpädagogik, greift Rita Zellerhoff in ihrem Buch kritisch die aktuelle Bildungsdebatte in Deutschland auf. Resümierend plädiert sie für Bildung nach dem individuellen Eigenwert und nicht nach dem ökonomischen Wert (S. 14). Die Autorin sieht Sprache nicht nur als Medium, sondern auch als Gegenstand der Bildung, da Sprache eine eigene Welt erschafft (S. 30). Da Sprache das „Tor zur Welt“ darstellt, sieht sie es als Bildungsaufgabe, die sprachlichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln.
Im zweiten und praktischen Teil des Buches zeigt Rita Zellerhoff anhand des Sachunterrichts dieses Ziel beispielhaft auf. Um zu diesem praktischen Teil des Buches zu gelangen, liest man sich mühelos durch den ersten theoretischen Part
Der Spracherwerb wird hierbei skizziert, ohne dass linguistische Fachbegriffe das Geschriebene überladen. So ist es auch für Kollegen ohne sprachwissenschaftlichen Hintergrund sehr gut zu verstehen. Die Anschaulichkeit ist durch ihre vielen Beispiele gegeben, sogar eigene Kinderlieder und -reime werden dem Praktiker schon auf dieser theoretischen Basis an die Hand gegeben.
Das drängende Thema „Mehrsprachigkeit“ wird leider nur sehr kurz angerissen. Wer hier hofft, die sprachlichen Probleme von Kindern mit Migrationshintergrund besser zu verstehen, sollte auf weiterführende fachspezifischere Literatur zurückgreifen.
Weitere Aspekte von Sprache und Bildungssprache werden in dem Buch konkret und leicht verständlich geschrieben. So werden Hörstörungen und deren Prävention beschrieben als auch die Sprache und das Sprechverhalten von Pädagoginnen und Pädagogen.
Allen, die den Alterungsprozess ihrer Stimme entgegenwirken möchten, schlägt die Autorin vor, vor Dienstbeginn zu summen, lachen oder an die frische Luft zu gehen (S. 119).
Nach einem kurzen Resümee kommt Rita Zellerhoff zu ihrem Herzstück, der beispielhaften Umsetzung der theoretischen Kenntnisse in den Praxisalltag in sechs verschiedenen Themenbereichen. Das Buch hat nicht den Anspruch vollständige Unterrichtsentwürfe zu präsentieren, jedoch finden sich unheimlich kreative und lebendige Ideen zur Gestaltung des Unterrichts in ihm. Auch vor vermeintlich schwierigen Fächern wie Physik schreckt die Autorin nicht zurück, sondern führt sogar noch Anregungen zum fächerübergreifenden Lernen auf.
Rita Zellerhoff schließt mit den Worten „Es gilt ein Gespür dafür zu entwickeln, wie die Themen und Inhalte mit sprachlicher Bildung erschlossen werden können. Das dies bereits beim Windeln der Winzlinge beginnen kann, dafür soll dieses Buch ein Hinweis sein“ (S. 198).
Das Buch ist hervorragend für Pädagoginnen und Pädagogen geeignet, da es sehr viele praktische und gut umsetzbare Hinweise für die eigene Arbeit liefern kann. Dabei wird der theoretische Rahmen nicht vergessen, der die Grundlagen dafür schafft. Auch für Sprachtherapeuten kann es durchaus interessant sein, sich hier einige neue Anregungen zu holen für die Therapie mit älteren Kindern oder auch für die Kolleginnen und Kollegen, die in Kindergärten oder Sprachheilschulen arbeiten. Die vielen Beispiele und Erfahrungen von Rita Zellerhoff regen die eigene Kreativität bestens an und können frischen Wind in das eigene therapeutische Handeln bringen.
Julia König, Gera
2008, Stuttgart, Schattauer, 2. Aufl, 474 Seiten, 462 Farbabb., 169,00 €
ISBN 978-3-7945-2264-4
Das Buch richtet sich an HNO- Ärzte, die für die Weiterbildung und die Zeit danach ein kombiniertes Lehrbuch und Nachschlagewerk für die Therapie von Krankheiten des HNO-Gebietes suchen. Am Buch arbeiteten namhafte Autoren mit, überwiegend HNO- Ärzte sowie Phoniater und Pädaudiologen. Chirurgische Verfahren sind zwar auch beschrieben (dafür gibt es HNO-chirurgische Lehrbücher), doch die besondere Stärke des Buches ist die detaillierte Beschreibung konservativer Behandlungsverfahren, wie man sie in anderen HNO-Lehrbüchern nicht findet. Beispielsweise entdeckt man endlich Rezepturen, Anweisungen für Infusionstherapien, bekommt Tipps für das Wechseln von Shunt-Ventilen bei Kehlkopflosen.
Sogar die Grundlagen der Sprach- und Stimmheilkunde und kindliche Hörstörungen sind im Buch enthalten. Es werden auch oft in Lehrbüchern vernachlässigte und interdisziplinär relevante Themen wie die Therapie des obstruktiven Schlafapnoesyndroms, der gastroösophagealen Refluxkrankheit, der Vocal Cord Dysfunction, Management des Tracheostomas, Management von Alkoholabusus, Probleme bei AIDS-Infektion und vieles mehr beschrieben. Für Logopäden und Sprachtherapeuten erscheinen einerseits die Kapitel zur HNO-Heilkunde zu speziell und andererseits die phoniatrisch-pädaudiologischen Kapitel nicht umfangreich genug. Das Werk ist übersichtlich gegliedert, der Text ist knapp und kompetent – wo es sinnvoll ist, in tabellarischem Stil–, mit Farbgrafiken und Farbfotos von außergewöhnlich guter Qualität. Man spürt den großen und liebevollen Aufwand, der diese Qualität ermöglicht. Eine gesuchte Information lässt sich mit dem umfangreichen Stichwortverzeichnis sofort finden – wie schon gesagt, ein Lehrbuch und Nachschlagewerk in einem, das jeder HNO-Arzt täglich braucht!
