Diagnose Asperger bei Mädchen und Frauen
Die beschriebenen Besonderheiten bei autistischen Mädchen machen nachvollziehbar, warum das Erkennen des Asperger-Syndroms zurzeit nur selten frühzeitig gelingt. Im Moment scheinen die richtige Diagnose und die adäquate Unterstützung eher Glücksache zu sein. Die aktuellen Diagnosesysteme berücksichtigen nicht die speziellen Schwierigkeiten und Auffälligkeiten autistischer Mädchen. Notwendig wären geschlechtsspezifische Modifikationen im Hinblick auf soziale, kommunikative und fantasievolle Dimensionen, um auch bei dieser Gruppe die korrekte Diagnose stellen zu können. Bislang ist es notwendig, dafür einen ausgesprochenen Fachmann zu finden, der in der Lage ist, die richtigen Fragen zu stellen.
Das erklärt die Tatsache, dass viele Mädchen und Frauen mit Autismus still vor sich hin leiden. Sie fragen sich oft jahrelang nach dem Grund ihres Andersseins, das häufig mit großer Isolation einhergeht, da so manches an ihnen fremd wirkt und niemand das Verhalten richtig einzuschätzen weiß. Eine frühzeitige Diagnose kann viele Schwierigkeiten, Demütigungen und Verletzungen verhindern, die die Betroffenen auf ihrem Lebensweg erfahren. Sie ist zudem der Ausgangspunkt für eine angemessene Unterstützung und kann zu einer besseren Beurteilung der Bedürfnisse im Hinblick auf Bildung, Freizeit, Wohnen, soziale Beziehungen und Beschäftigung führen.
Erste Anlaufstelle
Die erste Anlaufstelle für eine diagnostische Einschätzung ist in der Regel der behandelnde Arzt für Kinder- und Jugendmedizin, der meist eine Überweisung zum Kinder- und Jugendpsychiater ausstellen wird. Bei Unklarheiten bzw. nicht ganz eindeutigen Ergebnissen wird der Facharzt an Spezialisten verweisen, die sich besonders gut mit Autismus-Spektrum-Störungen auskennen (z.B. Autismus-Therapie-Zentren oder Fachambulanzen an Unikliniken etc.).
Diagnostik bei erwachsenen Frauen
Schwieriger als bei Kindern und Jugendlichen ist die Abklärung der Symptomatik bei erwachsenen Frauen mit Asperger-Syndrom. Sie sollten sich in der Regel zunächst an einen Psychiater in ihrer Nähe wenden. Dort werden sie meist Unterstützung erfahren, entweder durch eine direkte Diagnose vor Ort oder durch das Verweisen an o. g. Zentren, wo allerdings in der Regel eine sehr lange Wartezeit von mehreren Monaten besteht. Manchmal ist es dann aber gut, hartnäckig zu sein, »am Ball« zu bleiben und immer wieder einmal nachzufragen, da bei einer solch langen Vorlaufzeit oft auch Termine abgesagt werden oder aus anderen Gründen ausfallen. Man darf sich also nicht entmutigen und abschrecken lassen. Für das Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter gibt es noch keinen Goldstandard an diagnostischen Verfahren, es stehen neben dem ausführlichen diagnostischen Gespräch und der Beobachtung unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, z. B.:
- das Asperger-Syndrom-Diagnostik-Interview (ASDI)
- die Australian Scale for Asperger’s Syndrome (ASAS)
- das Adult Asperger Assessment (AAA)
Es ist wichtig, möglichst frühzeitig eine korrekte Diagnose anzustreben, denn sie stellt nicht nur in vielen Fällen für alle Beteiligten eine große Erleichterung dar, sondern sie ermöglicht oft auch erst die Einleitung effektiver Maßnahmen zur Hilfe und Unterstützung, um in allen Lebensbereichen möglichst gut zurechtkommen zu können.