• Allergie und Mikrobiota

     

Allergie und Mikrobiota

Noch immer wird eine allergische Reaktion als schicksalhaftes Geschehen angesehen, deren genetische Verankerung bewiesen und eine Erkrankung unvermeidbar ist. Diese Sichtweise rechtfertigt die klassischen symptomatischen Behandlungsstrategien. Systemisch gesehen entwickelt sich die allergische Reaktion jedoch aus dem immunologischen Bestreben, die menschliche Integrität gegenüber einer grundsätzlich feindlichen Umwelt zu wahren oder wiederherzustellen. Mit neuen Erkenntnissen über die menschliche Mikrobiota und das Mikrobiom sowie ihrem komplexen Zusammenspiel mit Schleimhautorgan, Immunsystem und Stoffwechsel werden Therapieansätze der Mikrobiologischen Therapie zunehmend verstanden. Kausale sowie präventive Therapieansätze für chronisch entzündliche Krankheitsbilder eröffnen sich.

Mikrobiota und die Mikrobiologische Therapie

Der Begriff menschliches Mikrobiom hat sowohl in der Wissenschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit in letzter Zeit große Aufmerksamkeit gefunden. Er bezeichnet die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den Menschen besiedeln. Die permanente Präsenz einer unvorstellbar großen Anzahl von Mikroorganismen ist kein Zufall und weder schlecht noch gefährlich für den Menschen, wie immer noch vielfach vermutet wird. Der Mensch ist vielmehr ein komplex regulierter Gesamtorganismus aus dem Wirtsorganismus „Mensch“ und seiner individuellen Mikrobiota. Diese „Existenz als biologisches System“ stellt keine Ausnahme dar. Vielmehr wissen wir inzwischen, dass alle Lebewesen auf der Erde, also auch alle pflanzlichen und tierischen Lebensformen, sich evolutionär in symbiotischer Lebensweise mit ihren arteigenen Mikroorganismen entwickelten. Im engeren Sinn steht der Ausdruck „Mikrobiom“ aber für die Gesamtheit aller mikrobiellen Gene bzw. für das mikrobielle Genom eines Organismus – und unterscheidet sich damit vom Begriff „Mikrobiota“, der die Gesamtheit aller seiner lebenden Mikroorganismen bezeichnet.

Die Erforschung der menschlichen Mikrobiota und ihres Mikrobioms erfuhr in den letzten Dekaden durch die Nutzung moderner Sequenzierverfahren einen enormen Zuwachs an Erkenntnissen. Insbesondere die schon lange Zeit vermuteten Zusammenhänge mikrobieller Signale mit den menschlichen Regulationsebenen werden immer klarer. Entsprechend groß ist die Bedeutung der Zusammensetzung der menschlichen Mikrobiota für eine Vielzahl von Erkrankungsbildern: Entspricht ihre Zusammensetzung nicht physiologischen Mustern (quantitative und qualitative Dysbiose), fehlen dem Körper auch die zugehörigen, wichtigen Signale für seine Regulationsebenen. Es folgen Ausgleichsreaktionen, die häufig in Krankheit münden. Auf der anderen Seite ergeben sich hier bisher viel zu wenig wahrgenommene Möglichkeiten einer therapeutischen Intervention – und noch viel mehr der Prävention. Rein wissenschaftlich stecken die Möglichkeiten therapeutischer Interventionen mit Bakterien und bakteriellen Bestandteilen erst in ihren Kinderschuhen, auf empirischem und experimentellem Wissen basierend, existieren jedoch mit der sogenannten Mikrobiologischen Therapie schon seit über 100 Jahren therapeutische Herangehensweisen an eine Vielzahl von Beschwerdebildern. Insbesondere solche des atopischen Formenkreises zählen fast traditionell zu den typischen Indikationen für die Mikrobiologische Therapie: Hintergrund ist die enge Verknüpfung immunologischer Reaktionen mit der Integrität des menschlichen „Schleimhautorgans“, unserer riesigen inneren Grenzfläche zur Außenwelt. Genau hier findet das enge Zusammenspiel zwischen Mikrobiota und dem menschlichen Organismus statt. Ohne die individuelle Mikrobiota, vor allem die des Intestinums (aber auch der übrigen Schleimhautabschnitte), kann der Mensch kein Immunsystem entwickeln. Physiologische Verhältnisse im Grenzraum, im mikrobiellen Milieu, an der Schleimhaut und dem angrenzenden Mukosa-Immunsystem (MIS) sind die maßgeblichen Stellgrößen für Gesundheit. Oder, im Falle von dysbiotischen Verhältnissen, für eine Entwicklung immunologischer Abwehrreaktionen, die gravierende Störungen nach sich ziehen können. Diese reichen von Verdauungsproblemen bis hin zu zentralnervösen Beschwerdebildern, sehr häufig aber münden sie in einer allergischen Reaktion.

Durch den Einsatz lebender probiotischer Kulturen, deren Lysate oder Stoffwechselprodukte im Rahmen der Mikrobiologischen Therapie, können bei allergischen Reaktionen in erster Linie milieustabilisierende, aber auch gezielte immunmodulierende Effekte erzielt werden. Das therapeutische Ziel ist, über eine Stabilisierung der Verhältnisse im Grenzraum und am Schleimhautorgan die überschießenden Abwehrreaktionen des MIS einzudämmen. Die Mikrobiologische Therapie stellt damit die ideale Therapieoption bei allergischen/atopischen Krankheitsbildern als Folge dysbiotischer Veränderungen im Schleimhautorgan dar, die auch präventiv vielversprechend eingesetzt werden kann.

Lesen Sie hier den gesamten Beitrag: Allergie und Mikrobiota

Aus der Zeitschrift: EHK - Erfahrungsheilkunde 01/2018


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