Prof. Dr. med. Rainer Schönweiler, Lübeck
1. Auflage 2010, Thieme, Stuttgart, 221 Seiten, 39,95 €
ISBN 978-3-13-139891-8
Dysarthrien kommen häufiger als Aphasien vor, trotzdem gibt es relativ wenig solide Daten zur Therapie. Dies mag daran liegen, dass die Ursachen und das klinische Erscheinungsbild sehr heterogen sind. Die Autoren unternehmen in ihrem Buch den Versuch, Klarheit in dieses komplexe Gebiet zu bringen. Bewusst stellen sie dem umfangreichen Kapitel „Diagnostik und Therapie“ mit rund 150 Seiten ein rund 30 Seiten umfassendes Kapitel „Physiologie und Neuroanatomie des Sprechens“ und einen in etwa ebenso umfangreichen Teil zu Ursachen und Pathomechanismen dysarthrischer Störungen voran.
Geprägt ist der Therapieteil durch den alltagsorientierten Therapieansatz der Klinik München Bogenhausen, indem die Therapieziele an den Komponenten der internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit orientiert werden.
Ich kann dieses Buch wirklich uneingeschränkt empfehlen, und zwar sowohl für den „Anfänger“ auf dem Gebiet der Dysarthrie als auch für diejenigen, die die Dysarthrie aus ihrer alltäglichen klinischen und wissenschaftlichen Arbeit bereits kennen. Erstere werden sicherlich über einiges hinweglesen (müssen) oder aber für einzelne Fragestellungen vertiefende Literatur bemühen müssen. Für den Fachmann stellt das Buch eine sehr wertvolle Orientierungshilfe auch gerade zum Nachschlagen dar. Und in den Bibliotheken der Ausbildungsstätten darf es meines Erachtens ohnehin nicht fehlen.
Prof. Dr. med. Martin Ptok, Hannover
Therapiemanual
2014, Natke, Neuss, 255 Seiten, 39,80€
ISBN: 978-3-936640-22-9
Informationen für Patienten und Übungsaufgaben
2014, Natke, Neuss, 253 Seiten, DIN A4 im Sammelordner, incl. Übungs-CD
59,80€
ISBN: 978-3-936640-23-6
In dem vorliegenden Werk stellt Hartmut Zückner das Gesamtkonzept der Stottermodifikation dar. Die Erläuterungen der Identifikations- und die Stabilisierungsphase ergänzen hierbei die bereits aus seinen anderen Veröffentlichungen bekannten Therapiemanuale zur Desensibilisierung und Modifikation.
Im Therapiemanual wird zunächst anhand der Theorie von Marcel Wingate ein Verständnis von Stottern und der Wirkungsweise der eingesetzten Modifikationstechniken beschrieben.Darauf aufbauend werden alle 4 Therapiephasen Identifikation, Desensibilisierung, Modifikation und Stabilisierung begründet und sehr ausführlich dargestellt. Zu jeder Phase gibt es zahlreiche Hinweise zum methodischen Vorgehen und eine Übersicht über einen möglichen zeitlichen Ablaufplan.
Im Therapiemanual sind Bewertungs- und Beurteilungsbögen, Informationsblätter für Patienten zu einzelnen Therapiebereichen und beispielhaft ausgefüllte Protokollbögen aufgeführt. In der Desensibilisierungsphase wird die Methodik Van Ripers um den Aufbau eines selbstbewussten und anstrengungsfreien Stotterns, wie es auf Sheehan zurückgeht, ergänzt. Ein besonderes Augenmerk wird in der Stabilisierungsphase auf die Nachbesserung gelegt, die nicht wie im Van-Riperschen Vorgehen eine vorbereitende Funktion beim Sprechtechnikerwerb hat, sondern – auf das Therapiekonzept SSMP von Breitenfeldt und Lorenz zurückgehend – in der abschließenden Therapiephase Desensibilisierung und Modifikation stabilisiert.
Im Sammelordner finden sich Informationsschriften für Patienten zu unterschiedlichen Therapieteilen (z.B. einzelne Therapiephase, Nettostottern, Pullout etc.), Übungsaufgaben und Beurteilungsbögen. Auf der beiliegenden CD finden sich zahlreiche Hörbeispiele und Übungen zum Pseudo- und Nettostottern, Zeitlupensprechen, Nachbesserung, Prolongationen (auch in Englisch) und Pullout.
Der Autor erfüllt mit dem Gesamtwerk sein Ziel, „ein Grundgerüst für eine umfassende Stottertherapie“ darzustellen, sehr gut. Für Neulinge bietet das Material einen guten und strukturierten Einstieg in die Therapie Stotternder. Aber auch für „alte Hasen“ und Van-Riper- Anhänger ist ein Blick in das Werk für neue Anregungen und Denkanstöße sicherlich lohnenswert.
Birte Ripken, Hannover
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