Ärger und Wut reduzieren
Wie begegne ich meinem Ärger am besten? Indem ich die im Buddhismus praktizierte Achtsamkeit einübe: Als innerer Beobachter meiner Gefühle nehme ich aufsteigenden Ärger wahr, unterdrücke ihn aber nicht, sondern betrachte ihn. Diese kleine Distanz zu meinem Ärger lässt mich auf Dauer freier von ihm werden.
Viele der vorgestellten Ärger- Killer beruhen auf dem Prinzip der Achtsamkeit. Diese ist ein zentrales Element der buddhistischen Lehre, funktioniert aber auch ohne jeden religiösen Bezug. Wegen der nachgewiesenen positiven Wirkung auf das Gehirn tritt Achtsamkeit einen regelrechten Siegeszug um die Welt an. Wesentlichen Anteil daran hat der amerikanische Professor Jon Kabat-Zinn, der die sogenannte Achtsamkeits-basierte Stress-Reduktion (englisch: Mindfulness-Based Stress Reduction = MBSR) begründet hat. MBSR-Kurse werden mittlerweile in fast jeder größeren Stadt im deutschsprachigen Raum angeboten.
Aber was ist Achtsamkeit? Im buddhistischen Sinne heißt das, bestimmte Aspekte der äußeren oder inneren Welt wahrzunehmen, ohne sie zu bewerten. So besteht eine der einfachsten Achtsamkeitsübungen in der Beobachtung des eigenen Atems. Das Ein- und Ausatmen, das Heben und Senken des Brustkorbs, das Einströmen der Luft durch die Nase werden gleichsam aus der Position eines inneren Beobachters wahrgenommen. Gleiten die Gedanken dabei ab, werden sie sanft zur Atmung zurückgeführt. Mit der Zeit wird der Geist immer ruhiger. Selbst wenn das nicht gelingt und Unruhe aufkommt, nimmt der innere Beobachter diese nur wahr, benennt sie, kämpft aber keinesfalls gegen sie an. Die Beobachtung der Atmung ist die einfachste und ursprünglichste aller Achtsamkeitsübungen und wird deshalb oft zur Einleitung einer Meditation verwendet.
Die Achtsamkeit lässt sich nicht nur auf die Atmung lenken, sondern auch auf viele andere Dinge. Auf die Schönheit der Natur, auf die Klänge und Geräusche in der Umgebung, auf den Geschmack und die Konsistenz eines Apfels – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Und natürlich auch auf Emotionen, die in einem aufsteigen, seien sie positiv oder negativ. Auf das Gefühl des Ärgers zum Beispiel. Dem Ärger achtsam zu begegnen, bedeutet nichts anderes, als die Position des inneren Betrachters einzunehmen, der konkret und gleichzeitig unbeteiligt konstatiert: Ich ärgere mich jetzt über X oder Y
Wer bisher mit Achtsamkeit noch nicht in Berührung gekommen ist, mag das ihm zugrunde liegende Prinzip zunächst als absurd empfinden. Die im Westen praktizierten Entspannungstechniken beruhen weitgehend darauf, dass man sich das zu Entspannende vorstellt – wie schwer werdende Beine beim autogenen Training. Das funktioniert auf den ersten Blick auch sehr gut. Nicht wenige Menschen reagieren jedoch paradox darauf: Bei der Vorstellung, sich entspannen zu sollen, spannen sie erst recht an und werden unruhiger als zuvor. Bei der Achtsamkeit ist Entspannung nur ein Nebenprodukt, das primär nicht erwartet wird. Bei einer Achtsamkeitsübung kann man gar nichts falsch machen, denn die Kategorien »richtig« und »falsch« existieren nicht. Was schon mal ziemlich entspannend wirkt, oder?
Ähnlich ist es mit dem Ärger. »Ich darf mich jetzt nicht ärgern« oder »Ich bleibe ganz ruhig« haben sehr oft den gegenteiligen Effekt und entfachen den Ärger in uns nur noch mehr. Wohingegen die bloße Feststellung »Ich ärgere mich jetzt« eine beruhigende Distanz zu sich selbst schaffen kann. Es bedarf einiger Zeit und auch einiger Übung, um Achtsamkeit zu erlernen und in sein Leben zu integrieren. Es ist mehr als nur eine Entspannungsmethode – es ist eine Grundhaltung dem Leben gegenüber.

Psychosomatische Zusammenhänge erkennen und mehr über sich selbst erfahren
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